Karlsfeld:Zum Schutz der Kinder

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Karlsfeld beschließt Tempo 30 im Gewerbegebiet und am Rand des Erholungsgebiets

Von Gregor Schiegl, Karlsfeld

Tempo 30 in Wohngebieten ist nichts Ungewöhnliches, in Karlsfeld gilt es das strenge Tempolimit schon seit Jahren nahezu flächendeckend. Am Mittwoch hat der Bauausschuss des Gemeinderats auf Antrag der Bündnis-Fraktion beschlossen, zwei Tempo-30-Zonen einzurichten, die etwas aus dem Rahmen fallen: Die eine liegt mitten im Gewerbegebiet, die andere außerhalb der geschlossenen Wohnbebauung am Rand des Erholungsgebiets Karlsfelder See. An solchen Stellen sieht die Straßenverkehrsordnung normalerweise keine Verkehrsberuhigung vor. Doch in beiden Fällen sah die Mehrheit besondere Umstände gegeben, die Tempo 30 rechtfertigen, nämlich den Schutz von Kindern.

In der Röntgenstraße wurde das ehemalige Gebäude der Bambergerschule im Gewerbegebiet in Windeseile zur neuen Kindertagesstätte "Schatzinsel" umgewandelt. Die wachsende Gemeinde steht wegen des Zuzugs unter enormem Druck, die Kinderbetreuung immer weiter auszubauen. Ohne die unorthodoxe Lösung im Gewerbegebiete hätte die Gemeinde wohl viele Kinder nicht unterbringen können. Weil dort auch Hortkinder betreut werden, die den Weg von der Grundschule an der Krenmoosstraße teilweise zu Fuß zurücklegen, war das Unbehagen bei den Eltern anfangs groß. Nachdem sich gezeigt hat, dass der von der Polizei ausgesuchte Weg tatsächlich recht sicher ist, hat sich die Aufregung zwar etwas gelegt. Doch neue Nahrung haben die Sorgen durch ein Bauvorhaben in unmittelbarer Nachbarschaft erhalten: Geplant ist ein Lkw-Parkplatz mit 420 Fahrzeugen, das Unternehmen rechnet selbst mit etwa 90-Lkw-Bewegungen am Tag. Dem Antragsteller für Tempo 30, Gemeinderat Adrian Heim (Bündnis), war vor allem daran gelegen, die Eltern zu schützen, die ihre Kleinen mit dem Rad in die Kita bringen. "Ein Tempo-30-Schild ist für mich vor allem ein Signal, besondere Rücksicht zu nehmen." Günter Rustler, Leiter der Karlsfelder Straßenverkehrsbehörde, führte aus, dass Tempo 30 in einem Gewerbegebiet nur ausnahmsweise angeordnet werden dürfe, nämlich dann, wenn dafür "zwingende Gründe" vorlägen. Dazu zählt ausdrücklich auch der Schutz einer Kita.

Allerdings darf der verkehrsberuhigte Bereich maximal 300 Meter lang sein. Diesen Rahmen hat der Bauausschuss voll ausgeschöpft: Tempo 30 gilt künftig für die Röntgenstraße ab Höhe Boschstraße bis zur Ohmstraße und auf der Ohmstraße nach Süden bis zum Kreisverkehr. Weil das erst 250 Meter wären, soll die Zone auf der Ohmstraße nach Norden verlängert werden, noch 50 Meter über die Röntgenstraße hinaus. Das strenge Tempolimit gilt aber nur während des Kita-Betriebs werktags von 7 bis 18 Uhr. Bürgermeister Stefan Kolbe (CSU) sagte, das habe "Akzeptanzgründe". Tempo 30 rund um die Uhr wäre den Autofahrern nicht vermittelbar.

Kontroversen löste eine Anregung der SPD-Gemeinderätin Beate Full aus, auch in der Hochstraße vor der kleinen Flüchtlingssiedlung eine Tempo 30 Zone einzurichten, weil dort immer wieder Kinder auf dem Gehweg spielen. Weder Polizei noch Verkehrsbehörde der Gemeinde sahen Anlass, dort Maßnahmen zu ergreifen. Die Gemeinde sei nicht für alles zuständig, erklärte Bürgermeister Kolbe. "Es gibt auch noch eine Aufsichtspflicht der Eltern."

Damit gaben sich viele Ausschussmitglieder nicht zufrieden. "Ich sehe hier Tempo 30 als zwingend erforderlich an", sagte SPD-Fraktionschefin Hiltraud Schmidt-Kroll. "Wenn ein Kind totgefahren wird, nützt uns die Frage nach den Eltern gar nichts." Ähnlich äußerte sich Bündnis-Fraktionssprecherin Mechthild Hofner. "Kinder sind unberechenbar, und mit 30 bremst man halt schneller." Diese Position fand die Zustimmung von SPD, Bündnis und Freien Wählern, aber auch von zwei Gemeinderäten der CSU: Ingrid Brünich und Pietro Rossi. Überlegungen, auch in der Parzivalstraße Tempo 30 anzuordnen, wurden fallen gelassen.

© SZ vom 28.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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