Kirchenwahl:Unbeschwerter Kreuzgang

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Bei der diesjährigen Kirchenvorstandswahl geben deutlich mehr Gläubige ihre Stimmen ab als noch vor sechs Jahren. In den Gemeinden rätselt man, woran das liegen könnte. Überraschend ist auch: Besonders viele Jugendliche haben abgestimmt

Von Clara Nack, Dachau

Haben sich die Gläubigen warmgewählt bei der Landtagswahl? Oder war die Hürde der Mühen überwunden, indem man die Briefwahlunterlagen dieses Jahr direkt im Briefkasten fand? "Wir können es uns nicht erklären", sagt Robert Breitwieser. Er ist Pfarrer der Kornelius Kirchengemeinde in Karlsfeld und ist positiv überrascht über die Wahlbeteiligung an der diesjährigen Kirchenvorstandswahl der evangelischen Kirchengemeinden Bayerns. Am vergangenen Sonntag wurde gewählt. Die von der evangelischen Landeskirche an alle Stimmberechtigten versendeten Briefwahlunterlagen bewogen rund 27 Prozent der evangelischen Christen in ganz Bayern, ihre Kreuze zu setzen. Vor sechs Jahren gaben nur fast 20 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme ab und votierten damit für Vertreter ihrer Gemeinden. "Ohne die Kirchenvorstände geht gar nichts", betont Annekathrin Preidel, Präsidentin der evangelischen Landessynode. "Sie bestimmen den Kurs der Kirchengemeinden."

Rund drei Viertel der Abstimmenden entschieden sich bayernweit für den Weg der Briefwahl. Auch in den Kirchengemeinden im Landkreis Dachau stimmte der Großteil der Wähler per Post ab. Auch in Karlsfeld trafen der Großteil der Stimmzettel als Brief ein - manche mit den Wählern persönlich. "Die Mehrheit der Wähler hat die Briefe am Sonntag persönlich in unsere Urne geworfen", erinnert sich Breitwieser.

Die meisten Wähler konnte die Karlsfelder Kornelius-Gemeinde unter dem überraschten Pfarrer Breitwieser mobilisieren. Knapp 23 Prozent der Wähler stimmten hier für neue und altbewährte Kirchenvorstände. Ähnlich wie in den anderen 1524 evangelischen Kirchengemeinden Bayerns, wurden auch im Landkreis rund zwei Drittel der Kirchenvorstände (KV) wiedergewählt. Das fehlende Drittel setzt sich dementsprechend aus neu gewählten Kandidaten zusammen, die in Dachau auch zur "Verjüngung" des KV beitragen, wie Breitwieser hofft. "Frischer Wind ist immer gut", meint auch Pfarramtssekretärin Birgit Regner, der Dachauer Gnadenkirche.

Besonders überrascht hat der hohe Anteil an jungen Evangelen, die bei der Kirchenwahl am aktivsten ihre Kreuze setzten. In ganz Bayern stimmten 35 Prozent der 14- bis 16-jährigen Neuwähler für ihre Kandidaten in den Gemeinden - sie sind die größte Wählergruppe. In Karlsfeld betrug der Anteil der Jungwähler mindestens 25 Prozent, schätzt Breitwieser und deutet an, dass die Jugendlichen auch ohne ihre Eltern aktiv wählen gingen. Wundern muss er sich darüber, dank der aktiven Jugendarbeit des jungen, ehrenamtlichen Mitarbeiterinnenkreises (MAK) jedoch nicht. In der Jugendgruppe "Konfikneipe", die der damalige Jahrgang der Konfirmierten gründete, seien vor allem viele junge Frauen vertreten. In diesem Jahr hätten es zudem zwei Frauen, 34 und 51 Jahre alt - letzteres ist für Kirchenvorstände auch beinahe noch ein zartes Alter - die zuvor noch nie kandidierten, auf Anhieb in den Kirchenvorstand geschafft, freut sich Breitwieser. "Das ist wirklich außergewöhnlich, aber sicherlich auch den vielen jungen Wählerinnen zu verdanken."

Auch Wolfgang Körner, Pfarrer der Dachauer Friedenskirche, erklärt sich die hohe Wahlbeteiligung mit der Briefwahl. "Ich denke das war auch eine gute Möglichkeit für die jungen Wähler den Zettel Zuhause ausfüllen und mit ihren Eltern darüber sprechen zu können", meint Körner. Bezüglich der Wahlbeteiligung hat sich der Dachauer Pfarrer in einem Stimmkreis mit rund 5800 Wahlberechtigten relativ wenig erhofft. Es sei jedoch sehr erfreulich und stelle ihn "tief zufrieden", dass die Beteiligung von 9,3 Prozent in 2012, in der Gemeinde dieses Jahr auf 16,3 Prozent gestiegen ist. Für die Dachauer Gnadenkirche beteiligten sich 16,4 Prozent der Stimmberechtigten an der Wahl und in der Petershausener Gemeinde der evangelisch-lutherischen Kemmoden wählten 21 Prozent.

Bis zum 12. November werden in den Gemeinden noch die fehlenden Kirchenvorstände berufen. Als Fachleute reichern sie die Entwicklungsarbeit in der Gemeinde noch einmal durch ihre Expertise in verschiedenen Bereichen an. Die sechsjährige Amtszeit der neuen Macher in den Gemeinden beginnt, wenn offiziell auch das erste Lichtlein auf dem Adventskranz brennt.

© SZ vom 27.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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