Im Paragraphen-Dschungel:"Da wiehert der Amtsschimmel"

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Hebertshausen will für die Sicherheit der Fußgänger eine dritte Ampel - das lassen die Verkehrsvorschriften aber nicht zu

Von Petra Schafflik, Hebertshausen

Auf der viel befahrenen Freisinger Straße rauschen täglich 17 000 Fahrzeuge durch Hebertshausen. Die Durchgangsstraße ist wegen des starken Verkehrs für Fußgänger oder Radler schwer zu überqueren. Seit mehr als 30 Jahren gibt es daher zwei Ampeln, die Passanten bei Bedarf aktivieren können. Weil das Dorf wächst, will der Gemeinderat kurz vor dem Ortsausgang eine dritte Signalanlage installieren. Auf eigene Kosten, die Sicherheit der Bürger ist den Kommunalpolitikern 70 000 Euro aus dem Gemeindesäckel wert. Nur: Verwaltungsvorschriften lassen eine dritte Ampel nicht zu, wo zwei seit vielen Jahren für Sicherheit sorgen.

Nach heutiger Rechtslage wären die bestehenden Ampeln gar nicht möglich, mussten sich die verdutzten Gemeinderäte von Karl-Heinz Krem, Leiter der zuständigen Straßenverkehrsbehörde des Landkreises, sagen lassen. Die Gemeinde kann nicht einfach nach Gusto eine Ampel aufstellen. Voraussetzung dafür ist eine verkehrsrechtliche Anordnung durch die zuständige Verkehrsbehörde. Doch Krem darf ein Lichtsignal nur anordnen, wenn die Vorgaben der geltenden Richtlinie R-GFÜ eingehalten sind. Dafür müssen bei einer Verkehrszählung in der Spitzenstunde mindestens 50 Passanten die Fahrbahnseite wechseln. Wird diese Kennzahl erreicht, so Krem, baut das staatliche Straßenbauamt die Ampel, die Gemeinde muss nicht selbst in die Tasche greifen. Bleibt die Fußgängerzahl darunter, ist eine Ampel nicht möglich. Auch nicht auf eigene Kosten der Gemeinde. In Hebertshausen wird die Schwelle wohl nicht erreicht.

Eine starre Vorgabe, klagte Bürgermeister Richard Reischl (CSU), "unverständlich und den Bürgern nicht zu vermitteln". Auch wenn weniger Bürger passieren, sei doch jeder einzelne gefährdet. Ungewohnt massiv erhob sich dann Protest im Gemeinderat. Der Richtwert von 50 Passanten sei vermutlich auch bei der Installation der beiden bestehenden Ampeln nie erreicht worden, monierte Andreas Schaller (CSU). "Aus heutiger Sicht hätten diese Ampeln wohl nicht errichtet werden dürfen", klärte Krem die Räte auf. Die Richtlinie, die 2001 erlassen wurde, gab es damals noch nicht. "Da wiehert der Amtsschimmel", kommentierte Schaller. Die Verkehrssicherheit müsse doch Vorrang haben, forderte SPD-Fraktionssprecherin Marianne Klaffki. Simon Wallner (CSU) verlangte eine "Sonderstellung", weil die Staatsstraße Hebertshausen durchschneide. "Wir haben doch die Verpflichtung, die Bürger sicher über die Straße zu bringen." Wallner rief deshalb nach einer politischen Lösung. Und FW-Fraktionssprecher Martin Gasteiger fragte: "Wen machen wir verantwortlich, wenn etwas passiert?"

Erlaubt wäre der Bau einer "Querungsinsel" für die Fußgänger. Weil aber die Straße dafür verbreitert, wegen der Bushaltestellen auch verschwenkt werden müsste, lägen die Baukosten der Gemeinde bei 210 000 Euro. Als praktikable Lösung schlug Krem den Räten einen Schulweghelfer-Übergang vor. "Damit erreichen wir nur einen kleinen Teil der schutzbedürftigen Fußgänger", monierte Klaffki. Auch Erwachsene müssen über die Straße, weil der Bus nach Dachau auf der nördlichen Seite hält. Dort verläuft der einseitige Radweg nach Ampermoching, auf dem gerade auch Senioren zum einzigen Supermarkt der Gemeinde unterwegs sind.

Der Gemeinderat beschloss einstimmig, eine Ampel zu beantragen. Die Verkehrsbehörde veranlasst dann eine Verkehrszählung. Parallel sollen Schulweghelfer gesucht werden. Falls die Ampel nicht kommt, soll ein Lotsenübergang eingerichtet werden. "Alles ist besser als bisher", betont Reischl.

© SZ vom 01.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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