Gebietsversammlungen der Bauern:"Die Landwirtschaft wird als Sündenbock wahrgenommen"

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Kreisbäuerin Emmi Westermeier über die anstehenden Gebietsversammlungen des Bauernverbandes, das Volksbegehren Artenvielfalt und die Verbraucher

Interview von Thomas Hürner

Lange Schlangen bildeten sich vor den Rathäusern, die Bevölkerung auch im Landkreis Dachau zeigte großes Interesse am Volksbegehren Artenvielfalt. Der Bayerische Bauernverband und seine Kreisvertretung Dachau kritisierten den Gesetzesentwurf scharf. Ein Gespräch mit der Kreisbäuerin Emmi Westermeier über Wertschätzung für Bauern und die Anforderungen an die Landwirte.

SZ: 18,4 Prozent der Wahlberechtigten in Bayern haben für das Volksbegehren Artenvielfalt unterschrieben - im Landkreis sogar 22,9 Prozent. Was könnte das für die Bauern in Bayern bedeuten?

Emmi Westermeier: Dass so viele Menschen zum Bürgerbegehren gehen, ist einerseits natürlich sehr gut. Andererseits muss man bedenken, dass 82 Prozent nicht abgestimmt haben. Einige davon, weil es sie nicht interessiert, andere aber, weil sie dagegen sind. Wir denken und hoffen, dass man die Interessen der Landwirtschaft berücksichtigt, denn diese kommen in der öffentlichen Wahrnehmung inzwischen deutlich zu kurz. Wenn ich mich beispielsweise in sozialen Netzwerken umsehe, dann gibt es viele, die glauben, dass die Bauern absolute Narrenfreiheit genießen. So werden wir keine gemeinsame Lösung finden.

Blühstreifen am Mitterwiedenhof in Vierkirchen. Solche wilden Feldraine könnten bald auch in Bayern Gesetz werden. Nicht allen Bauern gefällt das. (Foto: Toni Heigl)

Wie könnte diese Lösung aussehen?

Wir müssen zum einen unseren Blick weiten. Letztens habe ich im Radio gehört, dass Bauern zu viel Biomilch produzieren. Aber hat schon mal jemand daran gedacht, dass der Verbraucher zu wenig Biomilch konsumiert? Das ist Teil des Problems, denn die Landwirtschaft wird nicht mehr als Versorger, sondern als Sündenbock wahrgenommen. Es interessiert niemanden, was wir schon für die Umwelt tun - das ist viel und bringt uns stellenweise schon an Grenzen.

Als Ziel wurde beispielsweise eine Biobauernquote von 30 Prozent formuliert. Ist das in der landwirtschaftlichen Praxis machbar?

Nein. War Planwirtschaft denn jemals zielführend? Der Markt entscheidet und derzeit entscheidet er sich gegen eine solche Bioquote. Die Bauern wollen übrigens nicht reich werden, wie viele immer glauben, sondern von ihrer harten Arbeit vernünftig leben können. Ich hoffe, dass die Politik dieses Anliegen entsprechend im Blick behält.

Emmi Westermeier ist seit 30 Jahren politisch engagiert, zunächst als Gemeinderätin, heute als CSU-Kreisrätin und Kreisbäuerin. Sie hat vier Kinder und drei Enkel und bewirtschaftet mit der Familie einen Hof in Weichs. (Foto: Niels P. Joergensen)

Ministerpräsident Markus Söder (CSU) will gemeinsam mit den Freien Wählern nun einen alternativen Gesetzesvorschlag zum Volksbegehren vorlegen. Was erwarten Sie von ihm und der bayerischen Landesregierung?

Wir haben im vergangenen Jahr einen Pakt geschlossen, in dem sich die Politik dazu bereit erklärt hat, auf die Interessen der Landwirtschaft Rücksicht zu nehmen. CSU-Politiker Alois Glück wurde ja nun als Vermittler an den runden Tisch beordert und ich bin zuversichtlich, dass er der richtige Mann für diese Rolle ist. Es geht um Kompromisse und natürlich sind auch wir bereit für den Dialog.

Bei der Gebietsversammlung des Bayerischen Bauernverbands am kommenden Mittwoch in Kollbach möchte man ebenfalls die Frage klären, wie man sich vor den Kommunalwahlen im nächsten Jahr aufstellt.

Werden dort auch Empfehlungen formuliert? Nein. Wie man sich parteipolitisch positioniert, muss jeder mit sich selbst ausmachen. Für uns geht es darum, dass wir in den Gremien möglichst viel Mitsprache erreichen wollen, um die Ansinnen der Landwirtschaft entsprechend voranzutreiben. In jedem Filmchen über den Freistaat wird das schöne Bayern abgebildet, aber nur selten diejenigen, die sich dafür in der täglichen Arbeit einsetzen. Darum geht es: Die Landwirtschaft muss endlich wieder die nötige Wertschätzung erfahren.

Termine für die Gebietsversammlungen des Bauernverbandes im Landkreis Dachau: Mittwoch, 27. Februar, Landgasthof Ostermair, Kollbach. Dienstag, 12. März, Gasthaus Fottner, Hilgertshausen-Tandern. Montag, 18. März, Wirtshaus Oberbachern, Bergkirchen. Donnerstag, 21. März, Gemeinschaftshaus Unterumbach, Pfaffenhofen a.d. Glonn, Beginn ist jeweils um 19.30 Uhr.

© SZ vom 26.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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