Geschäftsidee zweier Freunde:Ziemlich beste Hotdogs

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Michael Nottensteiner und Marco Garner kennen sich seit dem Kindergarten. Sie wohnen zusammen und haben gemeinsam eine Ausbildung zum Koch absolviert. Nun haben sie sich mit einem Foodtruck selbständig gemacht

Von Julia Haas, Günding

Vor dem Edeka in Günding dampft es aus einem blauen Imbisswagen. Anders als so mancher meint, brutzeln hier aber keine Hendl. Die zwei jungen Männer hinter der Theke nennen sich "Zwoa Hund" und verkaufen Hotdogs. Nicht alle Leute wollen das glauben. "Eine ältere Dame hat ständig gefragt, wann die Hendl fertig sind", erzählt Michael Nottensteiner, einer der Gründer. "Da muss es doch a Hendl geben", habe sie immer wieder lautstark betont.

Während Foodtrucks in den USA zum Stadtbild gehören, dominieren in Bayern Hendl- oder Dönerstände. Streetfood, also frisch zubereitete Burger, Burritos, Tacos, Curry auf die Hand, das findet man vor allem auf Streetfood-Festivals. In Amerika ist der Foodtruck aber nicht nur gut für einen besonderen Snack zwischendurch sein, sondern die erste Anlaufstelle in der Mittagspause. Da wollen auch die "Zwoa Hund" hinkommen. Sie wollen eine Alternative bieten für mitgebrachtes Essen in der Arbeit, den Gang zum Supermarkt oder das Mittagsmenü eines Restaurants.

Jeden Tag wechseln sie mit ihrem Imbissladen den Standort. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Jeden Standort fahren sie nur einmal in der Woche an. Montags stehen sie in Buchenau, dienstags an der Shell Tankstelle in Haimhausen, mittwochs beim Edeka in Günding, am Donnerstag vor dem Rewe in Puchheim. Am Wochenende verkaufen sie ihre Hotdogs aber auch an Streetfood-Festen in der Umgebung oder wie zuletzt bei der Langen Tafel in Dachau. Ihre Standorte teilen sie jede Woche aktuell auf Facebook mit, ebenso wie lange sie dort stehen. Im Schnitt verbringen die "Zwoa Hund" neun Stunden am Tag in ihrem Foodtruck, auf engstem Raum.

Die "Zwoa Hund", das sind Michael Nottensteiner und sein bester Freund Marco Garner, die sich selbst gerne mit einem alten Ehepaar vergleichen. Ihre Freundschaft habe der Foodtruck nicht verändert: "Wir hängen auch so die ganze Zeit aufeinander", sagt Garner. Im Kindergarten haben sie sich kennengelernt, seit ein paar Jahren wohnen sie gemeinsam in einer Vierer-Männer-WG in Dachau. Ihre Freundinnen akzeptieren ihre innige Männerfreundschaft.

Aus ihrem Imbissladen verkaufen die "Zwoa Hund" Premium-Hotdogs. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Aus der kleinen Musikbox an der Decke des Foodtrucks dudelt Dinermusik, später Johnny Cash. "Unseren Musikgeschmack haben wir schon einander angepasst", sagt Garner. Auch beim Kochen sind sie ein Team. "Wir verstehen uns blind, da reichen Blicke", Nottensteiner zwinkert. Beide haben ihre Ausbildung als Koch beim Schwarzberghof in Webling gemacht und danach Seite an Seite gearbeitet. Den ganzen Tag vor brutzelnden Würsten zu schwitzen, juckt sie nicht. "Als Koch ist man gewöhnt, vor dem Ofen zu stehen, du nimmst den Geruch auch nicht mehr bewusst wahr", sagt Nottensteiner, während er Lauch und Kraut in eine längliche Semmel schichtet.

