Karlsfelder Designerin:Geflügelte Pläne

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Stella Angel will mit luxuriöser Mode, die sich keinem Trend unterwirft, hoch hinaus. Ihre in Mailand handgefertigten Kollektionen kaufen bereits Kundinnen aus Afrika, Asien und Russland - und auch schon mal aus Iran

Von Anna-Elisa Jakob, Karlsfeld

Einzig das Klingelschild liefert einen Hinweis darauf, dass sich in diesem schlichten Karlsfelder Reihenhaus etwas Außergewöhnliches verbirgt: Hier steht ein großes S, eingerahmt von zwei Flügeln. Im Inneren des Hauses findet sich noch mehr davon: Engel in großen und kleinen Ausführungen. Vermutlich eine Anspielung auf die Bewohnerin des Hauses, denn die 36-Jährige nennt sich seit rund einem Jahr Stella Angel. Den Vornamen verdankt sie ihren italienischen Wurzeln, der Rest ist ihr Künstlername. Ihren richtigen Namen möchte sie nicht mehr in der Zeitung lesen - "Stella Angel passt zu mir, das bin wirklich ich", erklärt sie.

Stella Angel entwirft Mode, gerade erst kam sie zurück aus Berlin, am vergangenen Montag fand in der Hauptstadt ihre zweite Modenschau in der Fashion Hall, eine Veranstaltung der Fashion Week, statt. Wer das Haus von Stella Angel betritt, erhält weiße Einweg-Pantoffeln, um über die dicken Plüschteppiche schlurfen zu können, sie selbst trägt hochhackige Stiefeletten. Alles strahlt in Weiß, Gold und Silber. Und überall Engel, meist mit nackten Füßen und dicken Bäuchen.

Die 36-Jährige kreiert eher ausgefallene Mode mit viel Glitzer, für die sich besonders Kundinnen aus Russland interessieren. Sie verkauft ihre Kleider aber auch an Afrikanerinnen und Asiatinnen - und an Iranerinnen. Nähen lässt Stella Angel ihre Kollektion übrigens von Hand in Mailand. Das könnte an den italienischen Wurzeln der Karlsfelderin liegen. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Ihr größtes modisches Vorbild sei Coco Chanel, erklärt die Designerin. Der klassische Schnitt, der schlichte Chic der Modeikone - all das fasziniere sie. Wie passt das zu ihren eigenen Stücken? An der Kollektion von Stella Angel erinnert wenig an die Kreationen der französischen Modeschöpferin, die Schnitte sind extravagant, der Stil bewusst opulent. Stella Angel trägt an diesem Tag selbst eines ihrer Kleider: körperbetont, mit Volants und in knalligem Petrol. "Meine Mode ist für Frauen, die sich etwas trauen!", erzählt Stella Angel und ihre Augen funkeln dabei mit ihrer Halskette um die Wette - die stammt aus ihrer eigenen Schmuckkollektion.

Stella Angel lebte als Kind in Polen, zog später nach Italien, wuchs in Mailand auf. Hier studierte sie Modedesign. Ihr Vater ist Italiener, das Elternhaus wirkt streng. "Ich durfte nie im Schlabberlook herumlaufen", erinnert sie sich. Sie musste gut aussehen, gerade sitzen, sich schön präsentieren. "Das mache ich aber heute noch gerne", erzählt sie. Sie liebe es, Frauen mit ihrer Mode zu verschönern.

Ihre Modelle entwirft Stella Angel dabei nicht für Standardgrößen, über den Laufsteg in Berlin liefen für sie Models jeglichen Alters und jeder Silhouette. Der einzige Einteiler ihrer Kollektion, ein weißer Jumpsuit, wurde von einem Mann getragen. "Das war ganz spontan - aber es kam gut an", sagt die Designerin.

Engel und deren Flügel sind das Markenzeichen der Designerin. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Erzählt Stella Angel von ihrer Branche, fallen viele Namen, von Promis, Sportlern und Musikern. Sah man auch bei ihrer Show bekannte Gesichter? Stella Angel winkt ab. "Für mich sind alle Menschen im Publikum gleich", sagt sie. Ihre Stücke jedoch sind exklusiv, ihre Kundinnen sind es auch. Die Designerin verkauft auch außerhalb des europäischen Marktes, hat Kundinnen in Afrika, Asien, Russland. Gerade erst verschickte sie Teile ihrer aktuellen Kollektion an zwei Kundinnen im Iran. Die würden sonst nur Gucci und Prada tragen, so die Designerin - und jetzt eben auch Stella Angel.

Im Atelier der Designerin steht einzig ein großes Sofa aus rotem Samt, eine Kommode und die Kleiderstange mit ihren neuesten Entwürfen. "Meine Arbeit besteht vor allem aus Nachdenken", sagt Stella Angel. Auf dem Sofa liegt ein silbern glitzernder Taschenrechner. Sie lacht, ein wenig Kalkulation sei eben auch wichtig. Die 36-Jährige ist ehrgeizig, die Show in Berlin hat sie innerhalb von drei Wochen geplant, auch am vergangenen Abend hätte sie wieder bis spät in die Nacht gearbeitet. Alle Models, die in der Hauptstadt über ihren Laufsteg liefen, hat Stella Angel selbst gestylt und geschminkt. Oft fährt sie zu ihrer Produktionsstätte in Mailand, in der ihre Entwürfe per Hand gefertigt werden, überprüft die Details - "damit traue ich niemandem", erklärt sie.

Designerin Stella Angel (links) mit Manuela Ballauf. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Stella Angel hat weitere Ambitionen, spricht von einer Show zur Modewoche in Paris. Und von weiteren Projekten - unter anderem einer Echtpelz-Kollektion. Dabei gilt Pelz langsam als Tabu in der Haute Couture, das Modehaus Chanel verbot sich die Verarbeitung von Echtpelz voriges Jahr selbst. Stella Angel scheint sich weniger von Trends der Branche leiten zu lassen - sie probiert sich selbst aus, vertraut auf ihre eigene Kreativität. Am Ende ihrer Show in Berlin präsentiert sie selbst eines ihrer Modelle auf dem Laufsteg, sie trägt dabei zwei große Flügel am Rücken. Auch das ist unüblich, doch Stella Angel kümmert das nicht - ihre Mode und ihre Person gehören für sie zusammen.

© SZ vom 26.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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