Gemeinderat Karlsfeld:Den Teufel an die Decke gemalt

Lesezeit: 2 min

Die Mittelschule Karlsfeld muss renoviert werden. Mitarbeiter der Gemeindeverwaltung sehen sogar Sicherheitsrisiken durch wacklige Platten. Bürgermeister Kolbe beruhigt, kündigt aber eine Überprüfung an

Von Gregor Schiegl, Karlsfeld

Nach mehreren Umbau- und Sanierungsmaßnahmen sitzen die Deckenplatten in der Mittelschule Karlsfeld zum Teil nicht mehr fest und drohen herunterzufallen. Für eine schnelle und umfassende Behebung des Problems ist im Entwurf des laufenden Haushalts allerdings kein Posten vorgesehen. Dieser Umstand hat bei einigen Gemeinderäten in der ersten Haushaltsberatung am Dienstag Irritationen ausgelöst. "In welche Gefahr schicken wir Lehrer und Kinder tagtäglich?", fragte Finanzreferent Holger Linde (CSU) besorgt. Der Gemeinderat stehe in der Haftung, wenn er bekannte Sicherheitsmängel nicht umgehend behebe. "Ich will nicht in meinem Ehrenamt bestraft werden", sagte Linde.

Bürgermeister Stefan Kolbe (CSU) sagte der SZ tags darauf, er sehe an der Schule kein Sicherheitsproblem. "Die Decke trägt schon seit Ewigkeiten und sie wird permanent kontrolliert." Trotzdem werde er noch einmal Experten durchs Schulhaus schicken, die sich jede Platte einzeln ansehen. Zeige sich Handlungsbedarf, werde die Gemeinde sofort tätig werden. "Was gemacht werden muss, machen wir auch." Sobald es neue Erkenntnisse gebe, werde er die Öffentlichkeit informieren.

Schulleiter Peter Wummel berichtete der SZ, dass schon einmal eine Platte heruntergekommen sei. Verletzt worden sei zum Glück niemand. Trotzdem sieht auch Wummel von den maroden Decken keine akute Gefahr für Lehrer und Kinder ausgehen. "Wir haben vordringlichere Probleme." Das ist vor allem die Raumnot. Im Schulgebäude an der Krenmoosstraße sind auch einige Klassen der benachbarten Grundschule untergebracht. Um 14 Uhr beginnt der Unterricht der Musikschule. "Es ist nicht immer leicht, die Konzentration zu halten, wenn nebenan der Flohwalzer gespielt wird." An die bröckelnden Decken hat man sich an der Schule offenbar gewöhnt. "Es gibt kaum ein Klassenzimmer, in dem ich nicht den Beton sehen kann", sagt der Schulleiter. "Die Platten sind eben schon alt und biegen sich zum Teil. Einige sind auch verrutscht."

Besonders gut sichtbar sind diese Auflösungserscheinungen in der Aula der Mittelschule. Deren Decke verglich Robert Strasser, Leiter der Abteilung für Hochbau in Karlsfeld, mit einem Schweizer Käse. Für die Erneuerung sind im Haushaltsentwurf 49 000 Euro veranschlagt. Diese Investition leuchtete Bündnis-Gemeinderat Adrian Heim ein. Zugleich wunderte er sich, ob man wirklich eine "Musterdecke" für 15 000 Euro benötige - und was das überhaupt sei. Damit brachte Heim den Stein erst ins Rollen. Die Musterdecke diene als Vorbild für die spätere Gestaltung und Beleuchtung der anderen Klassenzimmerdecken, erläuterte Strasser.

Und dann bekam der Vortrag dramatische Züge. Die Reparatur der Decken in den Klassenzimmern wären aus seiner Sicht viel wichtiger als die in der Aula, sagte Strasser. Es bestehe die Gefahr, dass die Trümmer in die Klassenzimmer herabstürzten. "Eine ganz heikle Geschichte." Das Dilemma: Die Klassenzimmerdecken sollen aus Kostengründen erst in drei Jahren hergestellt werden, wenn Wummels Hauptproblem, der Platzmangel, gelöst ist und die Fremdnutzer ausgezogen sind. Dann soll es ein neues Raumprogramm an der Mittelschule geben. Mit dem neuen Zuschnitt würden sowieso bauliche Eingriffe erforderlich. So lange müsste die Schule mit ihren wackeligen Decken noch über die Runden kommen. Aber dabei habe er "wahnsinnige Bauchschmerzen", bekannte Robert Strasser.

Diese Einlassungen führten in Teilen des Gemeinderats zu erheblichen Verunsicherungen. Adrian Heim wollte sich zu den Vorgängen öffentlich gar nicht mehr äußern, andere reagierten gelassen. "Ich glaube, die Darstellung war ein bisschen überzogen", sagte SPD-Chef Franz Trinkl. Wenn es ein ernsthaftes Sicherheitsproblem gebe, vertraue er darauf, dass jeder kommunale Beamte das klipp und klar sage. Auch Bürgermeister Stefan Kolbe nannte die Darstellung seines Rathausmitarbeiters "etwas unglücklich". Das Problem sei sehr viel kritischer rübergekommen als es tatsächlich sei. Nichtsdestotrotz wolle er das Thema nicht auf die leichter Schulter nehmen. "Wir behalten die Situation im Blick."

© SZ vom 10.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: