Fridays-for-Future-Veranstaltung:Die Angst der Schüler

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Bei einer Podiumsdiskussion im Indersdorfer Gymnasium wird deutlich, wie sehr der Klimawandel und das Artensterben die Jugendlichen umtreibt. Sie wünschen sich mehr Unterstützung durch die Politik

Von Julia Putzger, Markt Indersdorf

Freitage, das sind schon seit Monaten die Tage, an denen vor allem Schüler bundesweit für den Klima- und Umweltschutz auf die Straße gehen. Die Schüler des Gymnasiums in Markt Indersdorf mussten am Freitag dafür nicht einmal die Schule schwänzen. Der Fridays-for-Future-Protest fand während der Unterrichtszeit in der Aula statt - eine Podiumsdiskussion mit dem Thema "Rettet die Bienen!" Vertreter des Bauernverbands, des Bundes Naturschutz, des Naturlandverbandes und der Zoologischen Staatssammlung München diskutierten mit Schülern über die Verwirklichung der im Volksbegehren für Artenvielfalt gesetzten Ziele.

Das Fazit: Wir müssen gemeinsam anpacken und alle Verantwortung übernehmen, wie erklärt wurde. Darüber waren sich alle auf dem Podium einig: Roderich Zauscher, Kreisrat (Grüne) und Vorsitzender der Naturschützer im Landkreis, Helmut Steber, Vertreter des Verbandes für ökologischen Landbau und selbst Biobauer, Michael Schrödl, Experte von der Zoologischen Staatssammlung München, Dagmar Wagner, Geschäftsführerin des Bildungswerks des Bayrischen Bauernverbands und Landwirtin, sowie Anton Kreitmair, Präsident des Bezirksverbandes Oberbayern im Bauernverband.

Roderich Zauscher (von links), Moderatorin Geli Schmaus, Michael Schrödl, Anton Kreitmair, Dagmar Wagner und Hanna Peter. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Das Volksbegehren sei wichtig und eine gute Sache, die Zuständigkeit dürfe aber nicht allein den Landwirten zugeschoben werden, betonte Kreitmair mehrmals. Mit Hilfe von grünen und roten Papierblättern, welche die Schüler in die Höhe halten konnten, zeigte sich, ob die Ideen der Diskutanten begrüßt oder abgelehnt werden - in diesem Fall signalisierte das Publikum prinzipielle Zustimmung für das Argument des Bauernsprechers.

Kreitmair, Wagner und Steber wiesen darauf hin, dass es von Seiten der Bauern schon lange die Bereitschaft zum Dialog gebe. Erst durch die starke mediale Aufmerksamkeit seien beispielsweise Blühwiesen in den Vordergrund gerückt, die es schon viele Jahre gebe. Die beiden Vertreter des Bauernverbandes forderten darum die Schüler auf, selbst aktiv zu werden: "Ihr seid die Zukunft!" Kreitmair wies auf ganz naheliegende Felder hin: Die kargen Wiesen vor dem Schulgebäude könnten etwa in Blühwiesen umgewandelt werden, beim Pausenverkauf werde kein einziges Bioprodukt angeboten. Denn, so Kreitmairs zentrales Argument, die biologisch produzierten Waren müssten auch konsumiert werden.

In Sachen Konsum meldete sich auch Steber zu Wort. Solange beispielsweise Putenfleisch im Discounter zu Kampfpreisen erhältlich sei, könnten die heimischen Landwirte nicht ökologisch wirtschaften und ihre Produkte zu fairen Preisen anbieten. "Wir müssen endlich leben, was wir sprechen und nicht nur denken und sprechen", fasste der Biolandwirt die Situation zusammen.

Vom Vorschlag, der Staat solle die ökologische Landwirtschaft subventionieren, hält er allerdings wenig. Er wolle nicht vollständig von diesen ohnehin schon vorhandenen Unterstützungen abhängig sein, sondern wünsche sich faire Preise für die Arbeit der Landwirte.

Rote Karten für schlechte, grüne für tolle Ideen: Die Gymnasiasten in Markt Indersdorf urteilen über die Beiträge auf dem Podium. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Neben dem bewussten Einkaufen legten die Vertreter der Bauern den Schülern aktives Engagement vor Ort, beispielsweise in ihren Heimatgemeinden, ans Herz. Kommunalpolitiker hörten den Anliegen ihrer Bürger gerne zu, egal ob jung oder alt. Wenn nur genug Menschen sich einbringen würden, könne man auch etwas bewirken, sagte Wagner. Das versicherte auch Schrödl den anwesenden Schülern, die eher skeptisch waren, ob sie das Einkaufsverhalten ihrer Eltern ändern könnten: "Der Druck muss von unten kommen. Ihr habt mehr Einfluss als ihr denkt, das beste Beispiel dafür sind die Fridays-for-Future-Demonstrationen. Und schließlich seid ihr wahrscheinlich das Wichtigste, was eure Eltern haben."

Trotzdem wünschten sich die Schüler vor allem kleine, gut in den Alltag integrierbare Maßnahmen, mit denen sie dem Bienensterben und dem Klimawandel Einhalt gebieten könnten. Steber riet ihnen, beim Verlassen eines Raumes das Licht auszuschalten, Wagner empfahl, auf das Onlineshopping, besonders bei kleinen Besorgungen, zu verzichten. Um sich überhaupt bewusst zu werden, "wo es wirklich hapert", schlug Schrödl vor, den eigenen ökologischen Fußabdruck online zu berechnen. "Das war der Knackpunkt in meinem Leben", erzählte der Wissenschaftler. Seitdem achte er sehr genau auf sein Verhalten und kompensiere beispielsweise CO2, in dem er einen jährlichen Betrag an eine Organisation wie atmosfair zahle. Seine Hauptbotschaft an die Schüler lautete: "Tut, was euch am leichtesten fällt, aber tut es und zwar jetzt!"

Diese Vorschläge kamen bei den Jugendlichen zwar allesamt gut an - schließlich sollte die Podiumsdiskussion vor allem helfen, Visionen und konkrete Handlungsmöglichkeiten zu entwickeln - trotzdem wollten die Schüler nicht die ganze Verantwortung auf sich abwälzen lassen. Das zeigten Wortmeldungen in der anschließenden Diskussion. Eine Schülerin meinte etwa, was sie denn dagegen tun könne, dass Unmengen an Plastikmüll im Meer landen - sie trenne ihren Abfall ja bereits und habe doch sonst keinen Einfluss. Die Politik muss sich ihrer Meinung nach deshalb viel stärker für die Umwelt einsetzen. Weitere Beiträge zeigten, dass die Jugendlichen sich durchaus mit dem Klimawandel und dem Artensterben beschäftigen. Sie engagieren sich für eine Veränderung - nicht nur an Freitagen.

© SZ vom 23.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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