Für die Umwelt:Anpacken für die Artenvielfalt

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Verkehr reduzieren, freie Flächen erhalten, Waldränder renaturieren: Der Bund Naturschutz kämpft auch in diesem Jahr aktiv um den Erhalt der Heimat und stellt sich, wenn es sein muss, auch gegen die Politik

Von Benjamin Emonts, Dachau

Sie pflegen Biotope, bringen Erdkröten sicher über die Straße oder üben mit Unterschriftenaktionen Druck auf die Kommunalpolitik aus: Insgesamt fast 4000 Menschen haben sich in der Dachauer Kreisgruppe des Bund Naturschutz (BN) zusammengeschlossen, um sich für ihre Umwelt stark zu machen. Auch im Jahr 2018 hat sich die Kreisgruppe, die aus zwölf Ortsgruppen besteht, wieder hohe Ziele gesteckt. Sie möchte verhindern, dass der starke Verkehr im Landkreis Dachau noch weiter zunimmt. Sie möchte sich dagegen wehren, dass die wenigen freien Flächen im Landkreis weiter zugepflastert werden. Und sie möchte Insekten vor dem Aussterben bewahren.

"Wir werden uns aktiv für den Erhalt unserer Heimat einsetzen", verspricht der Vorsitzende der BN-Kreisgruppe und GrünenKreisrat Roderich Zauscher. Die Kreisgruppe Dachau setzt sich seit 43 Jahren für den Umweltschutz ein. Bemessen an der Bevölkerungszahl des Landkreises Dachau ist sie eine der größten Kreisgruppen Bayerns. Einen Mitgliederschwund oder größere Nachwuchsprobleme habe der Bund Naturschutz nicht, versichert Zauscher. Die Zahl seiner Mitglieder und Unterstützer sei seit Jahren relativ konstant. Während ein harter Kern tatkräftig anpackt und seine Körperkraft ehrenamtlich einsetzt, unterstützen die passiven Mitglieder den Verein zumindest finanziell über Spenden und Mitgliedsbeiträge.

Korrektiv zur Politik

Viele Bürger sehen im Bund Naturschutz offenbar eine Plattform, um ihren Bedenken und Vorstellungen in Umweltfragen Gehör zu verschaffen. "Wir sind ein Korrektiv zur Politik, das in die gesellschaftlich-politische Debatte eingebunden ist", betont Roderich Zauscher. Auch im Jahr 2018 will der Verein sich wieder kräftig einmischen. Eine dritte Startbahn am Münchner Flughafen, das stellt Zauscher klar, komme für die Kreisgruppe überhaupt nicht in Frage. Die Erzeugung regenerativer Energien, beispielsweise durch Windkraft oder Fotovoltaik, wolle man hingegen weiterhin unterstützen. Gleiches gilt für Initiativen gegen das umstrittene Herbizid Glyphosat, das erst vor Kurzem für fünf weitere Jahre in der Europäischen Union genehmigt wurde, oder für das von den Grünen initiierte Volksbegehren gegen Flächenfraß in Bayern. "Wir wollen die Leute mit Aktionen in den Orten zum Unterschreiben bringen", kündigt Zauscher an.

Im Landkreis Dachau will der BN weiterhin für ein großflächiges Landschaftsschutzgebiet zwischen Dachau und Karlsfeld kämpfen. Die freie Fläche, betont Zauscher, sei für den Frischluftaustausch im Ballungsgebiet unbedingt erforderlich. Seit Jahren steht das Thema im Zentrum politischer Debatten. Die BN-Kreisgruppe beteiligte sich an einem Bündnis, das bei den Bürgern 5000 Unterschriften für das Landschaftsschutzgebiet sammelte. Zuletzt allerdings leitete der Kreistag zur Verärgerung der Naturschützer ein Verfahren für eine deutlich abgespeckte Version der Freifläche ein. Der BN will sich gegen diese "kleine Lösung" wehren. "Wir brauchen einen größeren Wurf", fordert Peter Heller, der Vorsitzende der Ortsgruppe Dachau. Er verspricht: "Wir werden mit den Verantwortlichen im Gespräch bleiben."

