Erdweg:SPD feilt an ihrem sozialen Profil

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Die Generalsekretärin der Bayern-SPD, Natascha Kohnen, spricht auf dem Parteitag zu 35 der 536 Sozialdemokraten im Landkreis Dachau. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Bezahlbarer Wohnraum, familienfreundliche Arbeitswelt: Wie die Partei bei Wählern wieder Boden gut machen will

Von Benjamin Emonts, Erdweg

Viele hundert Jahre SPD-Geschichte sitzen am Freitagabend im Wirtshaus am Erdweg - oder wie der SPD-Landtagsabgeordnete Martin Güll es formuliert: "viele Haudegen". Lethargie oder gar Müdigkeit sind in der überalterten Landkreis-SPD an diesem Abend nicht spürbar. Die SPD in Bayern hat sich zwei Jahre vor den Landtagswahlen thematisch neu positioniert, wie die Landtagsabgeordnete und Generalsekretärin der Bayern-SPD, Natascha Kohnen, in einem Grundsatzreferat darstellt. Künftig werde sich die Partei, die nach Umfragewerten derzeit gerade mal auf 16 Prozent kommt, auf vier Themenfelder konzentrieren, die die Menschen täglich beschäftigen: Wohnen, Arbeiten, Familie und Integration. Bei den 35 Teilnehmern des Parteitags löst Kohnens Vortrag einen Anflug von Aufbruchstimmung aus. Später sagt Martin Güll: "Dieser Parteitag war wohltuend. Selten gab es am Schluss der Veranstaltung so viele zustimmende Äußerungen."

Die Ausgangssituation für den Parteitag war in der Vergangenheit schon mal deutlich besser für die SPD im Landkreis Dachau. Ihre Mitgliederzahlen gehen zurück. Manche Ortsvereine sind bloß mehr Drei-Mann-Betriebe, in Pfaffenhofen an der Glonn hat er sich sogar aufgelöst. Martin Güll sagt im Vorfeld des Parteitags, die SPD müsse wieder klare Positionen vermitteln, um den Wähler zu erreichen.

Im Landesvorstand der SPD ist man offensichtlich der gleichen Auffassung. Anstatt einen Bauchladen an Themen vor sich her zu tragen, soll das Parteiprogramm auf wenige Themen beschränkt werden, die den Menschen in einer globalisierten und immer komplexeren Welt täglich berühren. Der Wähler, das hat sich laut Kohnen in Umfragen gezeigt, wünscht sich heutzutage eine solidarische Gesellschaft und sozialen Zusammenhalt. Um ihn zu erreichen, soll das Parteiprogramm in einer klaren, einfachen Sprache formuliert werden. Beim Thema Wohnen müsse Ziel sein, "dass sich jeder wieder ein Dach über dem Kopf leisten kann", sagt Kohnen.

Ihr Nachredner Michael Schrodi, der für die SPD in den Bundestag einziehen will, weist besorgt auf den Mangel an Wohnraum und die deshalb steigenden Mietpreise hin. Die CSU komme ihrer Aufgabe, günstigen und sozialen Wohnraum zu schaffen, nicht nach. CSU-Staatsminister Markus Söder "ist eine "schwarze Null, sagt Schrodi mit dem Hinweis, dass Söder auch in Dachau Hunderte GBW-Wohnungen verscherbelt habe, anstatt sie in bezahlbaren Wohnraum umzuwandeln. Lobende Worte findet er hingegen für den Dachauer SPD-Oberbürgermeister Florian Hartmann, der in der Großen Kreisstadt 200 Sozialwohnungen bauen will. "Das ist sozialdemokratische Politik. Wir wollen, dass die Menschen sich das Wohnen hier wieder leisten können."

Neben bezahlbarem Wohnraum wünsche sich der Wähler mehr Zeit für die Familie, ist Natascha Kohnen überzeugt. In der Studie "Lebensentwürfe junger Männer und Frauen in Bayern" haben insbesondere Männer angegeben, zugunsten der Familie weniger arbeiten zu wollen. Das Streben nach Karriere spiele bei beiden Geschlechtern eine untergeordnete Rolle. Kohnen will deshalb Rahmenbedingungen schaffen, dass Elternteile nur 30 Stunden pro Woche arbeiten müssen und sich die Arbeitszeit aufteilen können.

Anja Güll, die neue Kreisvorsitzende der Dachauer Jusos, ist von Kohnens Kurs überzeugt: "Wir brauchen wieder eine Vision. Wenn wir sie erreichen, bekommen wir auch wieder klare Haltungen." Ihr Vater, Martin Güll, sagt, er wolle die sozialdemokratische Geschichte einer solidarischen Gesellschaft mit erzählen. Es klingt so, als würde er sich in zwei Jahren wieder zur Wahl stellen.

© SZ vom 11.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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