Erstes Jugendsinfonieorchester:Endlich anspruchsvoll

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Vor einem knappen Jahr probte das Orchester zum ersten Mal. Neue Mitspieler sind nach wie vor willkommen. (Foto: Gudrun Huber)

Musikpädagogin Gudrun Huber gründet das erste Jugendsinfonieorchester des Landkreises Dachau. An diesem Sonntag präsentiert es sich erstmals der Öffentlichkeit mit einem Konzert im Ludwig-Thoma-Haus

Von Anna-Sophia Lang, Dachau

Der Landkreis Fürstenfeldbruck hat das Puchheimer Jugendkammerorcheter, Freising das Jugendsinfonieorchester, und das Erdinger Jugendkammerorchester Violinissimo hat im Frühsommer zum zweiten Mal den Deutschen Orchesterwettbewerb gewonnen. Sie sind nur einige Beispiele dafür, wie in den Landkreisen rund um Dachau junge, talentierte Musiker mit der Möglichkeit gefördert werden, anspruchsvolle klassische Literatur zu spielen. Auch im Dachauer Land machen Vereine, Musikkapellen und Schulorchester Nachwuchsarbeit. Eine Kreismusikschule gibt es aber immer noch nicht. Unnötig, finden zu viele Bürgermeister und Kreisräte. Ein Jugendensemble, das für Talente aus dem ganzen Landkreis offensteht, hat auch aus diesem Grund gefehlt. Bis jetzt: An diesem Wochenende tritt das Dachauer Jugendsinfonieorchester zum ersten Mal auf.

Zu verdanken hat der Landkreis das Gudrun Huber. Schon lange hatte die Musikwissenschaftlerin und Geigenlehrerin mit der Idee gespielt, ein solches Orchester zu gründen. "Bläser werden bei uns sehr stark gefördert", sagt sie, "da gibt es die Big Band Dachau und viele Blaskapellen. Die Streicher sind nicht so stark vertreten." Vor allem bei Celli und Kontrabässen fehle die Förderung. Ambitioniertere Streicher mit Potenzial müssten für entsprechende Orchester nach München fahren und lange Fahrzeiten bis spät in die Nacht auf sich nehmen, während der Schulzeit. "Das ist für sie eine riesige Herausforderung." Jetzt haben solche Nachwuchsmusiker auch im Landkreis eine Chance. "Wir können anspruchsvolle Originalliteratur spielen und müssen nicht auf vereinfachte Arrangements zurückgreifen", sagt Huber, "das ist ein anderes Niveau."

Vor einem knappen Jahr war der Moment günstig, in den Weihnachtsferien fand die erste Probe des Dachauer Jugendsinfonieorchesters statt. Die Resonanz war gut, 33 junge Musiker gehören inzwischen dazu. "Es ist ein sehr nettes Ensemble", sagt Huber, "man kann toll arbeiten." Probentage gibt es nur während der Ferien. Huber will den Schülern nicht noch mehr Stress machen, indem sie während der Schulzeit Proben ansetzt. Außerdem will sie den Schulorchestern nicht in die Quere kommen. Die gibt es schließlich auch an den drei Gymnasien. Dort spielen einige derer, die sich nun als junge Sinfoniker versuchen. Andere haben ihr Abitur bereits hinter sich, wieder andere sind noch an der Realschule in Markt Indersdorf.

Außerdem hat Huber zwei junge Leute aus dem Landkreis ins Orchester geholt, die bereits Musik studieren: Susanna Morper und Marvin Balzer, Geigerin und Klarinettist. Morper war mehrfach bei Jugend musiziert erfolgreich, studierte in Klagenfurt und wechselt nun nach Weimar. Balzer kennt man im Landkreis vor allem aus seinen Bands in Petershausen, er komponiert selbst und studiert in München Schulmusik. Die beiden werden beim Auftaktkonzert die Soli spielen. Vier Aushilfen an Kontrabass und Posaune gehören auch zum Orchester. Noch fehlen einzelne Instrumente: Die Flöten übernehmen die Oboenstimme, Huber ist auf der Suche nach einem zweiten Fagott und einem zweiten Horn.

"Ich bin es gewohnt, dass man flexibel sein muss", sagt sie. Mit Ensembles kennt sie sich aus. Sie leitet das Erchana-Orchester Dachau seit vielen Jahren, 2012 bis 2015 betreute sie das Jugendorchester am Gymnasium Markt Indersdorf. Außerdem unterrichtet sie Schüler der dortigen Realschule und gibt Geigenunterricht am Josef-Effner-Gymnasium in Dachau. Dadurch kennt sie viele junge Musiker - und konnte einschätzen, wer schon gut genug spielt, um ins Jugendsinfonieorchester zu passen. Deshalb weiß Huber auch: Für die älteren Jahrgänge kann es im Schulorchester manchmal langweilig werden, wenn jüngere Schüler mit weniger Übung dazu kommen. Da kommt das Jugendsinfonieorchester ins Spiel. Bei der Stückauswahl für das Auftaktkonzert haben die Musiker mitgearbeitet. Jeder darf Wünsche äußern, auch, wenn ein eigenes Solo dazu gehört.

Im Januar will Huber mit der Gruppe für ein paar Tage in eine Musikakademie fahren, um intensiv proben zu können, mit freiem Kopf, in der entsprechenden Atmosphäre. Dann steht 2017 die Aufführung der Kinderoper Brundibár an. Sie wurde zur Zeit des Nationalsozialismus von Kindern im KZ Theresienstadt aufgeführt und erst in den späten 70er Jahren wieder entdeckt. Das Dachauer Jugendsinfonieorchester kooperiert dafür mit dem Theater an der Würm, das im Frühjahr in Krailling gegründet wurde. Aufführungen mit Orchester, Kinderchor und Solisten sollen im gesamten Würmtal stattfinden.

Eines Tages, davon träumt Huber, würde sie mit dem Orchester gerne eine Konzertreise ins Ausland machen, vielleicht sogar eine Partnerschaft aufbauen. Das ist aber aufwendig und teuer. Gerade läuft das ganze Orchester noch ehrenamtlich, Zuschüsse gibt es nicht. Die Aushilfen arbeiten umsonst. Die Raumgebühr für den Probenraum am Effner-Gymnasium, Noten, Gema-Gebühren und Plakate werden aus eigener Tasche bezahlt. Vor Kurzem haben die Musiker einen Verein gegründet und einen Vorstand gewählt. Jetzt zählt erst mal eines: "Einfach Musik machen."

Das Auftaktkonzert des Dachauer Jugendsinfonieorchesters findet am Sonntag, 25 September, 17 Uhr, im Ludwig-Thoma-Haus in Dachau statt. Der Eintritt ist frei. Gespielt werden Sätze aus Mozarts Violinkonzert in A-Dur und dem Klarinettenkonzert sowie aus der Sinfonie in g-moll. Außerdem gibt es den Danzon Nr.2 des zeitgenössischen Komponisten Arturo Marquez aus Mexiko zu hörem. Das Konzert endet mit einem Medley von Filmusik aus "Forrest Gump" und "Herr der Ringe".

© SZ vom 24.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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