Karlsfelds Finanzen:Die Lage ist prekär

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Nicht nur das Wetter trübt die Aussicht im Rathaus Karlsfeld. Auch finanziell geht es der Gemeinde nass rein. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Kreditaufnahmen sind für Karlsfeld derzeit kein Thema. In den nächsten Jahren wird die Gemeinde aber einen Schuldenberg von 30 Millionen Euro auftürmen.

Von Gregor Schiegl, Karlsfeld

Es blitzte und donnerte, während der Karlsfelder Gemeinderat seinen Haushalt verabschiedete. Die dramatische Kulisse passte nicht so recht. Das umfangreiche Zahlenwerk wurde einstimmig verabschiedet. Trotz mancher Unzufriedenheit über Details war das Gremium mit dem Ergebnis zufrieden. 2015 kommt die Gemeinde um Kreditaufnahmen noch einmal herum. "Sehr erfreulich", befand dies Bürgermeister Stefan Kolbe (CSU). Die Rahmenbedingungen waren aber auch sehr günstig: Die Konjunktur läuft auf Hochtouren, die Kreisumlage fiel in diesem Jahr um rund eine Million niedriger aus als 2014. Wider Erwarten fiel sogar etwas aus dem Bundestopf für notleidende Kommunen für Karlsfeld ab, nämlich 80 000 Euro.

Eitel Sonnenschein herrschte gleichwohl nicht, und das lag vor allem an den trüben Aussichten: In den kommenden Jahren wird die Gemeinde einen Schuldenberg von schätzungsweise 30 Millionen Euro auftürmen. Teure Sanierungen, der Neubau der beiden Grundschulen und die Ausgaben bei der Kinderbetreuung schlagen ins Kontor. "Die Finanzierung von freiwilligen und Pflichtaufgaben ist ohne Kreditaufnahme in den nächsten Jahren nicht mehr möglich", erklärte Finanzreferent Holger Linde (CSU).

In den kommenden Jahren wird die Gemeinde einen Schuldenberg von schätzungsweise 30 Millionen Euro auftürmen. (Foto: N/A)

Schon jetzt ist die Lage prekär: Die Steuerkraftmesszahl der Gemeinde - ein wichtiger Indikator dafür, wie gut es einer Gemeinde geht - ist seit Jahren auf Talfahrt. Wie steil es bergab geht, zeichnete CSU-Fraktionssprecher Bernd Wanka nach: 2011 lag die Steuerkraftmesszahl in Karlsfeld nach seinen Ausführungen noch zehn Prozent über dem Durchschnitt, zwei Jahre später war sie schon 13 Prozent unter dem Durchschnitt. Mittlerweile ist sie auf 25 Prozent unter den Schnitt aller bayerischen Kommunen gestürzt. Trotz bester Konjunktur bleiben nur die Mittel für das Nötigste. "Da macht kommunale Politik keinen Spaß", sagte Wanka.

Verschärft wird die Situation durch die immer weiter steigenden Ausgaben zur Kinderbetreuung. Sie entwickeln sich zur Dauerbelastung für den Gemeindehaushalt. 2015 fuhr Karlsfeld mit seinen Kitas ein Defizit von rund fünf Millionen Euro ein. Bei den Personalkosten ist der Topf für die Erzieherinnen mit mehr als 2,1 Millionen inzwischen zum zweitgrößten der Gemeinde angewachsen. "Wenn man sich diese Zahlen anschaut, wird einem schwindelig", sagte Kolbe und wiederholte die Klage, die er schon oft angestimmt hatte: "Ich fühle mich vom Staat allein gelassen."

Weil sich bei Pflichtausgaben nicht sparen lässt, bleibt der Kommune nichts anderes übrig, als die Einnahmen zu erhöhen. "Wir sind und wollen keine Stadtrandschlafstadt der Landeshauptstadt München sein", sagte Wanka. Er forderte die rasche Ausweisung eines neuen Gewerbegebiets, wissend, welche Interessenkonflikte damit einhergehen werden. "Wir werden Kompromisse machen müssen zwischen Ökologie, Grünzug, Verkehrsfragen, Ökonomie, Arbeitsplätzen und Ortsbild."

Bündnis-Fraktionssprecherin Mechthild Hofner warf der schwarz-roten Gemeinderatsmehrheit schwere Versäumnisse vor. Statt ein zukunftsfähiges Gesamtkonzept zur Ortsentwicklung zu erstellen, das auch die Folgekosten im Auge behält, habe die Gemeinde Investoren die Gewinne einstreichen lassen und sei auf den Folgekosten sitzen geblieben. Hofner forderte, wie die Stadt München, das Verfahren zur "sozialgerechten Bodennutzung" anzuwenden, bei der Investoren einen Teil des Wertzuwachses ihrer Fläche an die Kommune weitergibt. "Denn Städtebau kostet Geld, das wissen wir alle."

Kritik übte auch SPD-Fraktionssprecherin Hiltraud Schmidt-Kroll - allerdings an der Verwaltung. Diese habe zahlreiche Posten in die Vorlagen zu den Haushaltsberatungen mit hineingeschrieben, die mitnichten von höchster Priorität gewesen seien. "Der Haushaltsentwurf, den wir im Dezember 2014 erhalten haben, war in großen Teilen eher ein Wunschkonzert." Allein die SPD-Fraktion habe neben den sechs langen Haushaltssitzungen rund 20 Stunden aufgebracht, um gemeinsam die 2000 Einzelpositionen des Etats abzuarbeiten. SPD-Gemeinderätin Beate Full, die sich in der Sitzung zuvor noch wegen angeblich zu wenig oder gar nicht besprochener Posten mit Bürgermeister Stefan Kolbe (CSU) angelegt hatte, zeigte sich nach einem klärenden Gespräch mit Kämmerer Alfred Giesinger in der Sitzung versöhnt und stimmte dem Haushalt zu.

Ein Kritikpunkt war gewesen, dass für den sozialen Wohnungsbau im Haushalt 2015 kein einziger Euro vorgesehen ist, obwohl in keiner Gemeinde des Landkreises der Mangel an bezahlbarem Wohnraum so eklatant ist wie in Karlsfeld. "Das ist ein wichtiges Thema", erklärte Bürgermeister Stefan Kolbe den Gemeinderäten. "Wir werden uns dieses Jahr noch intensiv damit beschäftigen."

© SZ vom 29.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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