Erinnerungsarbeit:Europa und KZ-Gedenkstätten

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Klaus Buchner, EU-Abgeordneter der ÖDP, besucht die KZ-Gedenkstätte Dachau. (Foto: Niels P. Jørgensen)

ÖDP-Abgeordneter Klaus Buchner auf Besuch in Dachau

Von Anna-Elisa Jakob, Dachau

Der Europaabgeordnete Klaus Buchner (ÖDP) ist gerade auf Wahlkampfreise für die Europawahl am 26. Mai, auch das ist Anlass für den Austausch mit Parteifreunden im Landkreis - und den Besuch der KZ-Gedenkstätte Dachau. Für den Rundgang ist rund eine Stunde eingeplant, später wird er noch in seinem Wahlkreis München einen Vortrag halten, zuvor besuchte er den Bio-Bauernhof Weller in Bergkirchen; schließlich sei die Herbeiführung einer Agrarwende eines von Buchners großen politischen Themen, erklärt seine Referentin. Aber die KZ-Gedenkstätte. Verändert sich das Bewusstsein der Besucher? Wie geht die Bildungsabteilung mit erstarkendem Rechtspopulismus und dem Verhalten entsprechender Besuchergruppen um? Diese Fragen stellen Buchner und der ÖDP-Kreisvorsitzende Hauke Stöwsand dem Leiter der Bildungsabteilung, Steffen Jost.

Klaus Buchner geht aufrecht, die Hände bedächtig neben dem Körper, er spricht nicht laut, antwortet in der anschließenden Gesprächsrunde auf jede Frage sehr bedächtig. Die Fragen stellt vor allem Hauke Stöwsand, zu der Arbeit der Gedenkstätte, aber auch zu europäischen Werten und dem Umgang mit dem erstarkenden Rechtspopulismus. Für Stöwsand ist es der erste Besuch der KZ-Gedenkstätte, der gebürtige Hamburger zog vor vier Jahren in den Landkreis, nach Erdweg. Im November übernahm der 43-Jährige den Parteivorsitz im Landkreis, sein Vorgänger Adrian Heim zog sich aus eigenem Wunsch aus dem Amt zurück. Nun tritt Stöwsand als einziger Ödp-Kandidat für die anstehenden Europawahlen im Landkreis an.

Steffen Jost, Leiter der Bildungsabteilung, berichtet über die Situation in der Gedenkstätte, geht auf Stöwsands Frage ein: "Die Grenzen des Sagbaren und Machbaren haben sich in Deutschland verschoben - das merken wir auch hier in der Gedenkstätte." Am Sonntag, mit den Veranstaltungen zum 74. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers, haben das Internationale Dachau-Komitee und die Gedenkstätte ein Zeichen gegen Antisemitismus und Rechtsextremismus gesetzt.

Klaus Buchner sieht die Verantwortung und die Möglichkeiten, dem Rechtspopulismus entgegenzutreten, weniger in der realen EU-Politik - und damit auch nicht als Thema im Wahlkampf. "Die Vergiftung ist in der Gesellschaft", so der ÖDP-Abgeordnete. Der konkrete Einfluss der Rechten auf die Gesetzgebung sei nach wie vor gering, negative Auswirkungen rechter Parteien zeigten sich jedoch innerhalb der deutschen und europäischen Bevölkerung.

Veränderungen im politischen Bewusstsein und den direkten politischen Einfluss muss man Buchner zufolge trennen. Gleichzeitig sprach Buchner selbst jedoch die politischen Veränderungen in Polen oder Ungarn an, fragte nach, ob sich die Zusammenarbeit mit den polnischen Gedenkstätten verändert hätte. Und Buchner, 1941 in München geboren, erinnert sich: "Anfangs war die KZ-Gedenkstätte vor allem ein Ort des Entsetzens."

Heute werde die Gedenkstätte mehr und mehr zu einem touristischen Ort, berichtet Jost. Die Besuchergruppen seien sehr unterschiedlich, hätten meist weniger Vorwissen, Schulklassen seien aufgrund ihres Alters viel weiter von der Geschichte entfernt. "Das möchte ich gar nicht werten", sagt Jost - schließlich sei das Interesse an der Gedenkstätte höher und deutlich globaler. Stöwsand schließt an dieser Stelle den Bogen zur Europapolitik, erwähnt mehrfach die völkerverbindende Idee der Europäischen Union. Ein zentraler Auftrag, der in Erinnerung bleiben sollte.

© SZ vom 07.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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