Karlsfelder Sinfonieorchester:Jubiläumswürdig

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Das wirklich Schöne an der Feier zum 25-jährigen Bestehen des Musiker-Ensembles ist die demonstrativ enge Verbindung zwischen dem Orchester und dem Publikum.

Von Adolf Karl Gottwald, Karlsfeld

Nicht jedes Jubiläum verdient seinen bekanntlich vom Verb "jubeln" abgeleiteten Namen sowie auch nicht auf jeden Jubilar die in einem Fremdwörterlexikon gegebene deutsche Übersetzung "Jubelgreis" zutrifft. Die meisten Jubilare würden dagegen sogar heftig protestieren. In Karlsfeld aber gibt das Jubiläum "25 Jahre Karlsfelder Sinfonieorchester" wirklich zum Jubeln Anlass. Bürgermeister Stefan Kolbe sagte bei seiner Begrüßung, er und ganz Karlsfeld seien "sehr, sehr stolz, dieses tolle Orchester" in Karlsfeld zu haben.

Bürgermeister Kolbe: "Ich bin sehr, sehr stolz, dieses tolle Orchester in Karlsfeld zu haben."

An einen Jubelgreis denkt bei diesem Jubilar, der sich bei seinem Jubiläumskonzert in geradezu jugendlicher Frische gezeigt hat, niemand - eher an einen 25-Jährigen oder gar an eine 25-Jährige. Aber auch dieser Vergleich hinkt, denn das Karlsfelder Sinfonieorchester hat mittlerweile eine Reife und Abgeklärtheit erlangt, die mit 25 Jahren nur sehr wenigen Menschen gegönnt ist.

Das liegt in erster Linie an Bernhard Koch, der dieses Orchester gegründet und aufgebaut hat, seitdem leitet und heute als sehr erfahrener Dirigent dasteht. Mit ihm wuchs das Orchester, das trotz der großen und ständigen Fluktuation, mit der alle Laienorchester zu kämpfen haben, an Qualität und Reife. Man kann auch sagen, dass es an Gewicht und Bedeutung gewonnen hat.

Das Erfreulichste an der ganzen Entwicklung und damit der wahre Grund zum Jubeln ist die Tatsache, die sich gerade beim Jubiläumskonzert in beeindruckender, ja beglückender Weise bestätigt hat, dass das Karlsfelder Sinfonieorchester beim Karlsfelder Publikum voll angekommen ist, dass die Karlsfelder Freunde der klassischen Musik es als "ihr" Orchester ansehen. Das Karlsfelder Sinfonieorchester hat es so weit gebracht, dass "man" in Karlsfeld seine Konzerte besucht. Was aber kann dieses Orchester bieten, das einerseits seinem Können entspricht, andererseits bedeutend genug ist für ein derart gewichtiges Jubiläum?

Die repräsentative Gattung der klassischen Musik ist die Sinfonie, und der Gipfel der Symphonik, von keinem Nachfolger erreicht, liegt bei Beethoven. Und der Gipfel, jedenfalls aber das populärste Werk, ja die Beethoven-Sinfonie schlechthin ist seine Fünfte, die den Beinamen "Schicksalssinfonie" erhalten hat. Bernhard Koch machte diese Sinfonie also auch zur "Schicksalssinfonie" des Jubiläumskonzerts. Das war sehr hoch gegriffen, aber der Griff lohnte sich.

Die Vogelfänger-Arie begeistert die Zuhörer als heitere Zugabe

Koch legte seine Interpretation nicht auf exzessive Dramatik und Pathos an, es ging ihm nicht in erster Linie um große Spannung, eher um prächtige Farben innerhalb der von Beethoven straff gespannten Form der viersätzigen Sinfonie. Es wurde ein musikalisch farbiges Riesengemälde. Hin und wieder aber ist Beethovens Instrumentation auch hier so dünn, dass vom Orchester solistische Einsätze verlangt werden. Dazu reichte die Farbe nicht ganz, sodass - um im Bild zu bleiben - gelegentlich die Leinwand durchschien. Goethe war vom letzten Satz dieser Sinfonie so angetan, dass er meinte: "Das ist sehr groß, ganz toll, man möchte sich fürchten, das Haus fiele ein . . ." Das musste man im Bürgerhaus Karlsfeld nicht fürchten, es wäre aber auch schade um dieses schöne Bürgerhaus gewesen.

Als das repräsentative und des Jubiläumskonzerts würdige Instrumentalkonzert sah Bernhard Koch das Violinkonzert g-Moll von Max Bruch an, das als "das Bruch-Konzert" unter den Violinkonzerten etwa ebenso bekannt und beliebt ist wie Beethovens "Fünfte" unter den Sinfonien. Das war gewiss gut und richtig gedacht, aber die Aufführung geriet nicht ausgesprochen repräsentativ. Die Geigerin Petra Cristina Varlan als Solistin spielte sehr sauber und meisterte selbst die schwierigsten Stellen einwandfrei, nur hat sie nicht das selbstbewusste "solistische" Auftreten, auch nicht den großen Geigenton, den jeder Solist braucht, um sein Publikum zu begeistern oder noch besser zu überwältigen. Das Orchester aber spielte seinen Part ausgezeichnet, in jeder Hinsicht jubiläumswürdig. Vorher hatte es sich mit dem "Marsch der Priester" aus Felix Mendelssohns Bühnenmusik zu der Tragödie "Athalia" von Jean Racine in idealer Weise eingespielt.

Von den beiden Zugaben war die erste etwas rätselhaft, es war das Thema der "Enigma-Variationen" von Edward Elgar. Die zweite dagegen ließ das Publikum jubeln: "Der Vogelfänger bin ich ja" aus Mozarts "Zauberflöte". Ob sich Bernhard Koch zu seinem Privatvergnügen als Vogelfänger betätigt, ist nicht bekannt, als Dirigent des Karlsfelder Sinfonieorchesters aber ist er als Publikumsfänger sehr erfolgreich.

© SZ vom 08.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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