Hebertshausen:Der Schulweg: ein tägliches Ärgernis

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Auf der Jungbürgerversammlung monieren 43 Kinder und Jugendliche überfüllte Schulbusse, schlechte Verbindungen und unsichere Überwege. Jetzt will der Bürgermeister das Landratsamt in die Pflicht nehmen.

Von Petra Schafflik, Hebertshausen

Gegen halb acht ist die Schlacht geschlagen: Vier wagenradgroße Familienpizzen sind bis aufs letzte Randstück verzehrt, alle Getränke geleert. Vor allem aber sind alle Anregungen und Kritikpunkte der Hebertshausener Jugend Punkt für Punkt auf dem Notizzettel von Bürgermeister Richard Reischl (CSU) dokumentiert. "Was läuft gut, was läuft schlecht?" Das wollte Reischl von den 43 Kindern und Jugendlichen wissen, die am frühen Montagabend zur Jungbürgerversammlung ins Rathaus gekommen sind.

Das besondere Gesprächsangebot, im vorigen Jahr erstmals initiiert, wird von der Jugend engagiert genutzt. Überraschend ging es in der Debatte kaum um Wünsche, sondern fast nur um den täglichen Ärger mit dem Schulweg. Moniert wurden unsichere Überwege, schlechte Bus-Verbindungen, fehlende Wartehäuschen, zu wenig Platz in den Bussen. Ungerecht finden Kinder, dass einige für die Fahrt zur Mittelschule zahlen müssen, andere nicht. Hitzig diskutiert wurde über Busse, die Schüler an der Haltestelle stehen lassen. Bleibt nur der Fußmarsch zum S-Bahnhof, um noch zur Schule zu kommen, so ein Jugendlicher. "Da komme ich regelmäßig viel zu spät." Als das Thema Schulbusse aufkommt, sind die jungen Leute kaum noch zu halten. Gut ein Dutzend Finger schnellen hoch. "Die Schulbusse sind überfüllt, es sollten mehr fahren." Schulranzen würden in den Türen einklemmt. "Alle sind so eng zusammengequetscht", beklagte ein Mädchen.

Wenn der Schulbus einfach vorbeifährt

Ungerecht findet ein Junge aus Ampermoching, dass er für die Fahrt zur Mittelschule in Hebertshausen bezahlen muss, andere Mitschüler nicht. Das liegt daran, dass der Schulweg nur kostenfrei ist für Grundschüler, die mehr als zwei Kilometer vom Schulhaus entfernt wohnen. Für die Älteren liegt die Grenze bei drei Kilometern. Dennoch ist es schwer zu vermitteln, dass der Freund aus der Nachbarschaft kostenlos fährt, man selbst aber zahlen muss. "13 Euro die Woche, das ist auch viel Geld."

Richtig sauer sind ein paar Schüler, an denen der Schulbus oft vorbeifährt. Die jungen Leute warten an der Georg-Queri-Straße, dem letzten Stopp im Ort. Der Fahrer hält nicht, "weil der Bus wirklich so voll ist, dass keiner mehr reinpasst", erklärt ein Schüler. Nur: Einen weiteren, nächsten Bus gibt es nicht. Also machen sich die Jugendlichen zu Fuß auf zum einen Kilometer entfernten S-Bahnhof und nehmen den Zug. Pünktlich zu Unterrichtsbeginn ist das nicht zu schaffen. "Das Problem gibt es vor allem im Winterhalbjahr", wissen die Schüler. Im Sommer nehmen viele das Rad, was die Busse entlastet. Der Bürgermeister konnte die Jugendlichen nur bitten, jeden einzelnen Vorfall akribisch zu melden. "Telefonisch ans Rathaus oder über Facebook, egal, aber mit genauen Angaben." Auch Schüler, die zu Fuß gehen, wünschen sich mehr Sicherheit. Ein Tempo-Limit, weil viele Autofahrer rasen und sichere Überwege, so die Forderungen.

Nicht alle Probleme kann die Gemeinde lösen

Natürlich ging es bei der Veranstaltung auch um Jugendprojekte der Gemeinde. Moderiert von Jugendreferentin Elke Fiedel wie den Gemeindejugendpflegern Andreas Rössler und Julia Loth wurden an vier Thementischen Vorschläge gesammelt zur Ausgestaltung des geplanten neuen Jugendzentrums, für Veranstaltungen und ein Jugendplenum, das im Ort neu aufgebaut werden soll. Die Ideen sprudelten nur so, nach knapp einer Stunde waren vier großformatige Papier-Tischdecken mit Notizen, Vorschlägen und Anregungen vollgepflastert. Kein Wunder: Die jungen Leute freuen sich über die Chance, einmal mitreden zu können. "Wenn es schon so eine Veranstaltung gibt, kann man sich ja wohl auch beteiligen", erklärt der 19-jährige Niklas. Maxi ist erst neun Jahre alt, will aber die Chance nutzen, seine Vorschläge anzubringen. Und Matilda, Michi und Maxi sind gekommen, "um zu sehen was läuft und ein bisschen mitzumachen". Ein Engagement, das Rathauschef Reischl freut. Ein wenig besorgt ist der Bürgermeister aber auch. Denn nicht alle Probleme kann die Gemeinde lösen. Die gewünschten Bushäuschen in Unterweilbach und am Wiesenweg lassen sich wohl aufstellen. Aber sichere Überwege?

Erst im vorigen Jahr ist Hebertshausen gescheitert, eine Fußgänger-Ampel an der viel befahrenen Freisinger Straße zu installieren. Weil eine Verkehrszählung nicht genügend Passanten erfasste, darf eine Signalanlage nicht gebaut werden. So entschied die zuständige Verkehrsbehörde. Auch beim massiven Schulbus-Ärger kann die Gemeinde Meldungen weiterleiten und ans verantwortliche Landratsamt appellieren, aber nicht selbst aktiv werden. Bleiben die Probleme bestehen, "besteht die große Gefahr, dass wir das Engagement der Jugend bald wieder verlieren".

© SZ vom 01.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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