Jazz-Trio:Sanftmütiger Instrumentalgesang

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Pastellige Klangfarben: das "Samuel Blaser Trio" mit Samuel Blaser (Posaune) Peter Bruun (Schlagzeug) und Marc Ducret (Gitarre). (Foto: Toni Heigl)

Das Samuel Blaser Trio gibt beim Jazz e.V. in der Dachauer Kulturschranne ein ungewöhnlich leises, aber zauberhaftes Konzert

Von Andreas Pernpeintner, Dachau

Man könnte diesen Text damit beschließen, dass sich - bei allem Applaus der anwesenden Jazzgemeinde - das Konzert des Samuel Blaser Trios beim Jazz e.V. in der Kulturschranne irgendwann kurz vor dem Zieleinlauf erschöpft hatte - schlicht und einfach, weil man nun wirklich alles mehrfach gehört hatte, was die drei Herren an diesem Abend stilistisch zu bieten haben. Doch es ist besser, die Kritik rasch abzuhandeln. Dieses Konzert hat es nicht verdient, in der Nachbesprechung mit einem Misston zu enden, denn es ist ein wirklich zauberhaftes Konzert gewesen. Zauberhaft, was die Klangfarben und die Dynamik betrifft: Dass eine Darbietung beim Jazz e.V. auf derart exquisite Weise leise ist, kommt nicht oft vor - und das, obwohl die Musik von enormer Ereignisdichte ist. Sicherlich, es gibt die eine oder andere kontrollierte Eruption, kräftig staccatierte Repetitionen, die zwischendurch stilistische Härte heraufbeschwören, doch meistens erkunden die Musiker (Samuel Blaser an der Posaune, Marc Ducret an der E-Gitarre und Peter Bruun am Schlagzeug) einen geradezu besonnen fließenden Schönklang.

Dass sich ein solcher einstellt, ist erstaunlich. Eigentlich ist die Musik dieses Trios durch und durch dissonant, geräuschhaft, harmonisch ausgesprochen scharf. Und doch sind diese Merkmale stets behutsam abgewogen. Wenn Blaser mit Bedacht den Schalldämpfer an den Trichter seiner Posaune hält, bewirkt das ein so schillerndes Klangspektrum, dass sich selbst kantige Melodik zu einem farbig sanftmütigen Instrumentalgesang entwickelt. Wenn Ducret die Obertonschwingungen seiner Gitarre anregt, erzeugt er wunderschöne, pastellene Helligkeit, leicht, licht. So entstehen Farbenwunder von großer Transparenz. Diese Merkmale der Musik sind feinsinnig erdacht und - die Musiker haben Noten auf ihren Pulten - kompositorisch festgehalten.

Hinzu kommt eine frappierende musikantische Qualität: Das Zusammenspiel der drei Musiker ist ungemein detailliert und von maximaler gegenseitiger Aufmerksamkeit geprägt. Kaum eine Komposition, die ohne ein perfekt koordiniertes, geschwindes Unisono der Instrumente als gliederndes Strukturelement auskäme. So blitzsauber wie vom Samuel Blaser Trio muss das erst einmal dargeboten werden. Hebt Blasers Posaune oder Ducrets Gitarre dann zu einer solistischen Passage an, wird die jeweils andere Stimme so stark wie möglich zurückgenommen, oft auf ein spartanisches, aber gerade deshalb prägnantes Ostinato reduziert. Das ist höchste Spielkultur. Damit wäre man bei der Virtuosität dieses Trios - und damit nicht nur bei Ducrets stupender Fingerfertigkeit an den Gitarrensaiten, sondern vor allem bei Bruuns Schlagzeugspiel. Was er präsentiert, ist bemerkenswert: Den Kopf stets zur Seite gewandt, erschafft er mit Besen oder Sticks feingliedrigste Ereignisteppiche. Im Grunde ergibt das nie einen erkennbaren Groove, zu nah bewegt sich Bruun am melodischen Spiel der Kollegen, zu eng ist er in deren motivisch-rhythmische Interaktion eingebunden, zu sehr ist alles an seinem Musizieren darauf bedacht, auch nur den Anschein zu vermeiden, er würde eines seiner Patterns (sofern es solche sind) unmittelbar wiederholen. Und dennoch entsteht dabei ein musikalischer Puls - eine Art hochpräzises, bewusstes, zielgerichtetes Stolpern. Das ist subtil erdacht und als Konzerterlebnis ungemein spannend.

© SZ vom 20.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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