Gericht:Sex mit Patientin

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Psychotherapeut wird zu Bewährungsstrafe verurteilt

Von Benjamin Emonts, Dachau

Als "einfühlsamer Therapeut" bezeichnet sich der 56-jährige Angeklagte im Internet. Mit der Einfühlsamkeit jedoch schoss der Mann aus dem Landkreis Dachau über das Ziel hinaus, so sieht das jedenfalls die Justiz. Weil der Psychotherapeut mit einer Patientin über einen längeren Zeitraum einvernehmlichen Sex hatte, musste er sich am Donnerstag wegen sexuellen Missbrauchs unter Ausnutzung eines Beratungsverhältnisses vor dem Amtsgericht Dachau verantworten.

Die Befragung des Angeklagten, die Beweisaufnahme sowie die Plädoyers fanden unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt, damit die intimen Details nicht nach außen dringen konnten. Aus dem Anklagesatz ging hervor, dass der Psychotherapeut zwischen Januar 2010 und Oktober 2013 ein enges Vertrauensverhältnis zu seiner Patientin aufgebaut hatte. Er sprach mit ihr über sein eigenes Privatleben und fragte die Patientin über deren Sexualleben aus. Die Frau eröffnete ihm, seit Jahren keinen Geschlechtsverkehr gehabt zu haben. Schließlich kam es in der Praxis des Mannes einmal zum einvernehmlichen Sex. In der Folge lud die Patientin den 56-Jährigen 20 Mal zu sich nach Hause ein, um weitere sexuelle Handlungen zu vollziehen. Der Angeklagte machte dabei auch Bilder vom Intimbereich der Frau.

Eine anonyme Anzeige führte schließlich zur Strafverfolgung des Mannes. Vor Gericht legte er ein umfassendes Geständnis ab, wodurch mehreren Zeuginnen die unangenehme Befragung durch die Schöffenrichter erspart blieb. Der Therapeut hatte sich im Jahr 2013, noch bevor die Ermittlungen eingeleitet wurden, in eine stationäre Therapie begeben, weil er sich nach eigener Auskunft schwer von seinen Patienten abgrenzen konnte. Die Schöffenrichter verhängten eine Bewährungsstrafe von einem Jahr und drei Monaten über den 56-Jährigen. Außerdem muss er 4000 Euro an den Kinderschutzbund München bezahlen und an einem Beratungsgespräch teilnehmen. Von einem Berufsverbot sahen die Richter ab. "Sie haben eine Behandlung durchgeführt und sich von ihrem Handeln distanziert. Viel mehr kann man nicht machen", sagte Amtsrichter Tobias Bauer. "Die kriminelle Energie war nicht sonderlich hoch."

© SZ vom 21.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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