Große Resonanz:"Unsere Bücherei ist ein wichtiger Treffpunkt"

Lesezeit: 3 min

Adelgunde Weissmüller freut sich über die große Resonanz, die Bücherei Sankt Nikolaus bei den Lesern in Haimhausen findet. Nur von den Jugendlichen würde sie sich noch etwas mehr Zuspruch wünschen. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Die kostenlose kleine Ausleihe in Haimhausen gibt es seit 50 Jahren, 25 Jahre davon unter der Leitung von Adelgunde Weissmüller. Ausgerechnet im Jubiläumsjahr muss die beliebte Einrichtung wegen des Lockdowns schließen. Aber die Leser haben sich rechtzeitig eingedeckt

Interview von Greta Ehrenfried

Seit 50 Jahren bietet die Gemeindebücherei Sankt Nikolaus einen Treffpunkt für die Menschen in Haimhausen, denn willkommen ist hier jeder. Leiterin Adelgunde Weissmüller engagiert sich bereits seit 1994 in der Bücherei. Die gelernte Elektroassistentin ist seit langem Stamm-Leserin in Sankt Nikolaus, nach der Geburt ihrer Tochter stand für sie fest: Es muss auch beruflich in Richtung Bücher gehen, und das am liebsten in der Bücherei ihrer Gemeinde. Zusammen mit zwölf ehrenamtlich tätigen Kolleginnen, sowie Henriette Lechner, bemüht sie sich dort seit mittlerweile 25 Jahren tagtäglich um ihre Bücher und Leser.

SZ: Frau Weissmüller, seit mehr als zwei Jahrzehnten sind Sie Leiterin der Bücherei. Was motiviert Sie zu Ihrer Arbeit?

Adelgunde Weissmüller: Einerseits die Freude der Kinder, die in die Bücherei kommen. Mit was für einer Begeisterung die Bücher ausleihen. Wir arbeiten nämlich ganz eng mit den Kindergärten und Schulen zusammen. Zum Beispiel haben wir donnerstags während der Pausen immer geöffnet, sodass die Kinder zu uns kommen können. Darüber hinaus geben wir Bibliotheksführungen, lesen vor, veranstalten Buchausstellungen in der Grund- und Mittelschule Haimhausen und bieten Vorschülern die Möglichkeit, einen sogenannten "Büchereiführerschein" zu machen. Das ist eine spielerische Einführung, bei der die Kinder über vier Wochen hinweg einen Tag die Woche zu uns kommen und die Bücherei und den Umgang mit ihr kennenlernen. Die Bibliothek ist außerdem ein Ort, an dem man Leute aus der Gemeinde trifft. Der kleine Einkaufsladen und viele andere fallen weg, doch die Bücherei bleibt. Sie ist ein Ort der Begegnung, an dem man rede und ein Gefühl der Zusammengehörigkeit entsteht. Hinzu kommt natürlich das schöne Medium Buch und der Spaß, das präsentieren, anbieten und den Menschen näher bringen zu können.

Kinder spielen also eine große Rolle bei Ihnen. Wie werben Sie darüber hinaus um neue Nutzer?

Kinder sind ein wichtiger und erfreulicher Faktor bei uns. Sie kommen am Wochenende oft mit ihren Familien, die gewinnen wir dann schnell für uns. Zusätzlich sind wir bei dem Neubürgerempfang der Gemeinde vertreten und stellen uns dort vor. In der Zeitung stehen unsere Öffnungszeiten, interessierte Leser stoßen darauf und besuchen uns spontan. Zu uns kommen viele Familien am Sonntag, aber auch Einzelpersonen sowie die typischen Leser und Leserinnen. Was uns leider fehlt, sind Jugendliche. Es gibt vereinzelte, die dann wirklich viel lesen, aber die große Gesamtheit bricht leider weg. Dabei bieten wir auch in den achten und neunten Klassen Besichtigungen und Führungen an und geben uns viel Mühe, eine tolle und vor allem aktuelle Auswahl an Jugendbüchern zu haben. Bei uns arbeiten auch seit vielen Jahren Schüler mit, die darauf achten, diesen Bestand immer up to date zu halten. Wir sind natürlich eine kleine Bücherei, werden aber trotzdem oft von den Nutzern für unser schönes und aktuelles Angebot gelobt. Wir freuen uns sehr dass das gesehen und geschätzt wird.

Apropos Angebot, wie kommt das zusammen? Gibt es bestimmte Auswahlkriterien für die neuen Bücher?

Wir achten selbstverständlich darauf, was die Leute gerne lesen und was es neu auf dem Markt gibt. Des weiteren haben wir das Wunschbuch, da können die Leser konkret äußern, was sie gerne für Bücher bei uns ausleihen und lesen würden. Diese Anregungen nehmen wir dann an und beschaffen dann oft die vorgeschlagenen Bücher. Wir sind außerdem an den Sankt-Michaelsbund München angeschlossen, der gibt uns auch eine gewisse Orientierung. Außerdem bekommen wir wöchentlich einen Newsletter mit Buchempfehlungen, Buchrezensionen und Geheimtipps. Und da wir im Kollegium alle leidenschaftliche Leserinnen sind und ganz unterschiedliche Geschmäcker haben, kommen sowieso viele verschiedene Vorschläge für neue Bücher zusammen. Mit der Zeit lernt man, worauf es ankommt.

Und wie finanzieren Sie sich und die neuen Bücher?

Das Tolle und Einzigartige an unserer Bücherei ist, dass wir weder Ausleih- noch Jahresgebühren verlangen. Es fallen lediglich Überzugsgebühren an wenn Bücher zu spät zurückgebracht werden. Unsere Finanzierung läuft einerseits über die Kirche, die stellt zum Beispiel das Gebäude und zahlt alles was dazukommt, wie Strom- oder Heizungskosten. Andererseits erhalten wir von der Gemeinde einen jährlichen Zuschuss für den Kauf neuer Bücher. Wir erhalten aber auch viele, sehr gut erhaltene Bücherspenden. Die Gemeinde wiederum zahlt die Personalkosten. Davon abgesehen bekommen wir noch zwei Zuschüsse, über den Sankt-Michaelsbund und einen kleinen staatlichen Zuschuss.

Nun zu einem Thema, das uns alle beschäftigt hat - das Coronavirus. War bei Ihnen durch die Pandemie eine Veränderung im Ausleihverhalten der Nutzer deutlich?

An unserem letzten Ausleihtag, das war ein Sonntag, wussten wir ja schon, dass die Bücherei ab Dienstag schließen muss. Daraufhin hatten wir das Dreifache an Ausleihen. Das war so auch vor dem ersten Lockdown der Fall. Die Leute haben sich da nochmal richtig schön mit Büchern eingedeckt. Corona-bedingt hat es insgesamt aber sehr geschwankt. Es waren teilweise sehr wenige Besucher da, im nächsten Moment war wieder richtig viel los. Grundsätzlich haben wir pro Tag so um die 25 Besucher. Bei einem "normalen Lesejahr" hatten wir mehr als 4000 Besucher. Vergangenes Jahr waren es genau 4200. Wir bekommen gute Resonanzen, und die Bücherei wird von den Leuten gerne angenommen. Vor kurzer Zeit haben wir über die Anschaffung von E-Books nachgedacht und eine Umfrage gestartet, wie interessiert die Leser daran sind. Es hat uns sehr erstaunt aber die Nachfrage war wirklich niedrig. Die meisten bevorzugen eben doch ein "richtiges" Buch in ihren Händen.

© SZ vom 12.12.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: