Kandidaten für Tassilo-Preis:Auf den Spuren großer Namen

Lesezeit: 3 min

"Er lebt die Trompete", sagt sein Lehrer über Maximilian Wittmann. Der Dachauer Jazzmusiker bezieht aus dem Kontakt zu seinem Publikum Freude und Glück.

Anna Schultes

Die Lebendigkeit der Stadt hat ihn tief beeindruckt. Aus offenen Haustüren sei Musik gedrungen, überall hätten in Bars und Parks Live-Musiker gespielt. Maximilian Wittmann ist gerade von einer zehntägigen Konzertreise in den USA zurückgekehrt. Er sieht müde aus. Aber wenn er von Chicago erzählt, wandelt sich sein Blick. Seine blauen Augen strahlen. Wer den Trompeter schon auf der Bühne erlebt hat, kennt diesen Glanz. Es ist, als würde sich die innere Hingabe an die Musik in dieser Form nach außen kehren.

Der Trompeter Maximilian Wittmann spielt bei der Münchner Reggae-Band Jamaram. Aber der junge Musiker möchte auch eigene Projekte vorantreiben. Im April stellte er sein Sextett Storycity in der Dachauer Kultur-Schranne vor, wo er neben der Trompete auch häufig zum Flügelhorn griff. (Foto: © joergensen.com)

Er lebt das Trompete spielen", sagt sein ehemaliger Lehrer Jörg Hartl über Wittmann. Seit vielen Jahren verfolgt er die Entwicklung des 20-Jährigen, der auch in Hartls Bigband der Knabenkapelle Dachau spielt. Er sei von Anfang an geradlinig und zielstrebig seinen Weg gegangen. Wittmann hat früh bei der Knabenkapelle angefangen. Er ist Mitglied des bayerischen Landesjugendjazzorchesters, seit er 14 Jahre alt ist. Parallel zu den letzten Jahren seiner Schulzeit am Josef-Effner-Gymnasium in Dachau war der Trompeter Jungstudent an der Münchner Hochschule für Musik und Theater. Seit Oktober studiert er dort Jazz-Trompete. Jetzt ist der Dachauer für den Tassilo-Preis der Süddeutschen Zeitung nominiert, der dieses Jahr zum siebten Mal an Künstler und Kulturschaffende im Münchner Umland vergeben wird.

In die Vereinigten Staaten ist Wittmann über einen Kommilitonen von der Musikhochschule gekommen. Roman Sladek studiert klassische Posaune und ist Teil der Bigband der Musikschule Ismaning. Die Schule pflegt einen Kulturaustausch mit einer Highschool im Ort Germantown in Wisconsin. Als für die Konzertreise noch ein Trompeter gesucht wurde, hat der Posaunist an Wittmann gedacht. In Germantown hat die Bigband gemeinsam mit der Volksmusikgruppe der Musikschule und dem Sinfonieorchester der Highschool im Bürgersaal vor 600 Menschen gespielt. Fast jeden Abend haben die Musiker Konzerte gegeben, in Wauwatosa, Milwaukee und anderen Städten. Vor dem Heimflug ging es nach Chicago.

Neben der Metropole und den Konzertabenden werden Wittmann insbesondere seine Gasteltern in Erinnerung bleiben, ein sympathisches Rentnerehepaar. Das erste Mal seit Jahren hat der Zahnarzt seine alten Schallplatten mit Jazzmusikern wie Clark Terry oder Oscar Peterson hervorgeholt. Sie haben gemeinsam Musik gehört und sich gegenseitig Tipps gegeben. Demnächst wird der 20-Jährige eigene Aufnahmen nach Germantown schicken; das hat sich sein Gastvater gewünscht. Der Trompeter hat schon an mehreren CD-Produktionen mitgewirkt. Erst am vergangenen Wochenende war Wittmann mit der Monika Roscher Big Band im Studio.

Maximilian Wittmann orientiert sich klanglich an bedeutenden Jazzmusikern wie Miles Davis, Freddie Hubbard oder Clifford Brown. Aber er sieht sich selbst nicht ausschließlich als Jazztrompeter. "Ich möchte flexibel sein", sagt er. Jazz sei keine populäre Form von Musik. An den Niedergang des Jazz in Deutschland, wie er immer wieder beschworen wird, glaubt der Trompeter nicht. Doch der elitäre Anspruch vieler Musiker mache die entscheidende Kommunikation mit dem Zuhörer schwierig. Genau diese Interaktion mit dem Publikum ist Wittmann aber wichtig. Es geht ihm vor allem darum, Menschen mit seiner Musik zu unterhalten. Deshalb ist es kein Zufall, dass Wittmann seit einiger Zeit bei der Münchner Reggae-Band Jamaram spielt. Denn die Musiker sind für ihre mitreißenden Konzerte bekannt. Vorher war er lange Mitglied der Dachauer Funkband Orange Fizz. Doch bei allem Erfolg: Im Moment kommt der junge Musiker an einen Punkt, an dem er merkt, dass er Prioritäten setzen muss. 60 Konzerte hat er in den vergangenen fünf Monaten gespielt, dazu kommen die Proben und das Üben zu Hause. "Ich muss ein gesundes Mittelmaß finden", sagt der Dachauer. Jamaram hat Vorrang, und Wittmann möchte eigene Projekte vorantreiben. Mitte April feierte sein neues Jazzsextett Storycity in der Dachauer Kultur-Schranne vor mehr als 100 Zuhörern erfolgreich Premiere.

Diese Konzerte in vertrauter Umgebung sind für den Trompeter etwas Besonderes. Es sind sehr persönliche Auftritte vor Familie, Freunden und Bekannten. "Feste Bezüge sind mir wichtig", sagt er. "Wenn man häufig unterwegs ist, verliert man sehr schnell viele Kontakte." Das beschäftigt den 20-Jährigen, macht ihn nachdenklich. Aber wenn Maximilian Wittmann mit seiner Trompete auf der Bühne steht, ist es schnell zurück, dieses tiefe Gefühl von Freude und Glück. Dann ist der Glanz in seinen Augen wieder da. Und er weiß, dass sich alle Mühen gelohnt haben.

© SZ vom 05.06.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: