Jugend- und Elternberatung:Kompetente Krisenmanager

Lesezeit: 3 min

Susanne Frölian, Daniela Zimmer und Christina Mesarosch (von links) helfen überforderten Familien. (Foto: Toni Heigl)

Wie die Jugend- und Elternberatung der Caritas Familien hilft, Konflikte zu bewältigen und Probleme zu lösen. Im vergangenen Jahr holten sich mehr als 500 Ratsuchende im Landkreis Unterstützung

Von Petra Schafflik, Dachau

Babys, die nächtelang durchschreien. Kleinkinder, die sich in der Krippe nicht eingewöhnen können. Schüler, die im Unterricht versagen. Jugendliche, die ihr Smartphone keine Minute mehr weglegen. Die Sorgen, mit denen sich Eltern an die Jugend- und Elternberatung der Caritas wenden, sind vielfältig. Doch egal, welches Problem eine Familie gerade belastet: Das siebenköpfige Team aus Psychologen und Sozialpädagogen steht bereit, um kurzfristig kompetente Unterstützung zu bieten. "Kinder aufzuziehen, ist nicht immer easy und locker, da kommen viele Herausforderungen auf die Eltern zu", weiß die Leiterin der Fachstelle, Susanne Frölian. Für 501 Familien im Landkreis waren diese Herausforderungen im vorigen Jahr so groß, dass sie um Hilfe anfragten. Ein Dauerbrenner bei den Beratungs-Anlässen sind Konflikte im Zusammenhang mit Trennung oder Scheidung der Eltern. "Bei der Hälfte unserer Fälle spielt dieses Thema eine Rolle."

Entlang einer fiktiven Lebenslinie hat Susanne Frölian chronologisch die Krisen aufgereiht, die Eltern beim Aufwachsen ihrer Kinder durchleben können. Oft sind es vordergründig normale Entwicklungsschritte, die sich durch zusätzliche Belastungen oder äußere Krisen in manchen Familien zum Problem entwickeln. Wenn nach einer traumatischen Geburt das Baby stundenlang schreit, der Vater aber die ganze Woche auf Montage ist und auch sonst jede familiäre Unterstützung fehlt, kann die junge Mutter rasch in eine Ausnahmesituation geraten. Umso wichtiger, dass die spezialisierte Schreibaby-Beratung, die qualifizierte Kräfte der Elternberatung anbieten, dann rasch zur Stelle ist. Wichtig sei es, die Mütter aufzubauen und zu stärken, betont Sozialpädagogin Christina Mesarosch. Gerade die Beratung junger Familien gewinnt offenbar an Bedeutung. Die Anfragen "entwurzelter" Eltern, die im Landkreis weit weg von ihrer Herkunftsfamilie leben und deshalb im Krisenfall nicht auf ein soziales Netzwerk zählen können, nehmen zu, sagt Mesarosch.

Auch andere gesellschaftliche Entwicklungen führen dazu, dass "normale" Herausforderungen in die Krise führen. Dazu zählt der finanzielle Druck, unter dem viele Eltern im Landkreis stehen. "Weil das Leben in der Region so teuer ist, brauchen viele Familien zwingend zwei Einkommen, die dann oft trotzdem kaum reichen", sagt Susanne Frölian. Auch die Wohnungsnot hat Folgen für das Zusammenleben in den Familien. Da sind einerseits die jungen Eltern, die mit einem oder zwei Kindern immer noch in einer kleinen Junggesellenbude hocken, weil eine großzügige Wohnung einfach nicht zu finden ist. Die Spannungen im Familienalltag sind angesichts der beengten Verhältnisse dann programmiert. Andererseits gibt es die jungen Leute, die sich auf dem Grundstück der Eltern ein Haus bauen und damit nicht das große Los gezogen haben, sondern ein Leben im Dauer-Streit der Generationen. "Diese Fälle häufen sich", erklärt Psychologin Daniela Zimmer. Die Folgen dieser innerfamiliären Konflikte sind für den Nachwuchs nicht banal. "Dauerhafte Spannungen bereiten Kinder so einen Stress, dass sie sich nicht gut entwickeln können", betont Zimmer. Die Wohnsituation können auch die Caritas-Berater nicht ändern. Dennoch gelingt es meist mit Tipps zu neuen Verhaltensstrategien, ein wenig mehr Ruhe in den Familienalltag zu bringen.

Erfreulich ist für das Beratungsteam, dass sich zunehmend Jugendliche aus Eigeninitiative melden. Diese jungen Ratsuchenden brauchen meist Unterstützung bei Konflikten mit den Eltern rund ums Thema Grenzen und Freiräume. Oder holen sich Unterstützung in Konflikten mit Gleichaltrigen, mit ihrer Peergroup. Die sozialen Medien machten Mobbing und Ausgrenzung anonym und einfach möglich, viele Jugendlichen wollen ihre Eltern hier aber nicht zu Rate ziehen, erklärt Frölian. Die Experten der Beratungsstelle sind persönlich, aber auch online, kurzfristig ansprechbar. "Jugendliche erhalten bevorzugt einen raschen Termin."

Weil Trennung und Scheidung so viele Familien belasten, hat die Jugend- und Elternberatung spezielle Angebote konzipiert. Schon länger läuft eine Freizeitgruppe für Kinder aus Trennungs- und Scheidungsfamilien. "Gegenseitig sind die Kinder sich eine wichtige Stütze in dieser besonderen Lebenssituation", sagt Daniela Zimmer. 2017 soll das Programm "Kinder im Blick" starten. Ziel ist es, die Aufmerksamkeit der getrennt lebenden Eltern anders zu lenken, weg vom Streit, den die Erwachsenen miteinander führen, hin zur Lebenssituation ihres Kindes. Damit folgt der Kurs der Strategie, die allgemein die Arbeit der Beratungsstelle prägt: Im Fokus, so Frölian, "steht nicht die Suche nach Schuld oder Fehlern, sondern die gute Beziehung zwischen Eltern und Kind."

© SZ vom 05.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: