Gemeinsam rocken:Grenzenlos musizieren

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Markus und Bernadette Schaller. Mit der Hilfe der Pädagogin gelingt ihm eine Queen-Melodie. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Bernadette Schaller und ihr Inklusionsprojekt in Schönbrunn

Von Wolfgang Eitler, Schönbrunn

"Haben Sie diese Augen gesehen. Wie sie leuchten?" Der Zuhörer im Bürgerzentrum W 5 von Schönbrunn hat Recht. Markus strahlt aus den Augen heraus. Er sitzt an der Orgel. Bernadette Schaller hilft ihm dabei, die Töne zu treffen. Die Tasten hat sie mit unterschiedlichen Farben belegt. Nicht nur Markus strahlt. Rene auch. Er setzt den richtigen Griff am Bass. Thorsten und Stefan schaffen den Rhythmus: Bumm-Cha-Bumm-Bumm. Robert Freudenberg gibt ihn vor und schlägt sich dabei mit der Hand auf den eigenen Brustkorb. Dann entfaltet sich die Eigenkomposition über ihren Wunsch, an diesem Abend echte Rock'n' Roller zu sein. Sie posaunen Queens "We will rock you" hinaus und singen gemeinsam mit dem Publikum lauthals "We can get away". Allerdings ist es ziemlich fraglich, ob sich irgendjemand am Samstagabend tatsächlich aus dem W 5 wegwünschte. Denn dort haben sich bestimmt ein paar Träume erfüllt.

Daran wirkten Bernadette Schaller und Robert Freudenberg maßgeblich mit. Die 34-jährige Dozentin an der Akademie von Schönbrunn in Gut Häusern komplettiert gerade ihre Ausbildung zur Lehrkraft für Heilpädagogik. Dazu muss sie ein Inklusionsprojekt vorweisen. Sie muss also behinderte und nicht behinderte Menschen auf eine Weise zusammenbringen, dass eine echte Gemeinsamkeit und Gemeinschaft entsteht. Robert Freudenberg ist nicht nur Rockmusiker, der die Band Just Chanpero seit einer gefühlten Ewigkeit anführt. Er ist auch Pädagoge und hat ein spezielles Konzept entwickelt, wie er über die Musik auch bei geistig behinderten Menschen direkt pädagogisch wirksam werden kann.

Er schlägt mit den Händen rhythmisch auf seine Brust oder springt wie ein Rockgitarrist in die Luft, um den Einsatz vorzugeben. Aber er drängt sich nicht in den Vordergrund. Es entsteht keine One-Man-Freudenberg-Show mit Bewohnern von Schönbrunn. Der Gitarrist ist der Gestalter, der seinen Mitspielern den Raum strukturiert, in dem sich die Teilnehmer bewegen können. Carl Orff hat diese Art der Musikpädagogik entwickelt, damit Kinder Musik in ihrer Unmittelbarkeit und Unbeschwertheit erleben können.

Diese Stimmung legt sich über das W 5. Das Publikum ist begeistert. Auch diejenigen, die der Name "Just Chanpero" in das Schönbrunner Bürgerzentrum lockte. Es ist erst vor einigen Monaten fertig geworden. Die gemeinnützige Franziskuswerk GmbH hat es bauen lassen, in der Hoffnung, dass das Gebäude Menschen aus dem ganzen Landkreis anlockt. Am Samstagabend waren es noch nicht viele. Aber immerhin. Und sie durften erleben, wie sich Benny seinen Traum erfüllte. Er sang von Nena "Leuchtturm". Das Liebeslied ist auch eines über das Gefühl, unbeschwert sein. Anerkannt zu sein, einfach weil man da ist.

P.S.: Just Chanpero spielte auch gemeinsam auf. Die Menge tanzte und sang mit. Und wie eng diese Fähigkeit von Robert Freudenberg, Kompositionen zu zerlegen und auch im Sinne der Pädagogik zu gliedern, zeigte das Arrangement des Prince-Hits "Purple Rain". Die Band entzog dem Lied das Pathos, indem es einen Ska-Rhythmus unterlegte und das Falsett der Originals als Zitat in Freudenbergs Gitarrensolo aufschien. Eine gelungene Hommage an den Komponisten.

© SZ vom 15.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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