Gefährliche Manöver und starker Lärm:Das Kreuz mit den Rasern

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In Dachau häufen sich Klagen über illegale Autorennen. Oberbürgermeister Florian Hartmann fordert mehr Radarkontrollen der Polizei. Die spricht von Einzelfällen in der Stadt und sieht das Problem eher auf dem Land

Von Robert Stocker, Dachau

Wie groß ist das Problem mit nächtlichen Rasern, die sich illegale Autorennen von Dachau nach München liefern? Die Klagen von Bürgern über dieses Phänomen nehmen zu. Dabei spielt auch der Lärm eine Rolle, den aufheulende Motoren und quietschende Reifen machen. Auch Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD) hat das Gefühl, dass nächtliche Rasereien in Dachau immer öfter vorkommen. Er wünscht sich häufigere Radarkontrollen der Polizei. Seit Juni setzt die Stadt verstärkt die kommunale Verkehrsüberwachung ein. Die Polizei glaubt indessen nicht an ein massives Problem und hält organisierte Rennen in der Stadt für Einzelfälle. "Die Hauptproblematik mit extremen Rasern besteht auf dem Land", sagt Polizeihauptkommissar Richard Wacht, Verkehrsexperte der Dachauer Polizeiinspektion.

Persönlich hat Hartmann noch keine nächtlichen Autorennen in der Stadt erlebt. "Ich wohne ja nicht in der Altstadt", sagt Hartmann. Er hat aber einen Bekannten in der Klosterstraße, der häufig über lauten Autolärm in der Nacht klagt. Die Klosterstraße führt zum Dachauer Schloss hinauf. In einer Reportage des Bayerischen Rundfunks nennt ein Mitglied der Münchner Raserszene das Schloss als Startort für Autorennen. Ihm zufolge legen die Teilnehmer die Strecke von der Altstadt zum Münchner Bauhaus in zwölf Minuten zurück. "Unmöglich", kommentiert Richard Wacht, "die müssten im Schnitt mindestens mit Tempo 140 fahren." Richtig aufdrehen könnten die Raser nur auf der B 304. Innerorts seien solche Geschwindigkeiten gar nicht möglich.

Die Dachauer Polizei hat in den vergangenen Monaten verstärkt nächtliche Kontrollen mit Laser gemacht, unter anderem in der Münchner Straße zwischen 1.15 Uhr und 2.45 Uhr in der Früh. Dabei registrierte sie sechs Verstöße, die eine Anzeige zur Folge hatten. "Die gibt es schon bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung von 21 Kilometern pro Stunde", so Wacht. Extreme Verstöße seien nicht vorgekommen. Sie seien Einzelfälle, lautet das Zwischenfazit der Polizei. Wacht weist zudem darauf hin, dass Dachau und Karlsfeld eine kommunale Verkehrsüberwachung haben. "Wir unterstützen nur deren Arbeit." Dennoch wünscht sich Hartmann mehr Präsenz von der Polizei. Sie habe nicht genügend Kapazitäten für mehr Raserkontrollen, hatte der Oberbürgermeister als Antwort erhalten. "Die Polizei hat immer zu wenig Personal, selbst wenn es um Einbrüche geht", sagt Hartmann sarkastisch. "Das ist schon ein Dauerbrenner."

In einem Schreiben bat er den Innenminister, das Personal der Dachauer Inspektion aufzustocken, damit sie ihre Aufgaben erfüllen könne. Die Antwort: Im Vergleich zu anderen Dienststellen sei Dachau gut ausgestattet. Seit Juni macht die kommunale Verkehrsüberwachung auch nachts mehr Radarkontrollen. Hartmann: "Wir überwachen gerade jene Stellen, wo es öfter massive Tempoüberschreitungen gibt." Wenn es nach dem Oberbürgermeister geht, soll das Budget für die Verkehrsüberwachung aufgestockt werden. Aber das müsse die Politik entscheiden. Auch stationäre Blitzer könnten nach Ansicht von Hartmann hilfreich sein. Diese müssen vom Innenministerium genehmigt werden - eine positive Stellungnahme des Polizeipräsidiums vorausgesetzt. "Der Staat macht zu wenig", kritisiert der OB. "An den Kommunen bleibt zu viel hängen."

Der Nutzen stationärer Blitzgeräte, wie sie die Stadtrats-SPD in der äußeren Münchner Straße für sinnvoll hält, ist für Wacht eher fraglich. "Sie wissen, wie das ist", sagt der Verkehrsexperte. "Der Standort der Blitzer wird ganz schnell bekannt. Die Autofahrer bremsen vor den Geräten ab und dann geben sie wieder Gas. Das verursacht zusätzlichen Lärm." Und der geht den Anwohnern extrem auf den Geist.

In erster Linie werde er nicht von Rasern mit illegal getunten Autos verursacht, sondern von zugelassenen Serienfahrzeugen, sagt Wacht. Motorräder der Marken Ducati, Aprilia oder MV Agusta beschallen die Umgebung mit bis zu 108 Dezibel. Dabei seien die Maschinen nicht einmal auffrisiert. Diese Höchstgrenze sei gesetzlich erlaubt. Wacht: "Wenn jemand auf so einem Motorrad Gas gibt, dann stehen die Bürger im Bett." Außerdem sei Tuning zum Teil legal. "Mitglieder der Szene haben Aktenordner dabei. Mit den Unterlagen dokumentieren sie, dass ihr Fahrzeug eine Zulassung hat." Wacht sieht hier den Gesetzgeber gefordert einzuschreiten.

Das Problem mit Rasern gebe es hauptsächlich außerorts. Vor einigen Wochen wurde ein junger Mann zwischen Langenpettenbach und Markt Indersdorf nachts mit Tempo 220 geblitzt. Auch die Straße von Lotzbach nach Biberbach ist der Polizei als Rennstrecke bekannt. "Innerstädtisch geht das nicht", sagt Richard Wacht. "Das habe ich persönlich noch nicht erlebt."

© SZ vom 10.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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