Der Bund Naturschutz im Landkreis Dachau will das Biotop als Heimat für seltene Pflanzen und Tiere erhalten. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Gleichzeitig setzt sich der BN vehement gegen die von Landrat Stefan Löwl (CSU) geforderte Ost-Umfahrung Dachaus ein. "Wir stehen Gewehr bei Fuß und haben mit vielen Grundbesitzern bereits Einwände erhoben", erklärt Zauscher. Durch die Umfahrung, sagt Peter Heller, würde wertvolle Freifläche versiegelt und die Verkehrsproblematik eher verschlimmert als entschärft. Die Millionenkosten für eine solche Umfahrung würde er stattdessen "massiv" in den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) stecken. "Wir müssen den Verkehr reduzieren und besser lenken", fordert Heller. Um den ÖPNV im Landkreis zu stärken, will sich die BN-Kreisgruppe deshalb auch für einen zusätzlichen Bahnhof mit Park-and-Ride-Anlage in Breitenau einsetzen.

Orchideen und Kibitze

Hinzu kommen zahlreiche praktische Maßnahmen, die der BN ergreift. Eines ihrer größten Naturschutzprojekte ist das Palsweiser Moos. Die BN-Kreisgruppe hat inzwischen 15 Hektar der Flächen dort erworben und fast sieben Hektar gepachtet. Etwa 20 bis 30 Ehrenamtliche haben dort Laichgewässer für Amphibien oder Streuobstwiesen angelegt und Waldränder renaturiert. Die Arbeit soll in diesem Jahr fortgeführt und erweitert werden. Erste Erfolge seien schließlich schon sichtbar. Die Kreuzotter wurde laut Zauscher in letzter Zeit wieder häufiger im Palsweiser Moos gesichtet, ebenso Pflanzen wie die Sibirische Schwertlilie oder das Nordische Farnkraut. Sehr aktiv ist die Kreisgruppe außerdem im Dachauer Moos, in dem sie ebenfalls in zwei Kernzonen Grund erworben hat. Auch hier sollen ursprüngliche Lebensräume erhalten und wiederhergestellt werden samt ihrer Artenvielfalt. "Hier wachsen wunderschöne Orchideen und es ist ein Nahrungsgebiet für den Kibitz", schwärmt Zauscher.

Ende Februar und Anfang März steht für die Ortsgruppen dann der Schutz der Kröten, Frösche und Molche, die zu ihren Geburtsgewässern wandern, im Vordergrund. Die Ehrenamtlichen helfen den Tieren über die viel befahrenen Straßen, damit sie nicht überfahren werden. Dazu bringen sie beispielsweise an der Gröbenrieder Straße entlang des Stadtwaldes einen ein Kilometer langen Krötenzaun an, der verhindert, dass die Tiere auf die Straße gelangen. An den Öffnungen des Zaunes fallen die Tiere in Wassereimer, die in die Erde eingelassen sind. Morgens und abends holen die Naturschützer die Eimer ab und bringen sie über die Straße. Dahinter steckt ein enormer Zeitaufwand, der sich allerdings lohne: "Pro Jahr retten wir 800 bis 2500 Tieren das Leben", sagt Heller.

Zwischen Mai und August vernichtet die Dachauer Ortsgruppe dann wieder Pflanzen wie das indische Springkraut oder die kanadische Goldrute, welche die heimischen Gewächse wie das Knabenkraut immer mehr verdrängen. Mit dem Ausgraben der unerwünschten Pflanzen verbringen die Teams 15 bis 20 Abende. Schließlich, in den Herbstmonaten, steht vor allem die Biotop-Pflege in den Amperauen an. "Aber das ist auch immer eine Gaudi", sagt Naturschützer Heller - und verspricht allen Helfern eine ausgiebige Brotzeit.

© SZ vom 26.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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