Jubiläum:Ein SPD-Urgestein

Lesezeit: 1 min

Manfred Vielberth war nicht immer einer Meinung mit seinen Genossen - aus der Partei ausgetreten ist er nie. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Manfred Vielberth, jahrelang Kreisvorsitzender, wird 90

Von Walter Gierlich, Dachau

"Eine Partei, für die Otto Wels gegen das Ermächtigungsgesetz gestimmt hat, verlässt man nicht so einfach." Das sagte Manfred Vielberth einmal, als er begründete, warum er nach schweren Enttäuschungen und Streitereien dennoch Mitglied der SPD geblieben ist. Vielberth, der an diesem Donnerstag seinen 90. Geburtstag feiert, berief sich bei seiner Aussage auf den SPD-Vorsitzenden Wels, der 1933 den Nazis vor der Abstimmung im Reichstag in der letzten freien Rede entgegenhielt: "Freiheit und Leben kann man uns nehmen, aber die Ehre nicht." Wegen solcher Vorbilder trat Vielberth 1965 in die SPD ein. Aktueller Anlass dafür war seinerzeit eine Plakataktion der Jungen Union gegen den damaligen SPD-Kanzlerkandidaten Willy Brandt. Die CSU-Nachwuchsorganisation versuchte nämlich, Brandt wegen dessen Einsatzes gegen Hitler im Exil zu diskreditieren.

Geboren wurde Vielberth in Floß in der Oberpfalz. Auf Umwegen führte ihn sein Lebensweg über Hannover, Wetzlar und Cham letztlich nach Dachau. Hierher zog er, als er während seiner Stationierung bei der Bundeswehr in München das Angebot einer günstigen Eigentumswohnung in der Großen Kreisstadt erhielt. Als Berufssoldat wurde er von seinen Vorgesetzten wegen des politischen Engagements bisweilen durchaus kritisch beäugt. In den Siebzigerjahren machte er kommunalpolitisch Karriere, wurde Kreisvorsitzender seiner Partei sowie Stadt- und Kreisrat. Doch 1984 kapitulierte er vor dem Aufstieg Hans Hartls, der damals zum starken Mann der Dachauer SPD aufstieg und sie innerhalb weniger Jahre in ein vorher nie erlebtes Tief führte. Vielberth legte alle Ämter nieder und ging auf kritische Distanz zu den Genossen, blieb aber bis heute Parteimitglied.

Danach widmete er sich anderen Leidenschaften, zum Beispiel als Naturschutzwächter den Amperauen, als überzeugter 1860-Fan der Sorge um seine "Löwen". Und nicht zuletzt der SZ: In Zeiten vor Internet und elektronischer Informationsübermittlung war er von 1990 bis 2000 unverzichtbarer Bote für die Dachauer Redaktion, für die er unter anderem täglich die aktuellen Fotos nach München brachte. Außerdem versorgte er als gut vernetzter Dachauer das Redaktionsteam mit Neuigkeiten, die den Lesern sonst verborgen geblieben wären.

© SZ vom 08.10.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: