Gemeinderatsbeschluss:Karlsfeld öffnet sein Hallenbad

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Seit sieben Monaten ist die Einrichtung wegen der Corona-Pandemie geschlossen. Andere Bäder sind bereits wieder in Betrieb. Im Oktober soll es nun losgehen, davor muss aber noch saniert und am Hygienekonzept gefeilt werden

Von Christiane Bracht, Karlsfeld

Der Unmut bei den Schwimmern ist groß. Am 14. März hatte das Karlsfelder Hallenbad wie andere Bäder im Landkreis in der Corona-Pandemie geschlossen. Seither fehlt ihnen das Wichtigste für ihren Sport: Wasser. "Sie trainieren inzwischen auf der Wiese Trockenschwimmen", sagt der Präsident des TSV Eintracht Karlsfeld, Rüdiger Meyer. Aber auch viele Bürger wollen endlich wieder ihre Bahnen ziehen oder mit den Kindern planschen gehen. Ungeduldig fragen sie im Rathaus immer wieder nach. "Der Druck wird größer", sagt Schwimmmeister Helmut Gellermann. Zumal die Bäder in Dachau und München längst wieder geöffnet sind. Jetzt kam der erlösende Beschluss des Gemeinderats: Mitte Oktober wird das Bad seine Türen nach sieben langen Monaten wieder öffnen. Viele Karlsfelder hatten die Diskussion der Kommunalpolitiker im Bürgerhaus mit Spannung verfolgt. Am Ende quittierten sie das einstimmige Ergebnis mit lautem Beifall.

"Die Lüftung ist der kritische Punkt", erklärte der Verwaltungsexperte für Gebäude Marco Mühlenhoff in der Sitzung. Anders als in Dachau mit seiner modernen Anlage ist das Karlsfelder Bad schon etwas älteren Datums. Man habe die Lüftung zwar gewartet und mit neuen Filtern ausgestattet, heißt es. Doch eine Umluftreinigung ist nicht möglich, deshalb muss Außenluft hineingesogen werden. "Je mehr, desto besser" im Sinne der Hygiene zur Vermeidung von Corona-Infektionen, erklärte Mühlenhoff. Doch 100 Prozent Frischluft bedeutet im Winter auch 100 Prozent Kälte. Deshalb müsse die Luft vor dem Gebäude erwärmt werden. Bei frostigen Minusgraden könne es da leicht zu Vereisungen kommen, sodass die Umluft angeschaltet werden muss.

Der intensive Luftaustausch, den das Hygienekonzept vorsieht, bedeutet natürlich auch erhöhte Heizkosten. In welchem Umfang könne man noch nicht abschätzen, so Mühlenhoff. Außerdem muss eine neue Kassenkraft eingestellt werden, die sich um Anmeldungen, Kontaktdaten und Einweisung der Badegäste kümmert. Denn das Konzept sieht vor, dass jeder, der ins Hallenbad will, sich einen Tag vorher telefonisch oder per Mail anmeldet. Maximal drei Stunden dürfen die Besucher bleiben, denn die Badezeiten sind jeden Tag in drei Blocks aufgeteilt. Dazwischen ist eine Stunde lang geschlossen, damit die Reinigungskräfte das Bad säubern und desinfizieren können. Dazu ist eine weitere Reinigungskraft erforderlich. Theresia Schindler, die in der Verwaltung für das Bad zuständig ist, rechnet vor: Das bedeutet pro Monat weitere rund 7000 Euro Zusatzkosten allein für Personal.

Noch ist das Hallenbad in Karlsfeld geschlossen. Doch Mitte Oktober geht es los mit dem heißersehnten Badevergnügen. (Foto: Toni Heigl)

Die Finanzlage - ein großes Problem, wie in der Gemeinderatsdebatte schnell deutlich wurde. "In normalen Jahren erwirtschaftet das Hallenbad ein Defizit von 600 000 Euro", sagt Bürgermeister Stefan Kolbe (CSU). Die Einnahmen durch die Eintrittsgebühren beliefen sich auf rund 230 000 Euro pro Jahr. Doch wenn künftig nur noch maximal 57 Badegäste in die Becken dürfen, wo sonst an guten Tagen auch mal einhundert drin waren, wirkt sich das auf die Einnahmen aus. Zumal das Bad heuer bislang lediglich zweieinhalb Monate lang geöffnet war. So konnten laut Kolbe lediglich 40 000 Euro an Eintritt kassiert werden. Gleichzeitig mussten fünf Mitarbeiter bezahlt und der Betrieb des Bades in Gang gehalten werden. "Die Fixkosten blieben also", erklärte der Bürgermeister. Manch ein Gemeinderat schluckte angesichts dieser Zahlen. Zumal seit Jahren Sanierungen nötig sind. So ist das Dach undicht. Die Fassade müsste erneuert werden und vieles mehr. Doch die Gemeindefinanzen sind knapp, in der Corona-Krise sogar noch knapper. Der Schuldenberg wächst.

Trotzdem herrschte Einigkeit im Rat: "Der finanzielle Aspekt sollte in den Hintergrund treten", schlug Vizebürgermeister Stefan Handl (CSU) vor. "Wir wissen, wie wertvoll das Hallenbad ist", sagte Marco Brandstätter (Bündnis). "Gerade für Kinder, die das Schwimmen lernen", argumentierte die Sportreferentin Birgit Piroué (Bündnis). Angesichts der Tatsache, dass Karlsfeld zwei Seen habe und immer wieder ein Unglück passiert, weil der eine oder andere nicht schwimmen könne oder seine Kräfte überschätze, komme dem Bad eine wichtige Aufgabe zu.

Der Sportverein habe bereits positive Erfahrung mit seinem Hygienekonzept gemacht, sagte Piroué, die auch Vizepräsidentin des TSV ist. "Wenn sich alle strikt daran halten, ist die Öffnung auf jeden Fall einen Versuch wert", meinte sie und bekam viel Zustimmung. "Lassen wir das Hallenbad zu, kostet es trotzdem viel Geld", sagte Handl. "Wir sollten uns langsam an die Öffnung herantasten und den laufenden Betrieb evaluieren", schlug er vor. So könne man Erfahrungen sammeln und gegebenenfalls das Konzept anpassen, eventuell sogar lockern. TSV-Präsident und CSU-Gemeinderat Rüdiger Meyer warnte jedoch vor einer schnellen Lockerung: "Es gibt viele Menschen, die Angst haben. Die freuen sich nicht über Lockerungen", gab er zu bedenken und plädierte für ein strenges Hygienekonzept.

Den Grünen gefällt das Anmeldesystem nicht. "Das ist kostenintensiv wegen des Personals, das dafür nötig ist", bemängelte Fraktionssprecherin Heike Miebach. Außerdem wären Besucher benachteiligt, die vielleicht des Deutschen nicht so mächtig seien, gab sie zu bedenken und plädierte für ein Ampelsystem, das in Dachau und München praktiziert wird. Doch Marco Mühlenhoff hielt dem entgegen, dass die IT-Voraussetzungen für eine automatische Ampelschaltung online fehlten. Alles müsse händisch gemacht werden, deshalb habe man sich für ein anderes System entschieden. Dies käme den drei Gruppen, die das Bad nutzten, auch entgegen: Schule, Vereine und Bürger - jeder hat nun seine Zeit. Miebach befürchtet jedoch, dass es zu Beginn und Ende eines jeden Blocks zu großem Andrang im Eingang oder vor den Umkleidekabinen kommen könne. Nun überlegt man, ob man dieses Problem per App regeln kann.

"Wir hätten uns schon zu Beginn des Schuljahrs eine Öffnung des Hallenbads gewünscht", sagte Miebach. Doch derzeit wird noch am Becken geschweißt und gewerkelt. "Die Unterwasserscheinwerfer sind nicht dicht. Das Wasser ist weggelaufen", erklärt Schwimmmeister Gellermann der SZ. Doch sobald die Arbeiten abgeschlossen, das Becken befüllt und geheizt ist, sowie die Wasserproben begutachtet sind, könne man öffnen. "Frühestens am 18. Oktober", sagt er.

© SZ vom 28.09.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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