Jubiläum von "Dahoam is Dahoam" :Lansinger Heimatgefühle

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12 000 Fans feiern in dem fiktiven Dorf an der Schleißheimer Straße in Dachau das zehnjährige Bestehen der Daily Soap. Die Stadt übersteht den Ansturm mit Gelassenheit und freut sich über den friedlichen Verlauf des Festes

Von Jana Rick, Dachau

Ein Menschenstrom in Tracht - so kennt man es von der Münchner Hackerbrücke während der Wiesnzeit. Nicht jedoch aus Dachau. Doch genau so konnte man es am Samstag am Dachauer Bahnhof beobachten: Die Züge der S 2 spucken eine gut gelaunte Menschenmenge aus, die sich dann schnellen Fußes in Richtung der Bushaltestellen bewegt. Wer an dieser Stelle immer noch ratlos ist, dem fehlt vielleicht das entscheidende Stichwort: "Dahoam is dahoam". Auch diesen Samstag war es wieder soweit, 12 000 Fans der Daily Soap des Bayerischen Rundfunks überfielen Dachau. Dieses Mal sogar zu einem besonderen Anlass, denn die Serie wird zehn Jahre alt. Am Fantag wächst die Bevölkerung der Großen Kreisstadt Dachau um fast ein Viertel ihrer Einwohnerzahl.

Diesen Ansturm von Besuchern sähen das städtische Tourismusbüro und die einheimische Gastronomie gerne auch an anderen Tagen - aber er gilt eben nicht den Dachauer Sehenswürdigkeiten, sondern dem Drehort der Serie um das fiktive Dorf Lansing in der Schleißheimer Straße. Am Sonntag berichtet die Polizei von einer "absolut störungsfreien" Veranstaltung. Dies sei nicht zuletzt den routinierten Organisatoren und Sicherheitskräften zu verdanken. "Auch die Verkehrsstörungen hielten sich in einem erträglichen Ausmaß", teilt Pressesprecher Roland Itzstein, Polizeihauptkommissar, mit. An den Bushaltestellen bildeten sich zwar lange Schlangen, aber die Leute warteten geduldig auf den nächsten Bus.

"Alle Lansinger bitte aussteigen!"

Endlich angekommen, ruft eine Mitfahrerin gut gelaunt: "Alle Lansinger bitte aussteigen!" Lansing, das fiktive Dorf der erfolgreichen BR-Serie ist ein typisch bayerisches Dorf mit Brauerei, Dorfplatz, Maibaum und Wirtshaus. Am Filmdorf heißt es jedoch wieder warten. Hunderte von Fans stehen Schlange, denn wie auch im vergangenen Jahr werden am Eingang Taschenkontrollen vorgenommen. Das vom Bayerischen Rundfunk engagierte Sicherheitsteam hat alle Hände voll zu tun und versucht die ankommenden Autos umzuleiten. Denn Parkplätze sind in der Gegend längst nicht mehr zu finden. Ein Anwohner steht neben der langen Warteschlange und schüttelt ungläubig den Kopf. Die Produktionsteams des BR ist er gewohnt, fünf Tage die Woche drehen sie neue Folgen direkt vor seinem Haus. "In der Früh fahren 100 Autos rein, am Abend 100 Autos wieder raus", erklärt er. Doch zu diesem Trubel sagt er nur: "kein Kommentar".

Hinter der Absperrung ist Einiges geboten. Das sonst unbewohnte Lansing platzt aus allen Nähten. Der BR hat sich ein beeindruckendes Programm für den besonderen Tag überlegt, von Kinderschminken und "Fensterln" bis zu einer Bauchrednershow von Schuhbecks teatro ist alles geboten. Und natürlich sind auch Studioführungen möglich. Ein buntes Zirkuszelt und ein Zirkuswagen verraten, um welches Motto es sich dieses Mal handelt. "Zauberwelt Lansing" heißt es zum Jubiläum, angelehnt an einer Folge der Serie, in der die Lansinger versuchen, ein Zirkusprogramm auf die Beine zu stellen. Und so kommt es auch, dass die Schauspieler an diesem Fantag nicht als Wirt, Pfarrer oder Apotheker zu erkennen sind, sondern plötzlich als Clowns und Artisten durch das Dorf laufen.

