Eröffnung:Im Auge des Betrachters

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Schüler des Ignaz-Taschner-Gymnasiums haben sich mit dem Druck beschäftigt, den Äußerlichkeiten in der heutigen Gesellschaft auf die Menschen ausüben. Daraus entstand die interaktive Ausstellung "Schönheitsideale und ihre Problematik"

Von Hannah Becker, Dachau

Schönheit liegt im Auge des Betrachters. Statt von individuellen Vorstellungen lassen sich viele Menschen aber dennoch von allgemeinen Vorbildern leiten, mit denen sie sich vergleichen. Das P-Seminar "Schönheitsideale und ihre Problematik" der 12. Klasse am Ignaz-Taschner-Gymnasium Dachau hat sich mit solchen Idealbildern kritisch auseinandergesetzt. Über eineinhalb Jahre trafen sich die zwölf Schüler mit ihrer Lehrerin Helga Eham jeden Montag und erweiterten ihr Wissen zum Thema. In einer Ausstellung in der Schulaula präsentierten sie ihre Ergebnisse anhand verschiedener Stationen, welche die Schüler in kleinen Gruppen erarbeiteten.

Eine Schülerausstellung am Ignaz-Taschner-Gymnasium macht das Thema Schönheit interaktiv erfahrbar. Beispielsweise können sich Besucher im Spiegel der Skulptur von Rabia Tekin betrachten. (Foto: Toni Heigl)

Die erste Station und Einleitung in die Ausstellung ist ein Film von Alara Kavuktepe und Tim Chen. Die beiden Schüler führten eine Umfrage unter Passanten zum Thema durch. Im Gespräch geht es um Selbstwahrnehmung, aber auch um Positionen zum allgemeinen Schönheitswahn der vergangenen Jahre, belegt durch die konstant steigende Nachfrage nach Schönheitsoperationen weltweit. Eine der Befragten sieht die Ursache dafür hauptsächlich in den sozialen Medien, weil dort Attraktivität zunehmend mit Glück gleichgesetzt wird. "Jemand, der erfolgreich ist und nicht schön, das passiert doch in den Medien überhaupt nicht", sagt die junge Frau.

Positives über sich selbst kann der Besucher aufschreiben, gemeine Bemerkungen schreddern. (Foto: Toni Heigl)

Die folgenden Stationen kann jeder Gast unabhängig besuchen. Die Schüler betonen, dass sie mit der Ausstellung hauptsächlich zum Nachdenken einladen wollen und sich jeder in seiner persönlichen Geschwindigkeit damit auseinandersetzen solle. Es gibt einiges zu lesen, informative Einblicke in die Thematik. Ein Zeitstrahl lässt den Wandel durch die Jahrhunderte nachvollziehen, beginnend mit Kleopatra 1290 vor Christus, über Marilyn Monroe und Twiggy bis zu heutigen Idealvorstellungen. Auch geografische Unterschiede haben die Schüler aufbereitet; auf einer Weltkarte können Besucher von der Idealisierung von Kurven auf dem afrikanischen Kontinent ebenso lesen wie vom Streben nach möglichst heller Haut in Asien.

Die Schüler treten zur Eröffnung in einheitlich schwarzer Kleidung auf. (Foto: Toni Heigl)

Ein wichtiger Teil der Ausstellung sind interaktive Stationen. An einem Schredder können Besucher Kommentare zu ihrem Äußeren vernichten - und damit loslassen. An einem Spiegel ist man andersherum dazu eingeladen, Dinge, die man an seinem eigenen Äußeren mag, auf Klebezetteln festzuhalten . Auch ein Buffet zählt als interaktive Station, hier gibt es einen gesunden und einen ungesunden Teil. Gezeigt werden soll, dass eine ausgewogene Ernährung keine Diät ist, dass man Ungesundes in Maßen durchaus zu sich nehmen kann, aber auch Gesundes oft lecker ist.

Künstlerisch hat sich Rabia Tekin mit dem Thema beschäftigt. Ihre Skulptur trägt den Titel "Wir, geführt von einer Illusion" und beinhaltet zahlreiche Symbole wie beispielsweise Barbiepuppen, Masken, Ketten oder eine Waage. Die Schülerin hat sich für dieses Seminar entschieden, weil das Thema in ihrem persönlichem Leben eine Rolle spielt. Zum Schönheitsdruck der sozialen Medien sagt sie: "Mich selber betrifft das schon." In der Annäherung an das Thema hat sich die Gruppe mit vielen Aspekten beschäftigt, in Form von Referaten, Museumsbesuchen und diversen Vorträgen von externen Experten.

Lehrerin Helga Eham hatte ursprünglich ein Seminar über Essstörungen geplant. Sie hatte einige Jahre zuvor bereits ein Projekt zum Thema betreut und wollte den Rahmen eines P-Seminars nutzen, um noch einmal Schüler zur Auseinandersetzung mit der Problematik zu bringen. Im Laufe der Vorbereitungszeit entwickelte sich das Projekt allerdings in eine andere Richtung. Den Schülern ging es schnell um die allgemeinen Auswirkungen des Schönheitswahns auf die Menschen. Das sei zwar nicht ihr ursprünglicher Gedanke gewesen, in Anbetracht der Freiheiten, die ein P-Seminar naturgemäß bietet, hätte sie diese Entwicklung allerdings akzeptiert und begrüßt, sagt Eham. Die Ausstellung, die aus dieser freien Herangehensweise entstanden ist, lädt zum Lesen, Schauen und Nachdenken ein und stellt vor allem eine Frage, die auch als Fotomosaik am Eingang zu lesen ist: Hast du den Mut, zu dir selbst zu stehen?

© SZ vom 16.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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