Heimatgeschichte:Erdwegs Schmuckstücke

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Petersberg, Tafernwirtschaft und Heckenlabyrinth: In einer Broschüre präsentiert die Gemeinde ihre Sehenswürdigkeiten.

Von Benjamin Emonts, Erdweg

Ob historische Tafernwirtschaft, römische Basilika oder Geburtshaus eines bekannten Bischofs und Widerstandskämpfers: In der Gemeinde Erdweg im Landkreis Dachau gibt es kulturell einiges zu sehen. Um das auch nach außen hin zu kommunizieren, hat die Gemeinde mit Hilfe der Dachauer Heimatpflegerin Birgitta Unger-Richter nun einen Kultur-Flyer herausgegeben. Er zeigt auf 16 Seiten die geschichtsträchtigen Bauten und Denkmäler der Gemeinde und liefert gleichzeitig die wichtigsten Daten zu den circa 40 Sehenswürdigkeiten.

In den vergangenen 20, 30 Jahren mussten viele historische Bauten im Landkreis dem Siedlungsdruck weichen. In der Gemeinde Erdweg aber stehen glücklicherweise noch einige davon. Die Gemeinde zählt heute 18 Ortsteile und ungefähr 6000 Einwohner. In ihrer jetzigen Form besteht sie seit dem Jahr 1972, als sich die zuvor selbständigen Gemeinden Großberghofen, Kleinberghofen, Eisenhofen, Welshofen und Unterweikertshofen freiwillig zusammengeschlossen hatten und Erdweg zum gemeinsamen Verwaltungssitz erklärten. Die zahlreichen geschichtsträchtigen Stätten stiften bis heute eine große Identifikation der Bürger mit ihren Dörfern. Auf ihre ehrenamtliche Initiative hin wurden schon mehrfach denkmalgeschützte Gebäude saniert. In Großberghofen gründeten die Bürger ein Heimatmuseum, das nach dem Großberghofener Schuhmacher und Sammler Simon Hutter benannt wurde.

Zu den Aushängeschildern der Gemeinde zählt zweifelsohne die historische Tafernwirtschaft im Ortszentrum von Erdweg. Sie ist eines der ältesten und bedeutendsten weltlichen Gebäude des gesamten Landkreises. Im Jahr 1468 wurde die Tafernwirtschaft, die an einer alten Römerstraße liegt, erstmals schriftlich erwähnt. Sie war in jeder Hinsicht der Mittelpunkt des Ortes - hier rasteten Reisende, wurden Feste gefeiert oder Pferde und Nachrichten gewechselt. Münzen tauschte man gegen Proviant und Bier, gegen Dienstleistungen oder die Erlaubnis, über die Brücke gehen zu dürfen, die sich über die Glonn spannte. Auf Initiative einer Interessengemeinschaft aus Bürgern wurde das Wirtshaus in den vergangenen Jahren aufwendig restauriert. Historische Fresken oder der große Tafernsaal unter dem frei gelegten Dachstuhl machen das Gebäude mittlerweile zu einer Mischung aus Wirtshaus und Museum. Und aus der Hintertür tritt man in einen schönen Biergarten.

Spuren der Römer

Die Römer haben ihre Spuren vor allem auf dem nahe gelegenen Petersberg hinterlassen. Die Basilika oben auf dem bewaldeten Hügel wurde 1107 geweiht und ist noch heute für viele Gläubige ein spiritueller Mittelpunkt. Sie ist eine der ältesten, noch erhaltenen Kirchen in der Diözese München-Freising und eine der wenigen Kirchen, die in ihrer romanischen Architektur weitestgehend unverfälscht erhalten sind. Außerdem sind auf dem Gelände noch Überreste einer mittelalterlichen Burganlage sichtbar, der Burg Glaneck.

Im Ortsteil Eisenhofen befindet sich das Geburtshaus des bekannten deutschen Bischofs und Widerstandskämpfers Johannes Neuhäusler (1988 bis 1973). Das Bauernhaus stammt aus dem 18. Jahrhundert und liegt an einer nach Neuhäusler benannten Straße. Der Bischof zählte zum Widerstand der katholischen Kirche gegen die Nationalsozialisten. Er wurde im Februar 1941 verhaftet und im KZ Sachsenhausen und später im KZ Dachau interniert. Im Mai 1945 wurde er nach vierjähriger Haft befreit und setzte seine theologische Laufbahn fort.

Wo der berüchtigte Räuber Kneißl zur Schule ging

Heimatgeschichte hat auch das alte Schulhaus in Unterweikertshofen geschrieben, das Gemeindebürger derzeit in Eigenregie restaurieren. In dem geschätzt 245 Jahre alten Gebäude ging einst der berüchtigte Räuber Kneißl zur Schule. Weit vor dessen Zeit gehörte das Alte Schulhaus einem gewissen Hofmarksherren namens Graf Max von Hundt, der unweit im Unterweikertshofener Schloss residierte. Im ehemaligen Klassenraum wird man heute bewirtet mit Brotzeit oder Bier. In der Stube sind historische Unterrichtsmaterialien wie ein Chemiekasten oder alte Landkarten ausgestellt, die die Bürger zusammengetragen haben. Aus architektonischer Sicht ist das denkmalgeschützte Gebäude wegen seines Mansardendaches interessant. Bei dieser für den Barock typischen Bauform sind die Dachflächen im unteren Bereich abgeknickt und haben eine deutlich steilere Neigung als im oberen Bereich. So gewann man Platz für mehr Räume unter dem Dach, die sogenannten Mansarden.

Für Hobby-Archäologen bietet sich ein Besuch des Grabhügels unweit des Petersbergs an, wo Nachbestattungen der römischen Kaiserzeit stattfanden. Von Erdweg nach Altomünster befindet sich ein zehn Kilometer langer "meditativer Wanderweg"; in der Nähe des Unterweikertshofener Schlosses ein Heckenlabyrinth. Erhältlich ist der Flyer bei der Gemeinde Erdweg oder im Zollhäusl in der Dachauer Altstadt. Für Münchner liegt er beim Infopoint der Landesstelle für nicht staatliche Museen aus.

© SZ vom 03.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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