Karlsfeld:Spritziges, anspruchsvolles Neujahrskonzert

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Der Auftritt von Elaine Ortiz Arandes und Anton Klotzner mit der Camerata München im Bürgerhaus Karlsfeld.

Von Adolf Karl Gottwald, Karlsfeld

"Festliche Abendkleidung" ist für den "Bal Classique" der Jungen Münchner Symphoniker als Dresscode ausgegeben. Diese Art der abendlichen Rüstung wäre auch für die Besucher der Neujahrsgala 2017 der Camerata München im Bürgerhaus Karlsfeld richtig gewesen, um dem exquisiten Programm und dem festlich-eleganten Musizieren der Camerata München in angemessener Weise zu begegnen. Auf den ersten Blick verhieß diese Neujahrsgala nichts Außergewöhnliches: Ausschnitte aus Mozart-Opern, aus "Carmen" von Bizet und aus "Madame Butterfly" von Puccini, sodann Wiener Walzer und Operette. Als Solisten waren ein Sopran und ein Tenor angesagt, die künstlerische Gesamtleitung lag wie immer in Händen von Bernhard Koch. Dieses "wie immer" spiegelt den musikalischen Alltag in Karlsfeld, aber das war es gerade nicht, sondern eben eine Gala. Das Orchester, die "Camerata München" war zwar nicht durchgehend goldglitzernd bekleidet, aber es spielte durchwegs auf "festlichem Abendkleid-Niveau" (um im Bilde zu bleiben).

Es begann mit der Ouvertüre zu Mozarts "Zauberflöte" in einer Gala-Aufführung, also kunstvoll, weihevoll, blitzsauber gespielt und emotionell berührend, im wahrsten Sinne bezaubernd. Natürlich erwartet der Opernfreund nach dieser herrlichen Ouvertüre Taminos "Zu Hilfe, zu Hilfe, sonst bin ich verloren" und den populären Vogelfänger Papageno. Aber das wäre nicht im Sinne von Bernhard Koch gewesen, der diese Neujahrsgala nicht populär, sondern ausgesprochen exquisit gestalten wollte. Also kamen bei "Cosi fan tutte" nicht die Protagonistinnen Fiordiligi und Dorabella mit einer ihrer bekannten Arien zu Wort, sondern Despina, das Kammermädchen dieser Damen, mit einer weniger bekannten, aber köstlichen Arie auf die Falschheit der Männer, insbesondere der Soldaten, zu deutsch: "Beim Männervolk, bei Soldaten, da sucht ihr treuen Sinn?" Das ist eigentlich keine Gala-Arie, aber wie sie Elaine Ortiz Arandes sang und darstellte - das war Gesangs-Gala.

Gesangs-Gala: Das Solistenpaar Anton Klotzner und Elaine Ortiz Arandes singt hinreißend. (Foto: Toni Heigl)

Was ist bei Mozart nicht "Gala"?

Auch "Die Hochzeit des Figaro" war nicht mit einem sehr bekannten, "landläufigen" Stück wie etwa der Cavatine der Gräfin oder der sehnsüchtigen Canzona des Cherubino oder gar Figaros "Nun vergiss, leises Flehn" vertreten, sondern mit dem Duett, in welchem Susanna dem Grafen zum Schein verspricht, ihn zu nächtlicher Stunde im Garten zu erwarten. Aber das ist eine musikalische Gala Mozarts. Elaine Ortiz Arandes und der Tenor Anton Klotzner sangen und spielten diese Szene hinreißend. (Was ist bei Mozart nicht "Gala"?)

Das Solistenpaar der Karlsfelder Neujahrsgala ist immer eine Gala-Nummer für sich. Die Tenöre wechseln, der Sopran (Elaine Ortiz Arandes) bleibt ewig jung. Der Tenor 2017 blickt auf eine besondere Laufbahn zurück. Angefangen hat er (wie Fritz Wunderlich, der größte deutsche Tenor) als Waldhornist, dann wurde er Brückenbauingenieur (wie der berühmte Münchner Professor der Musikwissenschaft Georgiades), studierte Gesang und war als Sänger zunächst Bariton und ist jetzt strahlender Tenor, ein echter Gala-Tenor.

Die Camerata München absolviert mit Bravour ein exquisites Programm unter der Leitung von Bernhard Koch. (Foto: Toni Heigl)

Seine Höhepunkte an diesem Abend waren die Blumenarie des Don Jose aus "Carmen" und die Arie des Pinkerton aus "Madame Butterfly". Bernhard Koch hat auch bei "Carmen" auf das weltberühmte "Auf in den Kampf, Torero" verzichtet und bei Puccini nicht auf die populären Szenen aus "La Boheme" (Wie eiskalt ist dies Händchen) zurückgegriffen, sondern die weniger bekannte, aber musikalisch hochstehende "Madame Butterfly" gewählt; seine Neujahrsgala war eben eine Gala der gehobenen Klasse.

Der würdige Abschluss: "An der schönen blauen Donau"

Auch bei der Operette gab es außer dem wundervoll "strahlenden Mond" aus Eduard Künnekes "Vetter aus Dingsda" eher die feinen Leckerbissen für Kenner, so eine spritzige Arie aus Offenbachs Operette "Die schöne Helena" und das sehr schön komponierte Duett "Hab nur dich allein" aus dem "Zarewitsch" von Franz Lehar. Die Polonaise mitten in der Operetten-Seligkeit stammte aus der Oper (!) "Eugen Onegin" von Tschaikowsky, und das war in dieser musikalischen Umgebung absolut nicht zu hoch gegriffen. Schließlich endete das (offizielle) Konzertprogramm mit dem Galopp "Petersburger Schlittenfahrt".

Aber damit war die Karlsfelder Neujahrsgala längst nicht zu Ende. Elaine Ortiz Arandes und Anton Klotzner verabschiedeten sich stimmungsvoll mit Leonard Bernsteins "Tonight", das Kammerorchester Camerata München mit der elegant-exquisiten Schnellpolka "Freikugeln" von Johann Strauß Sohn und selbstverständlich mit dem "Radetzky-Marsch" von Johann Strauß Vater. Aber welcher Walzer war dieser exquisiten Neujahrsgala würdig? Da musste Gala-Dirigent Bernhard Koch zu den Sternen greifen, und das kann man eigentlich nur "An der schönen blauen Donau".

© SZ vom 03.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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