Gefahr für die Wälder:Borkenkäfer vermehren sich rasant

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Die warme, trockene Witterung schafft ideale Brutbedingungen für die Schädlinge und sie schwächt die Widerstandsfähigkeit der Bäume. Förster Franz Knierer warnt vor einer Katastrophe

Von Julia Haas, Dachau

Eisessen, Grillen mit Freunden, eine Radtour zum Biergarten. Alle freuen sich über das schöne Wetter. Außer Franz Knierer. Er ist Förster beim Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Fürstenfeldbruck und berät Waldbesitzer im Landkreis Dachau. "Wenn es noch zwei, drei Wochen so trocken bleibt, dann steuern wir auf die Katastrophe zu", sagt Knierer. Der Grund für seine Sorge: Borkenkäfer.

Der Schädling befällt Fichten und profitiert vom sommerlichen Wetter. Ein gesunder Baum kann den Schädling nämlich abwehren, "er harzt ihn zu Tode", erklärt Knierer. Wenn es aber lange Zeit sehr trocken und heiß ist, fehlt dem Baum das nötige Wasser, um sich gegen die Borkenkäfer zu verteidigen. Durch einen Sturm entwurzelte Fichten sind noch leichtere Beute. Wenn ein Pionierkäfer einen geschwächten Baum entdeckt hat und es schafft, sich in den Stamm einzubohren, sendet er einen Lockstoff an die anderen. Die Käfer treffen sich bei dem Baum, bohren sich ein, die Borkenkäferweibchen legen ihre Eier ab. Wenn ein Baum besetzt ist, suchen sie sich den nächsten. Währenddessen reifen die Larven heran. Entfernt man den Baum nicht rechtzeitig, kann der Nachwuchs aus einem befallenen Baum etwa zwanzig andere Bäume befallen.

Förster Knierer rät den Waldbauern deshalb dringend dazu, ihren Wald "sauber zu halten". Das heißt, umgefallene Bäume, die sich als Brutstätte eignen, müssen raus, ebenso wie bereits befallene Bäume. "Wenn man an einer Fichte kaffeebraunes Bohrmehl findet, ist der Baum verloren", sagt Knierer. Dann sei der Käfer schon drin. "Viele denken, wenn der Baum noch grün ist, dann ist er noch okay", so der Förster. Das sei ein Irrtum. Die Eier können schon abgelegt sein. Bevor die Larven schlüpfen, muss der Baum dringend fortgeschafft werden. Er empfiehlt eine Entfernung von mindestens 500 Metern zum Wald oder am besten gleich ins Sägewerk.

Um schlimmere Schäden im Wald zu verhindern, hilft nur eine rasche Beseitigung der bereits befallenen Bäume wie hier in einem Wald bei Asbach im Gemeindegebiet Altomünster. (Foto: Toni Heigl)

Der Waldbauernverband (WBV) unterstützt die Waldbesitzer bei Bedarf dabei. Als Einzelner habe man oft keine Möglichkeit, sein Holz bei einem großen Sägewerk unterzubringen, erklärt Vorstand Leonhard Mösl. Etwa 1500 Mitglieder zählt der WBV momentan. In Zusammenarbeit mit dem Forstamt, Franz Knierer und seiner Kollegin Lisa Schubert veranstaltet der Verein eine Informationsveranstaltung über Borkenkäfer, und zwar am 22. Mai in Markt Indersdorf und am 23. Mai am Plätzerhof nördlich von Altomünster. "Das Bewusstsein ist da, bei manchen mehr, bei manchen weniger", sagt Mösl über die Mitglieder im WBV. Ähnlich nimmt das auch Knierer war. Trotzdem erhält er oft Anrufe. "Da beschweren sich Waldbesitzer, dass der Nachbar sein Holz liegen lässt." Der Käfer kenne eben keine Grundstücksgrenzen. "Wenn einer schlampt, können gleich mal 2000 Bäume befallen sein." Leonhard Mösl vom WBV und Franz Knierer vom Forstamt raten deshalb zu Mischwäldern. "Auf zwei Füßen steht man besser als auf einem", sagt Mösl. Früher pflanzte man reine Fichtenbestände an, die Baumart produziert in kurzer Zeit viel Holz und ist pflegeleicht - und als Monokultur sehr anfällig für Schädlinge. Leonhard Mösl hat in seinem Wald etwa 25 bis 30 verschiedene Baumarten. Seine Enkel werden sich später bestimmt mal wundern, was er da alles gepflanzt hat, vermutet der Biobauer aus Ebertshausen. Der Borkenkäfer könne bei ihm keinen größeren Schaden anrichten. Trotzdem freut Mösl sich, wenn es diese Woche doch endlich mal regnen sollte. "Das Problem mit den Borkenkäfern ist gerade sehr akut."

Katharina Nauderer aus Assenhausen will am Donnerstag im Wald ihrer Familie nach Borkenkäferbefall suchen. Alle ein bis zwei Wochen wird den Waldbesitzern eine Kontrolle empfohlen. Der Regen könnte ihr allerdings noch einen Strich durch die Rechnung machen. "Der Regen wäscht das Bohrmehl ab, dann findet man die Käfer nicht mehr so leicht", sagt Nauderer. Die 25-Jährige hat Forstingenieurwesen studiert und ist Revierleiterin bei den Bayerischen Staatsforsten. Ihr Revier Rupertsbuch im Landkreis Eichstätt umfasst 1700 Hektar. Auch dort suchen sie gerade nach Borkenkäferspuren - eine wochenfüllende Aufgabe.

Förster Franz Knierer mit einem vom Borkenkäfer befallenen Stück Rinde. (Foto: Forstamt Fürstenfeldbruck)

Förster Franz Knierer will sich gar nicht ausmalen, wie es mit den Borkenkäfern weitergeht, wenn es durch den Klimawandel im Landkreis immer wärmer wird. "Im Rheinland ist die Durchschnittstemperatur höher als bei uns, da haben sie schon gar keine Fichten mehr", sagt der Förster. Wer privat im Garten ein paar Fichten stehen hat, müsse sich im Normalfall aber auch dieses Jahr keine Sorgen um Schädlinge machen, so Knierer. Er möchte bei den Leuten aber Verständnis wecken. Bald sei Vogelbrutzeit. Da dächten viele, "was schneidet der Depp im Wald da Bäume, wenn die Vögel brüten." Den Waldbesitzern bliebe aber gar nichts anderes übrig, wenn sie die Katastrophe noch abwenden wollen.

© SZ vom 11.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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