Karlsfeld:Kompromiss für die Neue Mitte

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Bündnis-Gemeinderat Bernd Rath zieht die Klage wegen unzumutbarer Belästigungen zurück. Dafür akzeptiert die Gegenseite der Investoren strengere Auflagen. Trotzdem geht die juristische Auseinandersetzung weiter

Von Gregor Schiegl, Karlsfeld

Die juristischen Auseinandersetzungen um Karlsfelds Ortszentrum "Neue Mitte" sind weitgehend beigelegt: Bei einem Ortstermin des Bayerischen Verwaltungsgerichts München in Karlsfeld einigten sich Kläger Bernd Rath und die Investoren auf Anregung von Richter Johann Oswald gütlich. Schon vor geraumer Zeit gelang den Investoren gleiches mit dem zweiten Anwohner: Er hatte gegen den Bau des Einkaufsmarkts in der Neuen Mitte geklagt.

Die Geschäftsführer der an der Neuen Mitte beteiligten Firmen erklärten sich am Donnerstag bereit, sich freiwillig auf strengere Vorgaben festzulegen. So verpflichteten sie sich, mindestens 200 Tiefgaragenstellplätze zu erstellen - deutlich mehr als im Bebauungsplan vorgeschrieben. Außerdem garantierten sie, dass werktags maximal 17 Lastwagen aus dem Anliefertor rollen werden, das Raths Grundstück direkt gegenüberliegt. Binnen sechs Wochen nach Inbetriebnahme der Neuen Mitte müssen sie außerdem mit einer Messung nachweisen, dass sich die Lärmbelastung auf dem Grundstück des Klägers im Rahmen der zulässigen Werte bewegt. Im Gegenzug verzichtete Rath darauf, erneut Klage zu erheben, wenn demnächst der Antrag auf eine neue Tektur des Einkaufszentrums in der Neuen Mitte eingereicht wird.

Nach der Einigung herrschte auf allen Seiten Erleichterung: Der Gemeinde bleibt ein neues Debakel um das schwierige Großprojekt erspart, die Bauherren können weiterbauen und Bernd Rath kann sich zumindest über einen "Teilerfolg" freuen.

Der Architekt ist nicht nur Bürger, seit Mai 2014 sitzt er selbst für das Bündnis für Karlsfeld im Gemeinderat, was ihn in eine widersinnige Situation bringt. "Als Gemeinderat die Gemeinde zu verklagen, das ist nicht gut", sagt er - auch wenn sein Kontrahent in diesem Fall de jure der Freistaat Bayern ist. Diesen vertritt der Regierungsrat und Vollblutjurist Alexander Krug vom Landratsamt Dachau mit großem Engagement. Und letztlich auch mit Erfolg. Der große Knall ist ausgeblieben.

Das Großprojekt einer Neuen Mitte für Karlsfeld ist von der Dimension her vergleichbar mit der geplanten Konversion des MD-Geländes in Dachau. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Bernd Rath wirft der Gemeinde Karlsfeld vor, bei der Abwägung der Interessen einseitig zugunsten der Investoren der Neuen Mitte entschieden zu haben, auf die Belange der Anwohner sei zu wenig Rücksicht genommen worden. Er fürchtet, eine unzumutbare Belästigung mit Lärm und Abgasen, wenn die Besucher der Neuen Mitte die Gegend auf der Suche nach Parkplätzen abfahren. Schon heute herrschten durch das Einkaufszentrum "Karlsfelder Meile" katastrophale Zustände in vielen Wohnstraßen, eine Folge dessen, dass in der "Meile" nicht einmal ein Viertel der eigentlich benötigten 600 Stellplätze errichtet worden seien.

Richter Oswald erklärt, die bereits vorhandene Belästigung müsse der Kläger als gegeben hinnehmen. Angesichts der mehr als 200 geplanten Stellplätze könne in der Neuen Mitte von einer "dramatischen Unterversorgung" nicht die Rede sein, auch die "erdrückende Wirkung", der sich Rath durch den Anblick des bald gegenüberliegenden großflächigen Markts ausgesetzt sehe, "sehen wir ganz deutlich nicht". Auch Raths Kritik am Lärmschutzgutachten stößt auf taube Ohren. "Ich sehe nicht, wo das Gutachten fehlerhaft sein soll."

Ganz ausgestanden sind die rechtlichen Auseinandersetzungen damit noch nicht. Der Bayerischer Verwaltungsgerichtshof muss noch über eine Normenkontrollklage Raths entscheiden. In seiner vorläufigen Entscheidung hatte er wie der Kläger formale Fehler im Bebauungsplanverfahren bemängelt. Die versucht die Gemeinde Karlsfeld zu "heilen", indem sie den fehlerhaften Teil des Verfahrens noch einmal wiederholt.

© SZ vom 19.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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