Fotoausstellung in Dachau:Dem Himmel so nah

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Die mehrfach ausgezeichnete Dachauer Fotografin Martha Feustel zeigt in Sankt Peter Aufnahmen von Kirchen in freier Landschaft. Ihr Reiz ergibt sich aus dem Zusammenspiel von Architektur und Natur bei ungewöhnlichen Lichtstimmungen

Von Renate Zauscher, Dachau

Seit sechs Jahren veranstaltet Gabriele Schneider, Kirchenmusikerin und Leiterin des Kirchenchors der Pfarrgemeinde Sankt Peter in Dachau, ein Open-Air-Konzert, an dem sich der Chor und das Bläserquintett des Consortio Brassivo beteiligen. Mit dabei seit den Anfängen ist Martha Feustel: Als Mitglied des Chors einerseits und als Fotografin andererseits. Das Freiluftkonzert ist vorbei, aber die begleitende Ausstellung von Martha Feustel kann man immer noch in der Kirche sehen. Die Fotografien können gegen eine Spende auch erworben werden; der Erlös geht an den Förderverein von Sankt Peter für die geplante Kirchenrenovierung.

Martha Feustel gehört nicht zu den Menschen, die angesichts eines schönen Motivs nur einfach auf den Auslöser ihrer Kamera drücken. Sie fotografiert seit langem und sie nutzt die technischen Möglichkeiten ihrer digitalen Spiegelreflexkamera, einer Nikon 800, sehr bewusst. Dabei arbeitet sie mit verschiedenen Filtern und fast immer mit Stativ, häufig mit Langzeitbelichtung. "Mit der Technik zu spielen - das ist so meins", sagt sie. Martha Feustels Leidenschaft gilt der Landschaftsfotografie, oft in Verbindung mit Architektur, was den Landschaftsaufnahmen durch das Zusammenspiel von Natur und Gebäudestrukturen ihren besonderen Reiz verleiht. Vielleicht hat die Vorliebe für Landschaftsfotografie mit einem Erlebnis am Praxer Wildsee in Südtirol zu tun: Die Berge hinter dem See spiegelten sich im Wasser, als Feustel am See stand. "Ich war so fasziniert - diesen Eindruck werde ich nicht mehr los", erinnert sie sich.

"Hallo, lieber Gott. Hörst du mich?" - Die kleine Kirche Sankt Johann im Felde bei Raisting inmitten riesiger Parabolantennen, fotografiert von Martha Feustel. (Foto: Niels P. Jørgensen (Repro))

Als fotografische Quereinsteigerin hat Martha Feustel seitdem viel gelernt, hat Kurse besucht, sich mit anderen Fotografen ausgetauscht oder ist mit ihnen gemeinsam auf Motivsuche gegangen.

Eines allerdings hat die gebürtige Allgäuerin offenbar von Anfang an mitgebracht: das besondere Gespür für landschaftliche Schönheit und für den perfekten Moment. Der kann durchaus auch ein Geschenk des Augenblicks sein: eine Wolke, die sich plötzlich am Himmel formiert oder hervorbrechendes Sonnenlicht, das so, wie auf einer Aufnahme der Kirche von Sankt Coloman bei Schwangau, plötzlich Teile des Kirchengebäudes und die Spitzen der Berge im Hintergrund im frühen Morgenlicht aufleuchten lässt.

Abend- und frühe Morgenstimmungen sind es, die Feustel sehr oft festhält, und immer wieder auch in Nebel gehüllte Landschaften oder Gebäude wie beispielsweise die Filialkirche Steinkirchen bei Dachau. Das kleine, ursprünglich frühromanische Gotteshaus scheint im Nichts zu stehen: Alles Umgebende, Bäume, andere Gebäude, verschwinden in Nebelschwaden. Viele Motive von Martha Feustel sind bekannt: die Raistinger Kirche Sankt Johann im Felde etwa neben den dortigen Parabolantennen, das schöne Ensemble von Kirche und Kapelle in Wilparting an der Autobahn A 8 Richtung Salzburg oder die tausendfach fotografierte Kirche in Ramsau bei Berchtesgaden. Aber so wie Feustel diese Motive sieht und festhält, wird auch Altbekanntes zu etwas Neuem, Anderen. Frustel setzt Akzente, betont landschaftliche Strukturen: Wege etwa, die in eine Landschaft hineinführen oder einen Steg, der in einen abendlich beleuchteten See hineinragt - meist ist es der Ammersee.

Martha Feustel sucht den perfekten Augenblick, um auf den Auslöser ihrer Kamera zu drücken. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Solche Bilder entstehen nicht nur im zufälligen Vorbeifahren. "Oft stehe ich stundenlang und warte auf den richtigen Moment", sagt die Fotografin. Und oft steht Feustel schon um drei oder vier Uhr morgens auf, um ein ins Auge gefasstes Motiv schon im frühen Morgenlicht zu erreichen. Immer wieder spielt der Himmel eine wichtige Rolle in Martha Feustels Aufnahmen. So liegt etwa der lange Gebäudetrakt von Schloss Nymphenburg in abendlichem Schatten, darüber ein magisch von der untergehenden Sonne beleuchteter Abendhimmel. Wenig überraschend, dass die Bayerische Schlösser- und Seenverwaltung auf Feustel aufmerksam wurde und ihre Fotos mehrfach für Weihnachtskarten an besondere Kunden verwendet hat. Feustel hat für Aufnahmen wie die von Sankt Coloman oder Nymphenburg mehrfach Preise bekommen; ihre Fotos werden darüber hinaus von einer namhaften Agentur vertreten. In zwei Jahren wird Martha Feustel, die beim Bayerischen Rundfunk arbeitet, in Pension gehen. Wahrscheinlich wird sie dann noch öfter im frühen Morgengrauen oder spät abends unterwegs sein: dort, wo sie Landschaft, Licht und die Stimmung des Augenblicks zu eindrucksvollen Bildern komponieren kann.

Die Ausstellung mit Martha Feustels Fotografien ist bis auf weiteres in der Kirche Sankt Peter in Dachau zu sehen. Die Kirche ist auch an Werktagen tagsüber geöffnet.

© SZ vom 08.08.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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