Kinderbetreuung in Karlsfeld:Schatzinsel im Gewerbegebiet

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Mit liebevoller Detailarbeit hat die Gemeinde Karlsfeld die Bamberger-Schule in einen Kindergarten umgebaut. Die Einrichtung in der Röntgenstraße wird an diesem Samstag eingeweiht

Von Gregor Schiegl, Karlsfeld

Da liegt sie also, die Schatzinsel, versteckt zwischen Tankstelle, Werkhallen, Lagerhäusern und Lkw-Abstellplätzen, ein eckiger Kasten mit grauer Kunststoffverkleidung, eher zweckmäßig als schön. Nur die handgemalten Plakate in der Glastür verraten, dass hier nicht Schrauben sortiert werden, sondern das Rote Kreuz eine Kita betreibt: drei Kindergartengruppen, drei Krippen- und zwei Hortgruppen, mitten im Karlsfelder Gewerbegebiet. An diesem Samstag wird die neue Einrichtung in der Röntgenstraße 14 offiziell eingeweiht, und Besucher, die vorher noch nie da waren, werden staunen, wie freundlich und großzügig sich der Industriebau im Inneren präsentiert.

"Wir fühlen uns ein bisschen so wie eine Insel im Gewerbegebiet", sagt die Leiterin, Kathrin Ferland. Deswegen auch der Name: Schatzinsel. Der Schatz, das sind natürlich die Kinder, die hier zwischen 7 und 17 Uhr umsorgt werden. Mehr als die Hälfte von ihnen kommen aus Migrantenfamilien. Manchmal gibt es noch Sprachbarrieren, aber die spielen im Alltag keine große Rolle. "Ein Kind in den Arm nehmen, kann ich in jeder Sprache", sagt Kathrin Ferland. Hier ist alles ein bisschen anders als in der Welt der Erwachsenen da draußen: Bunter ist es, verspielter und netter und alles nicht so verbissen.

Jetzt am Nachmittag halten die Kleinen noch ihr Nickerchen. Nur ein kleiner Junge in Ringelhemd tappt schlaftrunken den Gang entlang. Kathrin Ferland erkundigt sich fürsorglich, ob er denn auch gut geschlafen habe. Er nickt stumm, die kleine Faust im Gesicht und schlurft weiter Richtung Toilette, wo er nicht mal einen Schalter drücken muss. Es gibt Präsenzmelder, das Licht geht von alleine an, das ist sehr praktisch, und das Waschbecken kann man nicht nur zum Händewaschen benutzen, es eignet sich auch prima zum Spielen. Es gibt einen großen Stöpsel und eine Plexiglasscheibe, die man als Staumauer zwischen beiden Ebenen einziehen kann. Lauter nette Ideen und liebevolle Details.

Kathrin Ferland öffnet eine Tür: eine Spielecke, ein Tisch in Zwergengröße mit Zwergenstühlen, Regale, Spielzeuge und Licht, sehr viel Licht. "Diese hellen, schönen Räume, toll!" Es gibt unheimlich viel Platz hier, selbst nach den Maßstäben der Erwachsenen. "Meine Kollegen haben anfangs gesagt: Hier brauche ich ja ein GPS, um mich zu orientieren", sagte Ferland und lacht. Verloren gegangen ist trotzdem noch keiner, das liegt auch am pfiffigen Farbkonzept des Architekten: Der Boden im Hort ist blau, im Kindergarten ist er orange und in der Krippe grün. Die Treppe von der Krippe hinauf in den Kindergarten hat grüne Sockel und orange Trittflächen. Man sieht sofort, wo man ist und wo es langgeht. Intuitiv.

In einem Raum mit Rolltor sind Gefährte mit kleinen Sitzen geparkt, die man schieben kann wie riesige Einkaufswagen. Vielleicht braucht man die in so einem großen Haus für bis zu 161 Kindern. Es gibt eine Werkstatt mit Schraubstock, eine Zweitküche, in der man mit den Kleinen kochen und backen kann, eine Turnhalle, in der sich die Kinder auch bei schlechtem Wetter austoben können und im ersten Stock für die Mitarbeiterinnen einen großen Gemeinschaftsraum mit Konferenztisch und gemütlicher Sofaecke, der Blick aus dem Fenster geht auf die Anzeigentafel der Tankstelle. "Unsere Einrichtung hat keine ganz so schöne Lage", sagt Ferland. Aber bei einem Neubau hätte die Gemeinde bestimmt keine Gemeinschaftsräume und Turnhallen gebaut. Zu teuer. Dafür gibt der Staat keine Zuschüsse. Aber in diesem Fall waren alle Räume schon da. Der Kinderschutzbund nutzte das Haus lange Jahre für den Betrieb der Bamberger-Schule.

Selbst das Personal stand schon bereit.

Zum 31. August 2016 hatte das Rote Kreuz die Trägerschaft seiner Einrichtungen in Schwabhausen gekündigt, die Mitarbeiterinnen der Krippe "Löwenmäulchen", des Horts "Rappelkiste" und des Kindergartens "Tschu-Tschu-Bahn" inklusive ihrer Leiterin, Kathrin Ferland, wechselten nach Karlsfeld. Nur vier der 24 Team-Mitglieder sind neu. Ein Glücksfall für die 20 000-Einwohner-Gemeinde, die seit Jahren einen so starken Zuzug junger Familien erlebt, dass sie mit dem Bau neuer Kitas gar nicht mehr nachkommt.

Viele Eltern sind trotzdem nicht glücklich mit dem Standort im Gewerbegebiet: Große Lkws und kleine Kinder, das ist vielen nicht geheuer. Inzwischen hat das Rote Kreuz einen kostenpflichtigen Bringdienst eingerichtet. "Wir sind dabei, eine gute Lösung zu finden", sagt Schatzhüterin Kathrin Ferland.

© SZ vom 28.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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