Drei Hotdogs bieten sie standardmäßig an. Den Klassiker New York mit Kraut, Lauchzwiebeln, Limetten-Pfeffer-Mayonnaise, den ausgefalleneren Mexicali mit Chili, Zwiebeln, Tomaten und Avocadocreme und die Toskana-Variante mit Gemüse, Parmesan, Rucola und Balsamicocreme. Jede Woche experimentieren sie außerdem mit einem Spezial Hotdog, mal mit Waldpilzen oder Hummus, mal mit Spargel, mal mit gegrilltem Ziegenkäse, Fenchel, Ananas Chutney oder Pfirsichen. "Viele kommen vor allem für die Spezial Varianten zu uns", sagt Garner. Eigentlich wollten sie gemeinsam ein Restaurant in der neuen Karlsfelder Mitte machen, eine international bayerische Küche hätten sie sich vorstellen können. "Aber die Miete war einfach viel zu teuer", sagt Nottensteiner. Sie wollten sich aber trotzdem unbedingt selbständig machen. "Als Koch arbeitet man sehr viel, aber immer für jemand anders." Jetzt sei es zwar im Durchschnitt noch eine Arbeitsstunde mehr, aber eben auch ihr eigenes Geschäft, "man machts nicht nur, weil man muss". Nachdem die beiden Köche die Idee mit dem Restaurant fürs Erste abhaken mussten, wollten sie schon fast die Küche auf einer Almhütte übernehmen. Dass sie heute in einem Foodtruck stehen, haben sie Nottensteiners Schwager zu verdanken. Der berichtete nach einer Reise durch Amerika begeistert von der Foodtruckszene.

Ein eingespieltes Team: Michael Nottensteiner und Marco Garner kochen Seite an Seite in ihrem Foodtruck. (Foto: Niels P. Jørgensen)

"Wenn's gar nicht läuft, können wir das Fahrzeug immer noch verkaufen", sagt Garner. Doch bisher gibt der Erfolg ihnen recht. An vielen Tagen sind sie schon vor dem offiziellen Schichtende restlos ausverkauft. Die zwei Freunde haben sich vor der Eröffnung viel Zeit für ihr Konzept genommen. Allein das Finden der richtigen Wurst war ein Abenteuer. 100 Prozent Rindfleisch wollten sie haben, damit auch Menschen, die aus religiösen Gründen auf Schweinefleisch verzichten, ihre Hotdogs essen können. Auch an die Semmel hatten sie hohe Ansprüche. "Wir haben versucht, alles selber zu machen, aber wir sind eben keine Metzger und auch keine gelernten Bäcker", gesteht Garner. Die 22 Zentimeter lange Wurst macht eine Metzgerei aus Egenhofen speziell für die "Zwoa Hund". Vegetarier bekommen ihren Hotdog zwar reich belegt, aber ohne vegetarische Wurst. Denn: "Was uns selbst nicht schmeckt, das geben wir nicht raus."

Mit am wichtigsten war ihnen, dass die Kunden von einem Hotdog satt werden. 6,50 Euro kostet einer. "Manche schimpfen, dass sie für das Geld schon ein richtiges Essen bekommen", sagt Nottensteiner. "Oder für 8,50 Euro gleich ein All-you-can-eat-Buffet beim Griechen", er rollt mit den Augen. Dabei sei ihr Hotdog ja ein vollwertiges Essen, sie legen Wert auf gute Zutaten. Viele Arbeiter halten mittlerweile bei ihren Standorten nach der Schicht und holen sich bei ihnen einen Hotdog. Da merke man doch, dass das Preisleistungsverhältnis stimme, meinen die zwei Köche.

Am Anfang haben sie ihren Hotdog selbst jeden Tag gegessen. "Morgens, mittags, abends", beide lachen. Über neue Rezeptvorschläge von Kunden freuen sie sich immer. Doch auch einen "Easy Hotdog", ganz klassisch ohne besondere Beilagen, verkaufen sie gern. So eine Version hat sich ein Mann gerade bestellt. Als er vom Parkplatz fährt, beißt er hinein und streckt dann den Daumen nach oben.

"Wir sind noch in der Experimentierphase", sagen die "Zwoa Hund". Bald es soll auch Nachspeisen geben. Immerhin hat Marco Garner auch Konditor gelernt, er träumt von Lemon Pie. Fürs Erste sind sie aber zumindest froh, dass sie mit ihrem Firmennamen so glücklich sind. Das war nämlich die schwerste Geburt. "Gürkchen und Würstchen", "Wurst Case Szenario", "Superdogs" oder doch "Bulldogs"? Mehr als 200 Post-its mit möglichen Namen haben sie in ihre Wohnung geklebt. Übrig geblieben ist: Die "Zwoa Hund". Wenn ihre Foodtruck-Idee auch aus Amerika kommt, Garner und Nottensteiner sind eben zwei bayerische Buam.

© SZ vom 18.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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