Improvisation:Theater zum Mitmachen

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Das Programm von Karin Krug, Monika Esser-Stahl und Simon Macker (von links) ist überraschend, gelegentlich sogar kurios bis absurd. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Das Münchner Ensemble "Fastfood Theater" baut Vorschläge aus dem Publikum in sein Konzept ein

Von Nicole Lamers, Dachau

Im ausverkauftem Saal der Kulturschranne boten drei Künstler des Münchener Ensembles "Fastfood Theater" den Zuschauern am Samstagabend ein kurzweiliges Programm, bei dem die Besucher aber nicht nur zuschauen durften, sondern immer wieder auch selbst gefragt waren. Karin Krug, eine Mitbegründerin des Improvisationstheaters, und ihre Kollegin Monika Esser-Stahl forderten stets viele Stichworte und Vorschläge für die jeweils nächste Szene.

Was die beiden, musikalisch von Simon Mack am Klavier begleitet, dann daraus machten war immer wieder überraschend, mitunter kurios bis leicht absurd. Wer hat beispielsweise schon einmal davon gehört, dass ein Hemd während des Bügelns spontan die Farbe wechselt? Obwohl die Schauspielerinnen den Abend nicht völlig konzeptfrei gestalteten, war deutlich spürbar, dass tatsächlich viel Improvisation darin steckte, wie sich die einzelnen Szenen letztendlich entwickelten. Und ab und an schlich sich auch das ein oder andere Missverständnis ein, etwa bei der pantomimischen Saunaszene, als nicht ganz klar war, wo denn nun drinnen und wo draußen sein soll.

Die Künstlerinnen arbeiteten fast ohne Requisiten. Mehr als zwei Stühle waren aber auch nicht nötig um auf der Bühne das vom Publikum als Kulisse gewünschte Wartezimmer eines Zahnarztes entstehen zu lassen. Die beiden Patientinnen könnten unterschiedlicher nicht sein: eine modebewusste Dame wartet sichtlich entspannt auf ihr Bleaching während ihre Sitznachbarin sich die schmerzende Wange hält. Sie hat ohnehin schon Angst vor dem Zahnarztbesuch, worauf ihr allerdings hilfreich versichert wird, dass der Arzt schon ganz in Ordnung sei, endend mit den Worten: "Bloß sollten Sie sich keine Spritze geben lassen, das kann er gar nicht! Er ist immer so neben dem Nerv unterwegs, ist ja auch ein Weg". Das beruhigt die geplagte Dame so sehr, dass sie sich schließlich von der mitteilungsbedürftigen Mitwartenden behandeln lässt. Am Ende ist der Zahn tatsächlich erfolgreich gezogen.

Solche alltagstauglichen Themen kamen beim Publikum gut an, ebenso dass die Künstlerinnen sehr auf das zum großen Teil aus Dachau stammende Publikum eingingen. Beispielsweise, indem sie sich nach lokal aktuellen Themen erkundigten und sich im Zuge dessen in einer Szene mit dem Abriss der ehemaligen Papierfabrik beschäftigten. Gerade beim jüngeren Publikum kamen jedoch die von Slapstick geprägten Passagen des Abends am besten an. Der Grenze zur absoluten Albernheit am nächsten waren dabei sicherlich die drei Varianten des Dialogs zwischen Hund und Herrchen. Einer ungestümen Aufbruchsszene zum Gassigehen folgte eine Version in Moll, in der der "fette, lethargische Mops Resi" von seinem jähzornigen Frauchen einfach nicht vor die Tür zu bewegen ist. "Ich hätte doch den Hamster nehmen sollen", stellt die Hundebesitzerin genervt fest.

Das Konzept der Künstlerinnen, das abwechslungsreich und auf eine vielfältige Zuhörerschaft ausgerichtet war, sorgte für eine ausgelassene Stimmung in der Kulturschranne. Dafür sorgten schon allein die vielen Ideen mithilfe derer Krug und Esser-Stahl die Zuschauer gewissermaßen durch den Abend leiteten. Dennoch blieb der Improvisationscharakter erhalten und die Zuschauer konnten ihre eigene Kreativität einbringen.

© SZ vom 13.01.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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