Faschingshöhepunkt:Standpauke zum Sekt

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Am Unsinnigen Donnerstag lesen die Hexen in Indersdorf Franz Obesser vor vielen Schaulustigen die Leviten. Auch in Schwabhausen und Erdweg werden die Rathäuser gestürmt - und die Krawatten der Bürgermeister gestutzt

Von Laura Winter, Dachau

Mit ihren bunten Haaren und verzierten Besen tanzen die Hexen der Indersdorfer Hexengilde am Unsinnigen Donnerstag vor dem Rathaus singend um eine Feuerschale, begleitet von vielen Kindern. Kreischend und jubelnd versammeln sie sich vor dem Eingang zum Rathaus, drängen sich in das Foyer und stürmen die Treppe hinauf ins Bürgermeisterzimmer. Sie treiben Franz Obesser (CSU) und seinen Geschäftsleiter Klaus Mayershofer hinaus durch einen Besen-Spalier. Immer weiter, bis sie im Sitzungssaal angekommen sind. Dort werden sie bereits erwartet: Ludwig Wimmer und seine Blaskapelle empfangen die Hexen feierlich.

Wie eine Trophäe hält Oberhexe Gisela die abgeschnittene Krawatte in der Hand. Franz Obesser hat das Nachsehen und feiert mit. (Foto: Toni Heigl)

Der Saal füllt sich schnell, bald müssen Spätankömmlinge das lustige Treiben von draußen mitverfolgen. Alle warten gespannt darauf, dass der Bürgermeister, oder zumindest seine Krawatte, zurechtgestutzt wird. Die Hexen knöpfen sich Obesser vor. Grinsend zückt eine von ihnen die giftgrüne Schere. Und beginnt eifrig, den Schlips abzuschneiden. Doch Obesser hat sich, wie im vergangenen Jahr, einen Trick ausgedacht, um die Hexen zu ärgern: Er versteckte einen Zweig in seiner Krawatte. Am Ende behalten die Hexen jedoch die Oberhand, und der Schlips fällt zu Boden. Der zweite und dritte Bürgermeister entkommen dem Krawatten-Massaker, beide sind krankheitsbedingt verhindert. Zu beklagen haben die Hexen einiges. Bühnenreif beginnen die Hexen Sonja und Maria, sich wild über die nicht vorhandene Bus- und Taxiverbindung vom Bahnhof in den Ort auszulassen. Im Anschluss sprechen die Hexen Chris und Pidi über den "ollergreisligsten Marktplatz in da ganz'n Umgebung". Sie beklagen den Umzug der meisten Geschäfte in das Industriegebiet und die schlechte Parkplatzsituation in der Ortsmitte. Gerade einmal zwei Stunden könne man am Marktplatz parken, was die Hexen und Hausfrauen in "an Riesenstress" versetze. Laut kreischend und jubelnd wird jede Rede vom Rest der insgesamt 20 Hexen unterstützt. Die wilden Damen trommeln auf den Tisch, ein Sektglas erzittert bei der rasenden Trommelei und schwappt sogar über. Die närrische Stimmung reißt jeden mit. Gründe zum Feiern gibt es neben der Standpauke für den Bürgermeister genug: Eine der wilden Hexen feiert Geburtstag. Beim Geburtstagslied zu ihren Ehren singt der ganze Saal mit. Die Hexen überreichen ihrer Obersten, Gisela, einen Pokal mit goldenen Flügeln. Zehn Jahre amtiert sie als Oberhexe der Gilde, deren Mitglieder seit 1980 dem Bürgermeister die Leviten lesen.

Mit ihren bunten Haaren und verzierten Besen tanzen die Hexen der Indersdorfer Hexengilde am Unsinnigen Donnerstag. (Foto: Toni Heigl)

Auch in Schwabhausen stürmen die Hexen mittags das Rathaus. Bürgermeister Josef Baumgartner und das gesamte Büro haben sich auch in diesem Jahr verkleidet. Jedes Jahr darf eine andere Abteilung des Rathauses ein Motto bestimmen, so Baumgartner, der mit einer bereits gekürzten, grauen Batik-Krawatte und glitzernden Sneakern an seinem Schreibtisch sitzt. Auf dem Flur sieht man immer wieder Mitarbeiter in schwarz-weißer Kleidung und Schminke; "Pantomime" lautet das Motto. Bald sind die zehn Hexen vor Ort, stürmen das Büro des Bürgermeisters und nehmen ihn in Beschlag. Hexenmeister Eckhardt Giesche und seine Frau Heike halten ihr Hexengedicht und heizen Baumgartner ein.

Erdwegs Bürgermeister Christian Blatt wird ebenfalls von Hexen heimgesucht, die im Rathaus ihr Unwesen treiben.

© SZ vom 09.02.2018 / SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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