Haimhausen:Ramponiertes Kleinod

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Die Pfarrgemeinde Haimhausen lässt die historische Maerz-Orgel in der Kirche Sankt Nikolaus für 200 000 Euro restaurieren. Vor 16 Jahren sollte das wertvolle Instrument noch entsorgt werden.

Matthias Pöls

Etwas mitgenommen sieht sie aus, die Orgel in der Kirche Sankt Nikolaus in Haimhausen. Der weiße Lacküberstrich platzt an vielen Stellen ab, darunter kommt die originale, hölzerne Struktur aus dem Jahr 1900 zum Vorschein. Am hinteren Ende des ursprünglich fast quadratischen Vier-Meter-Orgelkastens fehlt ein Drittel. "Das wurde aus Platzgründen abgeschnitten", erklärt Pastoralreferent Bernhard Skrabal, "damit auf der zweiten Ebene der Empore auch noch ein Chor stehen konnte." Links und rechts am Instrument sind für die Jacken der Sänger metallene Kleiderhaken angeschraubt worden.

Die Orgel ist eine der wenigen übriggebliebenen von Franz Borgia Maerz, weiß Pastoralreferent Bernhard Skrabal. (Foto: Toni Heigl)

Reichlich ramponiert, das gute Stück von Franz Borgia Maerz. Kein Wunder also, dass im Jahr 1996 ein Gutachter zu dem Ergebnis kam: Nichts mehr zu machen, die Pfarrkirche benötige eine neue Orgel. "Doch darauf musste gespart werden", sagt Skrabal, "als Element des sinnhaften Erlebens wird die Orgel weiterhin bei jedem Gottesdienstes gespielt." Deswegen blieben die zwölf Register mit rund 800 Pfeifen aus Holz und Metall oben im Kirchenschiff stehen.

Ein glücklicher Umstand, wie sich im Januar 2012 herausstellte. Ein neuerliches Gutachten ergab, dass das wertvolle Instrument erhalten bleiben kann. "Das Landratsamt hat erst bestätigt, dass diese Orgel eine der wenigen übriggebliebenen von Franz Borgia Maerz aus München ist", sagt Skrabal. Der Orgelbauer hatte um 1900 die Orgel mit einem fünfteiligen Prospekt im Stil der Neurenaissance für 4000 Mark angefertigt. Es ist eine von rund 450, die die Firma Maerz um die Jahrhundertwende herstellte, wie auf der Internetseite des Kirchen- und Kapellenforschers im Landkreis Dachau, Hans Schertl aus Haimhausen, steht. "Davon sind die Meisten im Laufe der Jahre zerstört worden", weiß Skrabal.

Das Stück in Haimhausen bleibt jetzt erhalten. "Rund 200 000 Euro wird die Restaurierung kosten", schätzt Skrabal. Das prüfen die Orgelrestauratoren gerade. Die endgültigen Angebote kommen erst noch. Für das historische Instrument soll zudem im Zuge der "Vollendung der Kirche im barocken Stil" das Dach angehoben werden. Denn das hintere Drittel der Pfeifen steht links neben der Orgel. Die Holzpfeifen sind rund zwei Meter lang und würden nicht mehr auf den Sockel und damit nicht mehr unter die Decke passen. "Die sollen natürlich wieder rein", sagt Skrabal, hinter die teils nur zehn Zentimeter langen Metallpfeifen.

Bei einem guten Organisten hört man beim Spielen den Unterschied zwischen den Holz- und Metallpfeifen nicht", schwärmt Skrabal über die Kunst des Intonierens und seinen Orgelspieler Albrecht Baumer. Dieser muss an einem nachgekauften Spieltisch zurechtkommen, an dem mehr Tasten für Register sind, als Register vorhanden. "So etwas gibt es an einem Original nicht." Der ursprüngliche Spieltisch sei wohl ebenfalls aus Platzmangel abgebaut worden. Ein Nachbau soll ihn nun ersetzen.

Einen kleinen Vorteil für den Organisten hatten die vielen Veränderungen im Laufe der Zeit am Instrument. Links führt ein Schlauch in die Orgel, an dem ein Stecker in das Stromnetz führt. Der Blasebalg muss nicht mehr per Hand aufgepumpt werden. "Ein Vorteil der Elektrifizierung", sagt Skrabal. Organist Baumer werde dann auch noch mitbestimmen, ob die Pfeifen weiterhin pneumatisch oder dann doch mechanisch angesteuert werden. "Letzteres hat den Vorteil, dass man es besser spürt, wenn man spielt." So wie eine gute Orgel im Kirchenschiff zu spüren sei. "Die Holzpfeifen haben einen außergewöhnlichen Klang", findet Skrabal. Auch wenn die wertvolle Orgel im momentanen Zustand noch nicht danach aussieht.

© SZ vom 16.05.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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