Karlsfeld:Hochvirtuos

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Sommer-Serenade des Karlsfelder Sinfonieorchesters

Von Adolf Karl Gottwald, Karlsfeld

Die heitere Entspanntheit einer sommerlichen Serenade gönnte Dirigent Bernhard Koch weder sich noch seinem Karlsfelder Sinfonieorchester und auch seinem Publikum nicht. Denn Hector Berlioz und sein Werk "Les nuits d'été" sind schwere Kost. Zuerst fragte Mezzosopranistin Florence Losseau "la jeune belle", also die junge Schöne, wohin sie gehen möchte, und bot das Baltikum, den Pazifischen Ozean, Java und Norwegen an. Doch die Frau träumt von einem Gestade der Treue, und das ist für alle (auch für Berlioz) die unbekannte Insel. Berlioz hat den anspruchsvollen Text in seiner Art vertont, mit schwierigen Wendungen in der Singstimme und reicher, farbiger Orchesterbegleitung. Florence Losseau beherrschte ihren Part, und auch das Karlsfelder Sinfonieorchester bemühte sich mit Erfolg, aber ins sommerliche Serenaden-Ohr ging diese Musik nicht. Die darauffolgende "Villanelle" aus "Les nuits d'été" kam viel besser an, sie liegt wohl auch der sehr schönen Stimme von Florence Losseau besser.

Das zweite große Solo dieser Serenade war das Konzert Nr. 1 c-Moll für Klarinette und Orchester von Louis Spohr. Den beiläufigen Genuss verhindert allein schon die tragische Tonart c-Moll. Spohr hat in dieses Konzert alles hineingeschrieben, was für die Klarinette typisch, aber auch schwer ist. Die Klarinette bewegt sich, quirlig wie kein zweites Instrument, in tollkühnen Skalen, Sprüngen und Verschnörkelungen in dem nur ihr möglichen sehr großen Tonraum vom tiefen Bariton bis zu Koloratursopran-Höhen. Maximilian Breinich aus Altomünster spielte das alles sehr virtuos, man bewunderte ihn, aber die Musik blieb - etwa im Vergleich zu den verwandten Klarinettenkonzerten von Carl Maria von Weber - doch etwas spröde. Trotzdem war es eine konzertante Großtat von Bernhard Koch, dieses hochvirtuose Konzert einmal seinem Karlsfelder Publikum zu präsentieren.

Es gab aber noch ein zweites Instrumentalsolo zu bewundern, und zwar dort, wo man es am wenigsten erwartet hätte. Bernhard Koch eröffnete sein Programm mit der bekannten Ouvertüre zu "Dichter und Bauer" von Franz von Suppé. Darin ist ein sehr ausgedehntes Cellosolo enthalten, das Elizabeta Varga ausgezeichnet, das heißt mit aller gebotenen Virtuosität und überdies mit dem Schmelz der Musik von Suppé, spielte. Elizabeta Varga ist ein Glücksfall für das Karlsfelder Sinfonieorchester. Sie kommt ungefähr aus der Gegend in Bosnien, von der aus Suppé seinen Siegeszug durch die Welt der Operette antrat. Sie lebt erst seit einem Monat in Deutschland und fand durch freundschaftliche Beziehungen zum Karlsfelder Orchester. Hoffentlich bleibt sie.

Zu berichten ist noch über eine Walzer-Fantasie von Michail Glinka und die Peer-Gynt-Suite von Edvard Grieg. Glinka hat für seine Walzer-Fantasie die Tonart h-Moll gewählt. Die Karlsfelder Sinfoniker fanden sich in dieser schweren und schwermütigen Walzer-Fantasie gut zurecht, die Aufführung war sehr schön. Höhepunkt des Programms war freilich die Peer-Gynt-Suite von Edvard Grieg. Was Bernhard Koch hier aus seinem Orchester herausholte, war erstaunlich. Man muss aber auch dazu sagen: Mehr als drinsteckt, kann er nicht herausholen.

Leicht macht es auch der Prinz Orlowsky in der "Fledermaus" von Johann Strauß seinen Gästen nicht. Sie müssen saufen wie die Löcher, und wenn sie nicht recht mithalten können, wirft er ihnen die Flasche an den Kopf: "Chacun à son goût" (übersetzt: "'s halt mal bei ihm so Sitte"). Florence Losseau sang den berühmten Auftritt des Prinzen Orlowsky als Zugabenstück glänzend, allerdings das große Notenheft in der Hand. Wie soll der extravagante Prinz da seinen wenig trinkfesten Gästen die Flasche an den Kopf werfen?

Leicht war diese Serenade im Karlsfelder Bürgerhaus also für keinen, lohnend aber für alle, nicht zuletzt für das Publikum.

© SZ vom 26.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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