Karlsfeld:Vorgärten so breit wie ein Handtuch

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Die Reihenhäuser an der Zugspitzstraße in Karlsfeld sind extrem platzsparend gebaut. Aber wo stellt man dann noch seine Fahrräder hin? (Foto: Lukas Barth)

Das Wohngebiet "Am Prinzenpark" in Karlsfeld ist derart dicht bebaut, dass die Bürger nicht einmal überdachte Fahrradstellplätze errichten können. Auch eine Bebauungsplanänderung wird nicht jedem helfen

Von Gregor Schiegl, Karlsfeld

Über das neue Wohngebiet "Am Prinzenpark" spotteten die Ratschkatteln in einem Sketch beim Starkbierfest des TSV, dort würde gewiss kein Adeliger absteigen. Die Häuser stehen dicht aneinander, oft sind die Vorgärten wirklich nicht breiter als ein Handtuch, wo sollte man da noch ein Pferd unterstellen? Die Bewohner - in der Mehrzahl gutbürgerliche junge Familien mit Kindern - haben tatsächlich ein Platzproblem in ihrer Siedlung. Nicht mit Rössern, aber mit ihren Drahteseln. Nirgendwo können sie die Fahrräder wetterfest unterstellen. Einige Anwohner haben deshalb im Dezember 2015 einen Antrag an die Gemeinde gestellt, den Bebauungsplan "Karlsfeld-West" so abzuändern, dass die Hausbesitzer überdachte Fahrradstellplätze errichten können, und zwar überdachte, damit die Räder nicht immer nass werden.

Mit dem Antrag befasste sich in dieser Woche der Bauausschuss und das durchaus wohlwollend. Aber wie so oft steckt der Teufel im Detail. "Wir haben damals die Fahrradstellplätze bewusst nicht geregelt, weil wir sie nicht im Vorgarten haben wollten", erläuterte Bauamtsleiter Günter Endres die Entstehung des Bebauungsplans aus dem Jahr 2001. Was dort fehlt, ist der Platz: Von der Hauswand bis zur Straße sind es auf den Grundstücken nur zwei bis maximal vier Meter. Um die Räder unterzustellen, waren eigentlich Gartenhäuschen vorgesehen, die aber wurden nie gebaut. "Es verdichten sich die Hinweise, dass zu wenig Platz für Nebenanlagen übrig gelassen wurde", sagte Endres. Weniger diplomatisch ausgedrückt: Das Problem, mit dem sich Anwohner und Gemeinde nun herumschlagen müssen, hat der Bauherr verursacht mit seiner offenbar arg verdichteten Bauweise.

Das Dilemma, in dem die Gemeinderäte stecken, umriss Verkehrsreferent und CSU-Fraktionssprecher Bernd Wanka so: "Wir wollen, dass die Leute nicht ins Auto steigen." Ein gutes Argument, dem Wunsch der Anwohner nach überdachten Radstellplätzen nachzukommen. Aber es gab auch ein Gegenargument: die Platzverhältnisse. "Es ist eng und konfliktträchtig." In manchen Bereichen ragen die Hinterräder bis in den Gehweg. Kinder, die selbst mit dem Rad auf dem Gehweg unterwegs sind, könnten daran hängen bleiben und stürzen. Das will auch keiner. Und dann gibt es noch das ästhetische Problem: Ein überdachter Fahrradstellplatz wäre keine große Zierde in einem Vorgarten. Für SPD-Fraktionssprecherin Hiltraud Schmidt-Kroll zog dieses Argument allerdings nicht: "So wie es jetzt ausschaut, ist es ja auch nicht schön."

Dem Wunsch der Anwohner wollen die Gemeinderäte mit einer Änderung des Bebauungsplans nachkommen. Über die Ausgestaltung im Detail wird aber noch zu reden sein. CSU-Fraktionschef Wanka warnte davor, mit Befreiungen und Ausnahmen zu arbeiten; das erzeuge nur Unklarheit im Bebauungsplan. "Wir sollten den Versuch wagen, das Ganze in einem Änderungsverfahren zu sortieren." Der Bauamtsleiter dämpfte die Hoffnungen: "Wir werden nicht für jeden eine Unterstellmöglichkeit schaffen können."

Gemeinderatsneuling Adrian Heim, vom Bündnis für Karlsfeld wunderte sich, wie wenig Augenmerk bei den Planungen des Neubaugebiets auf Radfreundlichkeit gelegt wurde. Bei neuen Bauvorhaben wird dieser Punkt nämlich immer besonders intensiv diskutiert. Erst zu Beginn dieses Jahres ist eine neue Stellplatzsatzung in Kraft getreten, die auch Fahrradstellplätze bei Wohnhäusern vorschreibt, allerdings nur bei Mehrfamilienhäusern.

Das Kernproblem ist freilich ein anderes: Die Immobilienpreise in Karlsfeld sind extrem hoch, nirgendwo im Landkreis ist Wohnen teurer. Ein eigenes Häuschen kann sich mancher gerade noch leisten. Aber nicht mit einem großen Garten.

© SZ vom 12.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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