Kläranlage in Karlsfeld:Auf dem Prüfstand

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Hochzeit im Klärwerk: Die frisch sanierte Hebeschnecke wird in ihr Betonbett gelegt. Sie wird künftig wieder 130 Liter Abwasser pro Sekunde befördern. (Foto: oh)

Damit die Karlsfelder Kläranlage auch künftig noch das Abwasser aller Haushalte säubern kann, muss sie auf den neuesten Stand der Technik gebracht werden

Von Christiane Bracht, Karlsfeld

Mehr als 50 Jahre ist die Karlsfelder Kläranlage alt. Vieles wurde im Laufe der Zeit an- und umgebaut. Vor 20 Jahren gab es sogar einmal eine Grunderneuerung. Schließlich muss das Werk in der Lage sein, das Abwasser des gesamten Ortes zu reinigen, egal ob gerade viel oder wenig gespült beziehungsweise geduscht wird. Im vergangenen Jahr und zum Teil auch heuer musste manches saniert werden, denn der sogenannte "Kläranlagen-TÜV" stand an. Alle 20 Jahre wird die Anlage auf den Prüfstand gestellt. Um eine neue Betriebsgenehmigung zu bekommen, muss die Reinigungsleistung stimmen - und zwar nicht nur heute, sondern auch in Zukunft.

In den vergangenen Jahren ist die Einwohnerzahl der Gemeinde nahezu explodiert. Und auch in Zukunft wird sie weiter steigen, so die Prognosen. So sollen schon bald auf dem so genannten Ludl-Areal an der Münchner Straße Geschäfte und zahlreiche Wohnung entstehen. Noch dazu wird im Ortskern immer weiter verdichtet. Investor Erlbau plant, die große Brache am Bahnhof zu bebauen. "Wir rechnen mit 2000 bis 4000 Einwohnern mehr in den nächsten zehn Jahren", erklärt Betriebsleiter Peter Oberbauer. Zwar könne die Kläranlage weit mehr dreckiges Wasser säubern, als die knapp 23 000 Karlsfelder derzeit liefern, doch dieser "Puffer" müsse erhalten bleiben, damit es auch künftig keine Engpässe gebe, so Oberbauer. Deshalb gilt es in den kommenden Jahren die Kapazität zu erhöhen. Es dürfe schließlich nicht sein, dass die Kläranlage wegen ihres zu geringen Fassungsvermögens der Ortsentwicklung im Wege stehe. Optimierungen im Hinblick auf Brandschutz, Arbeitssicherheit, Stromverbrauch und auch in ökologischer Hinsicht stehen ebenfalls an, Richtlinien und Vorschriften sind im Laufe der Jahre strenger geworden. Deshalb hat die Gemeinde ein Ingenieurbüro beauftragt, das sich mit den Neuerungen befasst. Geplant wird schon länger. Bis spätestens 2027 soll die gesamte Anlage nun in Teilschritten zukunftsfähig gemacht werden. Nur unter dieser Voraussetzung hat Karlsfeld überhaupt die Betriebsgenehmigung bekommen.

So gilt es den Krebsbach vor allzu großer Verunreinigung zu schützen. Dorthin leitet die Kläranlage das wieder aufbereitete Wasser aus. Es ist der Ausfluss des Karlsfelder Sees. "Heute sind wir von einer Verschmutzung weit entfernt", stellt Oberbauer klar, "doch wenn die Bevölkerung weiter wächst, könnte es sein, dass wir irgendwann die Grenzwerte überschreiten." Zumal die Sommer heißer geworden sind und in Folge dessen der Karlsfelder See und damit auch der Krebsbach in besonders trockenen Perioden weniger Wasser führen als früher. Das verkehrt das Mischungsverhältnis. Kommt zuviel Klärwasser in den Bach, ist dies ökologisch bedenklich, da die Reinigungsleistung normalerweise bei 80 bis 90 Prozent liegt. Nach neuen Vorschriften muss der Bach das fünffache an Wasser haben, damit die Einleitungen das ökologische Gleichgewicht nicht stören. "Wir müssen sehr hohe Anforderungen erfüllen", sagt der Betriebsleiter.

Auch hinsichtlich Energiegewinnung und -verbrauch will man in den kommenden Jahren noch einiges verbessern. "Wir verbrauchen pro Tag so viel Strom wie ein Einfamilienhaus im ganzen Jahr", erklärt Oberbauer. In Zahlen ausgedrückt sind das 2400 Kilowattstunden. Zwei Drittel des Stroms erzeugt die Kläranlage selbst mit Klärgas. Verbessern könne man das mit effizienteren Motoren, so der Betriebsleiter. Außerdem sei die Elektrik 20 Jahre alt. Schaltschränke und Pumpen sind 365 Tage 24 Stunden lang im Einsatz, nach etwa 25 Jahren schalten sie nicht mehr sauber. Das Ingenieurbüro arbeitet nun an einem Energiekonzept, mit dem die Kläranlage möglichst autark laufen kann.

Der Umbau soll in zwei Stufen erfolgen. Zunächst will man den Altbestand auf einen modernen Stand bringen. Damit hat man bereits begonnen. Eine Hebeschnecke ist in diesem Jahr bereits saniert worden. Sie musste nach Ehingen transportiert und dort gereinigt werden. Verrostete Stellen wurden herausgeschnitten und ausgebessert, danach hat man die Schnecke lackiert und neu beschichtet, damit sie wieder 130 Liter Abwasser pro Sekunde anheben kann. Die Solarhalle hat heuer eine neue Fördereinrichtung bekommen, sowie ein neues Foliendach. Das Nachklärbecken wurde gewartet und repariert. Das alles war nötig, um ab 1. Januar weiterhin eine Betriebsgenehmigung zu erhalten.

Im zweiten Schritt des Umbaus wird ein spezieller Filter eingebaut, der die Schmutzstoffe noch besser zurückhält. Dieser Sandfilter wird allein zwei bis zweieinhalb Millionen Euro kosten. Finanziert werden die geplanten Neuerungen über die Abwassergebühr und den Wasserverbrauch.

© SZ vom 21.10.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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