"Es ist ein schönes Gefühl, so viele Autogramme zu schreiben"

Für die Fans ist das kein Problem, sie erkennen jeden. Der Autogrammstand ist ein Muss für alle Besucher; drängelnd versucht jeder, ein Autogramm seines Idols zu ergattern. Diese wiederum freuen sich über den Andrang und signieren fleißig ihre Kärtchen. Unter ihnen ist auch Dennis Hofmuth im blau karierten Hemd. Der blonde Junge spielt den Lausbua Pauli und sagt stolz: "Es ist ein schönes Gefühl, so viele Autogramme zu schreiben."

Ein mittlerweile geübter Autogrammschreiber ist Tommy Schwimmer, der seit der ersten Folge den Florian der Brunnerfamilie verkörpert, den "Flori", wie sie ihn nennen. Er ist den Trubel gewohnt und ruft seinen Fans zu, sie sollen doch alle mal ein wenig "entspannter stehen". Für ihn ist es eine "Riesengaudi" seinen Fans gegenüber zu sitzen und so nah zu sein. Neben ihm sitzt Michael Gerstl, im "echten Leben" Gerd Lohmeyer. Er ist als Clown verkleidet und stöhnt lachend: "Mir tut schon das Handgelenk weh."

Ein wenig abseits vom Trubel sitzen Helmut und Bärbel im Biergarten. Die beiden sind bereits das sechste Mal in Lansing. Bärbel hat sich ein blaues Herzchentattoo von "Dahoam is dahoam" auf den Arm kleben lassen. Von ihrem ersten Besuch hat sie das kleine Teddybärchen, das an ihrem Rucksack baumelt. Die beiden haben keine Folge verpasst, "und wenn ich mal nicht daheim bin, dann nehme ich es natürlich auf", erklärt Bärbel.

Bratwürste und Popcorn

An der Serie gefällt ihnen, dass es "richtig familiär ist". "Keine von diesen Heimatschnulzen", betont Helmut. Die Stimmung ist gut an diesem Samstag, wie soll es auch anders sein, die Sonne strahlt mit den Besuchern um die Wette, der Himmel ist blau. Die Bayern 1-Band legt noch eins drauf und spielt "We are family". Die Dahoam-Family singt mit und klatscht vergnügt im Takt. Der Geruch von Bratwürsten und Popcorn liegt in der Luft, wie es sich für ein Dorffest eben gehört.

Die Schwestern Alina und Maja sind mit ihrer Mutter und ihren Großeltern aus Pfreimd in der Nähe von Regensburg angereist. Eineinhalb Stunden haben sie am frühen Morgen auf den Shuttlebus gewartet. Lieblingsschauspieler? "Die Kathi!", rufen die 13-Jährige und die Achtjährige im Chor. Beim "10 Jahre Lansing Quiz" können die beiden vermutlich alle Fragen beantworten. Die Frage "Wie alt ist 'Dahoam is dahoam' geworden?" kann noch jeder beantworten. Aber bei der Antwort auf eine andere Frage sind echte Fans gefragt: "Wie viele Hochzeiten gab es in zehn Jahren Dahoam is dahoam?".

Auch der schönste Tag vergeht einmal. Um 17.30 Uhr neigt sich das Spektakel dem Ende zu. Zusammen mit den Schauspielern schmettert die treue Fangemeinde zum Abschied noch den Titelsong der Fernsehserie. Auch Polizeisprecher Roland Itzstein blickt zufrieden auf den Tag zurück: "Aus polizeilicher Sicht war es eine rundum friedliche und gelungene Veranstaltung". Die Nachmittagssonne steht tief über Lansing, als die Besucher langsam das Festgelände verlassen und nach Hause streben. Nächstes Jahr werden sie wieder kommen - in ihre zweite Heimat.

© SZ vom 16.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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