Hebertshausen:Im Unruhezustand

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Im südindischen Perumanam ließ Otto Kanamüller im Jahr 2009 ein Heim für 40 Kinder errichten. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Seit Jahren engagiert sich Otto Kanamüller gegen die Armut in Indien - nun sucht er Jüngere, die seine Arbeit fortsetzen

Von Petra Schafflik, Hebertshausen

Weil das kleine Mädchen zu wenig Geld erbettelt hat, wurde es von der Mutter verstoßen. Polizisten fanden das Kind neben Bahngleisen und brachten die Kleine ins "Otto Kanamüllers home for children".

Schicksale wie dieses sind es, die den Hebertshausener Ruheständler Otto Kanamüller nach wie vor antreiben im Kampf gegen Elend und Armut in Indien. Seit er 1974 als junger Techniker beruflich dorthin entsandt wurde, weiß er um die Not, die vor allem Behinderte, Kranke und Waisenkinder in Indien erdulden müssen. Seitdem ist der inzwischen 78-Jährige mit großem persönlichem Einsatz um Unterstützung für die Ärmsten bemüht. Nachdem er jahrelang privat geholfen hat, ließ er 2009 im südindischen Perumanam ein Waisenhaus für 40 Kinder errichten. Diese Einrichtung in der Provinz Tamil-Nadu betreut der engagierte Rentner noch heute und finanziert, auch unterstützt von einem Förderverein, mit Spendengeldern den laufenden Betrieb des Heims.

Die Arbeit reißt nicht ab für den engagierten Hebertshausener. Zwar stemmen den Alltag im Waisenhaus engagierte Nonnen der "Sisters of the Destitute", einem indischen Frauenorden, der sich der sozialen Arbeit für Arme verschrieben hat. Die Schwestern kümmern sich rührend um die 40 Straßenkinder aus ärmlichsten Verhältnissen, die im Heim Obdach, Verpflegung und Bildung finden. Aber die finanzielle Basis der Einrichtung will gesichert sein. Dafür wurde 2012 eigens der Verein zur Förderung notleidender Straßen- und Waisenkinder in Indien gegründet. Mit den Beiträgen der inzwischen 100 Mitglieder und freigebigen Spenden von Bürgern wie Firmen lässt sich die Zukunft des Waisenhauses sichern.

Dennoch ist nach wie vor persönlicher Einsatz gefragt. Im vorigen Jahr musste das beschädigte Dach des Kinderheims repariert werden. Auch die benachbarte kirchliche Schule, in der die Waisenkinder unterrichtet werden, "war total heruntergekommen", berichtet Kanamüller. Auch wenn die Schule nicht in seiner Verantwortung liegt, wurde der als zupackender Helfer bekannte Kanamüller um Unterstützung gebeten. Und natürlich sagte er Hilfe zu. Finanziert werden konnte die Sanierung mit neuem Dach, Einbau einer Beleuchtung, Verputz- und Malerarbeiten durch Zuschüsse der erzbischöflichen Ordinariats in München und privaten Spenden. Dennoch ging es nicht ohne Kanamüller. Denn ein so umfangreiches Bauvorhaben müsse engmaschig überwacht werden, so seine Erfahrung. Stolz präsentiert er Fotos der renovierten Schule, die jetzt in freundlichen Farben leuchtet.

Doch weitere Projekte stehen an, in der Schule fehlt eine Wasserversorgung. "Das machen wir jetzt auch noch", sagt Kanamüller, der aus gesundheitlichen Gründen sein Engagement reduzieren will. Umso wichtiger wäre es, dass langsam Jüngere in seine Fußstapfen treten und die Betreuung des Kinderheims übernehmen. Für den Unterhalt des Heims und um einzelne Waisenkinder bei Berufsausbildung und Studium zu unterstützen, ist der Verein weiter auf Spenden angewiesen. Welche erfolgreichen Lebenswege so möglich werden, beweist Saritha. 1988 hat der Hebertshausener die junge Frau als hilfloses Kleinkind kennengelernt, das ohne Beine in einer Holzkiste lag. Der Hebertshausener kümmerte sich um medizinische Hilfsmittel, finanziert jahrelang Betreuung und eine solide Ausbildung. Seit 2014 arbeitet Saritha als promovierte Ärztin, berichtet Kanamüller voller Stolz. Ähnliche Wege in eine berufliche Zukunft würde er gerne auch weiterhin Kindern in seinem Waisenhaus ermöglichen.

© SZ vom 21.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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