Arrangierte Ehen sind in Deutschland zwar juristisch erlaubt, aber doch eine große Seltenheit. Ein Paar findet sich in den allermeisten Fällen selbst, nicht durch Verwandte oder Mittler. Anders im Fasching: Den zehnjährigen Dachauer Korbinian Börnert und die zehnjährige Cheyenne Reichert verkuppelten erfolgreich die Eltern. Bei einem Tanzauftritt ihres Sohnes im Februar wird Simone Börnert von Cheyenne Reicherts Mutter gefragt, ob ihr Korbinian nicht der neue Prinz für die Cheyenne werden wolle. Ihr Sohn ist schnell dabei, "es wär schon cool, mal der Prinz zu sein" überlegt er sich kurze Zeit später. Und die Eltern des Prinzen überlegten sich spontan, ebenfalls in royale Hierachien aufzusteigen - auch sie wollen ein Regentenpaar sein. So steht schon im Februar fest, was erst jetzt im November verkündet worden ist: Der Olympia Faschingsclub Karlsfeld hat seine neuen Prinzenpaare für die kommende Faschingssaison gefunden. Und auch für den närrischen Verein in Dachau ist jetzt bekannt, wer die in der kommenden Faschingssaison den Walzer durch den Landkreis tanzen wird.
Als die 35-jährige Simone Börnert sieht, wie ihr Sohn sich darauf freut, in der nächsten Faschingssaison Prinz zu sein, erinnert sie sich, dass ihr Mann sie auch mal als Prinzessin sehen wollte. Sie fragt ihren Gatten, das Ja-Wort fällt und Simone und Peter Börnert beginnen, ihre mögliche Thronfolge zu planen. Seit Mai geht das Paar jede Woche zum Tanztraining ins Bürgerhaus Karlsfeld und übt Walzer und Disco-Fox. Beim jährlichen Rosenball im November verkündet der Olympia Faschingsclub dann offiziell, dass neben der Kinderprinzessin Cheyenne Reichert gleich drei Vertreter des Karlsfelder Faschinsg aus dem Hause Börnert kommen.
Die fünfköpfige Familie ist seit Jahren im Faschingsfieber
Schließlich ist die Familie Börnert schon lange im Faschingsfieber. Als ihre Tochter 2018 mit dem Gardetanz beim Faschingsclub in Karlsfeld anfängt, wird auch Simone Börnert Mitglied im Verein und fängt an "im Hintergrund" mitzuhelfen, wie sie erzählt. Das ändert sich jedoch vor zwei Jahren, als das Narrenpräsidium neu aufgestellt wird und Börnert kurzerhand die Schatzmeisterin des Vereins wird. Sie schließt eine Familienmitgliedschaft beim Faschingsclub ab, seither ist die gesamte Familie dem Narrentum in Karlsfeld verfallen. Die älteste Tochter tanzt mittlerweile in der großen Garde, der zukünftige Prinz Korbinian bei den "Teenies" und der jüngste Sohn marschiert schon bei der Piccolo-Garde mit.
Die zukünftige Prinzessin Börnert freut sich vor allem darauf, den Fasching von der Bühne aus mitzuerleben und auf die aufwendigen Choreographien, die sie seit Monaten mit ihrem Ehemann und Prinzen einstudiert. Am 6. Januar werden die beiden Prinzenpaare in Karlsfeld inthronisiert, der Prinzessin wird traditionell ein Diadem überreicht, dem Prinzen ein Zepter. Im Hause Börnert sitzen für ein Jahr dann gleich drei Adelige im Wohnzimmer.
Nach der Pandemie nimmt die Gaudi nun wieder Fahrt auf
Prinzenpaare zu finden und den Fasching in Dachau zu feiern, war in den vergangenen Jahren nicht einfach, zwei Jahre in Folge mussten die Faschingsvereine wegen der Corona-Pandemie ihr Programm stark reduzieren, viele Veranstaltungen fielen aus. Seit dem Vorjahr hat die Faschingsgaudi wieder Fahrt aufgenommen, in diesem Jahr geht es mit voller Geschwindigkeit weiter - auch in Dachau.
Dort wurden kürzlich im Ludwig-Thoma-Haus ebenfalls die beiden neuen Prinzenpaare verkündet: Der Hotelangestellte Anthony Hohenegger wird Prinz von Prinzessin Nora Grill. Nachdem im letzten Jahr mit dem knapp 60-jährigen Ehepaar Angela und Hardy Burghardt ein Prinzenpaar älteren Semesters gewählt wurde, ist das erwachsene Prinzenpaar aus Dachau heuer deutlich jünger - und nur zehn Jahre älter als das Kinderprinzenpaar.
Im Gegensatz zum neuen Kinderprinzenpaar, der 15-jährigen Victoria Miersch und dem 17-jährigen Luca Galliano, die sich seit dem Kindergarten kennen, hat sich das erwachsene Prinzenpaar erst vier Wochen zuvor kennengelernt. Die Harmonie habe jedoch direkt gestimmt, finden Grill und Hohenegger gleichermaßen. Anthony Hohenegger ist für den Dachauer Fasching zuletzt 2011 bei der Jugendgarde aufgetreten. Seitdem erlebt der 26-Jährige Dachauer die bunten Umzüge und Auftritte nur als Schaulustiger mit. Doch als ihn sein Nachbar im Herbst fragt, ob er die Rolle des Prinzen übernehmen will, ist Hohenegger leicht zu überzeugen: "Stellt eine Prinzessin auf, dann mache ich's".
Seine Prinzessin Nora Grill war schon als Kind fasziniert vom Dachauer Fasching: Seit sie neun Jahre alt ist, tanzt sie bei Faschingsgarden mit. Sie kennt die Abläufe, mit dem letzten Prinzenpaar ist sie bereits auf vielen Veranstaltungen unterwegs gewesen. Ihr Traum war schon als Kind, einmal die Prinzessin seien zu dürfen, "den Fasching von einer anderen Seite kennenzulernen", wie sie sagt. Mit ihrem neuen Prinzen wird Nora Grill am 13. Januar bei der Inthronisation zum ersten Mal als Prinzessin den Walzer tanzen. Als jahrelange Gardetänzerin will sie weiterhin "Teil der Show sein" - sie will also auch bei der Show-Tanz-Gruppe mittanzen.
Bei der Inthronisation des Dachauer Faschingsvereins bekommen die Prinzen, wie auch in Karlsfeld, ein Zepter und die Prinzessinnen eine Krone. Laut der Prinzessin in Spe, wird ihr jedoch symbolisch eine Rose überreicht, denn die Krone muss schon vorher in ihre aufwendige Frisur fixiert werden, damit sie dann beim Show-Tanz der Garde nicht herausfallen kann.
