Gewerbegebiet:Annäherung an Karlsfeld

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SZ-Grafik (Foto: N/A)

Die Stadt Dachau will ein weiteres Gewerbegebiet an der Schleißheimer Straße ausweisen, um Unternehmen am Ort zu halten. Die Bürgerinitiative Grünzug will das verhindern und um die Freiflächen kämpfen.

Von Viktoria Großmann, Dachau

Es ist ein fast einhelliger Konsens unter den Stadträten: Dachau braucht mehr Gewerbeflächen. Es muss viel investiert werden, die Stadt wächst und braucht Geld. Das könnte sie mit Gewerbesteuern einnehmen. Nun soll der letzte noch freie Abschnitt in Dachau-Ost bebaut werden: das Gelände zwischen Siemensstraße, Schleißheimer und Alter Römer Straße. Bisher war nur ein Streifen entlang der Schleißheimer Straße als Gewerbegebiet ausgewiesen, nun soll das ganze Grundstück eines werden. Das hat der Stadtrat gegen die Stimmen der Grünen bereits im Juni beschlossen. Am Dienstag, 21. Juli, soll es für die Anwohner eine Bürgerbeteiligungsveranstaltung geben.

Eine "sogenannte Bürgerbeteiligung", sagt Bruno Schachtner. Er und seine Mitstreiter in der Bürgerinitiative Bürgerpark Grünzug wollen das Gewerbegebiet verhindern - und zunächst den Termin der Veranstaltung verschieben. Dazu fordern sie Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD) in einem offenen Brief auf. Sie befürchten, dass die drei Stunden nicht mehr als eine Informationsveranstaltung sind, auf der wenig mitgeredet und nichts mehr geändert werden kann. Nun wollen die Engagierten wenigstens ausreichend Zeit haben, sich vorzubereiten.

Ihre Argumente sind allerdings schon klar: Für die Umwidmung des 8,4 Hektar großen Geländes zum Gewerbegebiet wird die Möglichkeit einer Grünanlage aufgegeben, die bisher vorgesehen war. Das wäre das Ende für das Kulturdenkmal Schleißheimer Kanal, das als Flora-Fauna-Habitat unter europäischem Naturschutz steht. Zudem würde dem Nachbarn Karlsfeld ein fatales Signal gegeben: Dieselbe Bürgerinitiative hatte 2010 geholfen, ein Gewerbegebiet auf Karlsfelder Gebiet südlich der Schleißheimer Straße zu verhindern. Nun ist es wieder im Gespräch. Wenn nun auf Dachauer Seite gebaut wird, fürchten Schachtner und seine Mitstreiter, dann hat die Gemeinde Karlsfeld einen guten Grund, nachzuziehen. Die Zersiedelung der Landschaft sei an vielen Punkten beidseits der Schleißheimer Straße sichtbar, sagt Schachtner. Die Straßen seien überlastet, jede weitere Gewerbeansiedlung bringe den Verkehr zum Kollabieren.

Ein Problem, das sich lösen ließe, findet Dachaus Kämmerer Thomas Ernst. Für ihn geht es um Arbeitsplätze. "Einige Firmen wollen wachsen", sagt er. Die Stadt müsse deshalb Angebote schaffen. Denn es sei leichter, Firmen am Ort zu halten, als neue zu gewinnen.

Dabei dreht sich bei beiden Gruppen - Stadt und Naturschützer - im Grunde alles um dasselbe Thema: 2,8 der 8,4 Hektar am Schleißheimer Kanal gehören der Stadt - eines der wenigen städtischen Grundstücke in der Gegend. Genau deshalb sieht die Bürgerinitiative hier eine der wenigen Möglichkeiten, Grünflächen zu erhalten. Das Gelände des Bürgerparks, der seit Jahren im Gespräch ist, gehört nicht der Stadt, die demnach begrenzt Einfluss nehmen kann. Das gleiche Argument hat die Stadt für ihre Gewerbepläne: Dachaus Problem liegt nur zum Teil im Mangel an Flächen für Gewerbetreibende. Das größere Problem ist, dass sich die Stadt nur bedingt aussuchen kann, wer in die Gewerbegebiete zieht, weil sie nicht der Eigentümer ist. Sowohl in Dachau-Ost als auch an der Münchner Straße musste die Stadt daher zusehen, wie sich in erster Linie Großmärkte oder Autohändler ansiedelten.

Auf ihrem eigenen Grund will sie laut Beschluss Einzelhandel und Logistikbetriebe ausschließen. Die umliegenden Straßen sollen ausgebaut werden. Die Röntgenstraße könnte bis zum Kreisel an der Schleißheimer Straße weitergeführt, der Kreisverkehr an der Newton-/ Siemensstraße erweitert werden. Dem Vorwurf der Bürger, sie dürften nichts mehr mitreden, entgegnet Ernst: "Es wird informiert und kommuniziert, was geschehen soll." Mit Einwänden und Anregungen der Anwohner müsse sich die Stadt auseinandersetzen. Schachtner wird das nicht reichen. Aus seiner Sicht geht die Erhaltung der Grünflächen alle Dachauer und Karlsfelder etwas an. Nicht nur die unmittelbaren Anwohner.

© SZ vom 15.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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