Hochwasserschutz in der Kreisstadt:"Uns drückt der Schuh jetzt"

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Den Anwohnern in Dachau-Süd dauert es viel zu lange, bis der geplante Hochwasserschutz an Amper und Gröbenbach umgesetzt wird. Auf der Bürgerversammlung kochen die Emotionen hoch

Von Petra Schafflik, Dachau

Die Bürgerversammlung als traditionelle Informationsveranstaltung hat offenbar auch im digitalen Zeitalter ihre Berechtigung. War bei den ersten drei Veranstaltungen in der Stadt noch so mancher Stuhl leer geblieben, drängten sich am Montagabend in Dachau-Süd gut hundert Anwohner im voll besetzten Theatersaal. Heiß diskutiert wurde nach dem üblichen Bericht von Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD) der geplante Hochwasserschutz an Amper und Gröbenbach. Die Konzepte für Dämme und Flutmulden, die Josef Höschl und Carsten Esser vom zuständigen Wasserwirtschaftsamt erläuterten, gefallen nicht allen Bürgern. Vor allem geht es den Flut-Gefährdeten nicht schnell genug. Wenn vom Baubeginn 2021 an der Amper und 2023 am Gröbenbach die Rede ist, fürchten die Bürger, dass ihre Anwesen bis dahin noch mehrmals überschwemmt werden. "Wir brauchen kurzfristige Maßnahmen", forderte Gröbenbach-Anlieger Horst Kapfhammer unter dem Applaus der Versammlung.

"Wir sind jährlich vom Hochwasser bedroht"

Wer nach einer Flut schon einmal brackig-braune Brühe aus Keller oder gar Wohnung geschöpft, danach die muffig stinkenden Räume mühsam gereinigt hat, versteht die emotionale Diskussion. Und die Sorgen der Betroffenen. Am Gröbenbach steige der Wasserstand seit dem Jahr 2000 bei Starkregen stets rasch und schnell, siebenmal sei seither der amtliche Pegel massiv überschritten worden, sagte Kapfhammer. "Wir sind jährlich vom Hochwasser bedroht." Um die Anlieger am Gröbenbach zu schützen, plant das Wasserwirtschaftsamt eine Flutmulde, die vom Gröbenbach nördlich in Richtung Im Lus verläuft. Zweite Variante wären Deichbau plus Weg-Erhöhung in Gröbenried. Die Entscheidung für eine der Alternativen wird 2018 fallen, nach dem Planfeststellungsverfahren könnte 2023 Baubeginn sein. Das dauert den Betroffenen zu lange. Kurzfristig müssten Engstellen im Wasserlauf beseitigt, unterschiedlich hohe Böschungen angeglichen, und das Bachbett gesäubert werden, forderte Kapfhammer. "Das Problem ist die Engstelle in der Stadt, uns drückt der Schuh jetzt." Tatsächlich werde der Gröbenbach durch private Uferbefestigungen ungünstig verengt, so Höschl. Aber die Eigentümer seien nicht bereit, "ein paar Quadratmeter Garten" abzutreten, damit der Wasserlauf geweitet werden könne.

"Sie sind ein Prediger, wir brauchen Lösungen"

Grundsätzlich kritisch sieht Peter Fuß die Arbeit des Wasserwirtschaftsamts. Denn als Grundlage für den Hochwasserschutz werden von der Behörde potenzielle Überschwemmungsgebiete kartiert. Entlang der Amper liegen danach große Teile von Dachau-Süd im hochwassergefährdeten Areal. Diese Festsetzung "hat erhebliche rechtliche Auswirkungen", schimpfte Fuß, der als Anwohner im Lus betroffen ist. Eine Elementarschutzversicherung werde durch die Kartierung immens teuer. "Und die Immobilie verliert an Wert." Auch müssten Betroffene innerhalb von zwei Jahren Öltanks hochwassersicher umrüsten. Sobald der geplante Hochwasserschutz nach 2021 greife, werde die jetzt zwingende Umrüstung überflüssig. "Wir sehen uns als Bauernopfer", schimpfte er. Doch die Ausweisung von Überschwemmungsgebieten sei gesetzlicher Auftrag, "wir können da nicht aus" erklärte Höschl, dessen bedächtig vorgetragene Erläuterungen nicht alle überzeugten. "Sie sind ein Prediger, wir brauchen Lösungen", rief ein Zuhörer erbost. Statt aufwendiger Konzepte müsste an der Amper der bestehende sogenannte Sommerdamm erhöht und vor allem saniert werden. Die für die Flussverbauung zuständigen Stadtwerke kümmerten sich aktuell um die Dammbefestigung, informierte OB Hartmann.

Auch die gepflasterten Schwellen im Ascherbachweg erregen Unmut

Neben dem Hochwasserschutz treiben die Bürger noch andere Themen um: Gundi Pfeiffer missfällt, dass der neue Citybus nur zwei Sitzplätze in Fahrtrichtung hat. Gebhard Kottmair regte an, in der Hermann-Stockmann-Straße eine Bushaltestelle auf Höhe der Prinz-Adalbert-Straße zu installieren, damit Patienten des Medizinischen Versorgungszentrums auf kurzem Weg dort Richtung Dachau-Süd einsteigen können. Josef Heitmeier forderte, die gepflasterten Schwellen im Ascherbachweg zu entfernen. "Das ist nachts ein Geschepper, furchtbar." Tatsächlich sei der Umbau noch heuer geplant, informierte der OB. Siegfried Eichinger beklagte zunehmenden Verkehr im Viertel. Dachau-Süd brauche eine leistungsfähige Verbindung zur Münchner Straße. Ralf Leffler fragte, warum bei der Entwicklung des MD-Geländes nichts vorwärtsgeht, "bis noch der Investor abspringt". Willibald Walz lobte die markierte Radlspur an der Münchner Straße zwischen Bahnhof- und Hermann-Stockmann-Straße. Dieser Schutzstreifen sollte in beide Richtungen verlängert werden. Für die Altstadt wünscht sich Walz eine Fußgängerzone. "Man sollte nicht immer auf die alten Eigentümer in der Stadt hören, sondern vorangehen."

© SZ vom 20.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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