Karlsfeld:Loslassen ist auch eine Kunst

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Die Kunstkreis-Gründer: Dieter Kleiber-Wurm und Wolfgang Seehaus (li.). (Foto: Niels P. Jørgensen)

Wolfgang Seehaus gibt die Malerei auf. Nun lässt er 50 seiner Bilder für wohltätige Zwecke verkaufen

Von Christiane Bracht, Karlsfeld

Wolfgang Seehaus hat Pinsel und Zeichenstift ein für alle Mal beiseite gelegt. "Es gibt so viel anderes, was mir jetzt näher steht", sagt der Karlsfelder Designer und Maler. Vor etwa einem Jahr hat er sein Haus verkauft und damit die Werkstatt, in der er unzählige Werke schuf. "Das Werkzeug habe ich verschenkt", erzählt er. "Was soll ich damit? Ich habe keine Möglichkeit mehr, was zu tun."

Seehaus hat sich nicht nur von seinen Malutensilien getrennt, sondern auch von etlichen Bildern. "Irgendwann ist eben Feierabend", sagt der 81-Jährige entschlossen. "Und bevor die Bilder im Keller von den Mäusen aufgefressen werden, ist es besser, sie weiterzugeben an jemand, der etwas damit anfangen kann." Etwa 50 zum Teil großformatige Gemälde, aber auch kleinere hat er der Karlsfelder Bürgerstiftung gespendet. Ungefähr die Hälfte hängt derzeit in der Bücherei und im Bürgertreff zum Verkauf. Die großen Bilder kosten 250 Euro, die mittleren 150 Euro und die kleinen 100 Euro. Der Erlös geht an die Stiftung und kommt damit Bedürftigen in seiner Heimatgemeinde Karlsfeld zugute.

Seehaus gibt sich allerdings ziemlich pessimistisch: "Ich glaube nicht, dass ein einziges verkauft wird." Trotzdem will er zur Vernissage an diesem Donnerstag, 18. Januar, um 18.30 Uhr in den Bürgertreff kommen. "Es sind keine lichten fröhlichen Bilder", sagt er. Die Themen seien eher schwer. Eine Serie von acht Bildern war 1984 einmal in der Dachauer Versöhnungskirche ausgestellt, da sie sich mit der Gedenkstätte befassen. Außerdem hat er der Stiftung eine Trilogie über Krieg vermacht, sowie eine über die Osterzeit mit Kreuzigung. Einige kleinere Gemälde entstanden auf der griechischen Insel Patmos. "Dort ist alles vom Kloster bestimmt. Man sieht nichts als riesige Mauern vor sich", sagt Seehaus. "Das sind so Themen, die mich tagelang beschäftigt haben." Abstrakte Werke sind auch bei den gespendeten Bildern. Einige davon waren bereits in der BMW-Galerie zu sehen. Claudia Schreiner, die die Bürgerstiftung verwaltet, ist übrigens deutlich positiver gestimmt als der Künstler: "Ein Interessent hat sich schon gemeldet", sagt sie. Er wollte sich die Bilder bereits anschauen und hat schon zwei im Blick, die er vielleicht kaufen möchte. Anders als bei früheren Ausstellungen des Kunstkreises zugunsten der Bürgerstiftung werden die Gemälde von Seehaus nicht versteigert. Wer eines haben möchte, füllt ein Überweisungsformular aus.

Rosi Rubröder, stellvertretende Vorsitzende des Stiftungsrats, ist begeistert von der großzügigen Spende des Künstlers. "Es ist wirklich einmalig", sagt sie. "Wir sind froh darüber."

Aber was bringt einen Maler dazu, seine Werke gerade einer Bürgerstiftung anzuvertrauen, die doch nicht gerade Spezialist in Sachen Kunst ist? "Die Bilder sollen gezeigt werden. Im Keller sieht sie ja kein Mensch. Und sie sollen einem guten Zweck zugeführt werden", sagt Seehaus, der nun in einer kleinen Wohnung lebt. Die großzügige Spende zeigt aber auch die tiefe Verbundenheit des Künstlers mit seinem Heimatort. Seit 1966 lebt er in der Gemeinde, hat dort vor 41 Jahren den Kunstkreis mitgegründet, baute Requisiten für die Karlsfelder Muckerl-Bühne, begeisterte Kinder und Jugendliche im Rahmen des Ferienprogramms für Kunst und Kultur, aber auch für Sport, denn Seehaus hat im TSV Karlsfeld die Leichtathletik-Abteilung mitaufgebaut. Bei den Versteigerungen des Kunstkreises hat Seehaus auch immer einige seiner Werke zur Verfügung gestellt. So konnte die Bürgerstiftung insgesamt etwa 16 000 Euro einnehmen.

Wie viel die jetzige Spende abwerfen wird, ist noch offen. "Es ist ein groß angelegter Versuch", sagt Seehaus. Die Gemälde hängen mindestens bis Ostern in der Bücherei, im Bürgertreff werden sie sogar noch länger zu sehen sein. Sollte das ein oder andere Bild verkauft werden, wird die Lücke mit einem anderen Werk aus dem neuen Fundus der Bürgerstiftung geschlossen.

© SZ vom 18.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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