Erdweg:Selbst ist der Gast

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Sozialexperten unter sich: Caritas-Kreisgeschäftsführer Axel Hannemann, seine Nachfolgerin Heidi Schaitl und Bezirkstagspräsident Josef Mederer (v.l.) (Foto: Toni Heigl)

Kreisgeschäftsführer Axel Hannemann hält bei seiner Abschiedsfeier keine große Rede. Stattdessen übernehmen die Besucher die Begrüßung: Sie erzählen von ihrem ersten Kontakt mit der Caritas

Von Robert Stocker, Erdweg

Wie sieht eine Begrüßung aus, die nicht zu einem langweiligen Ritual gerät? Solche Reden sind eine Kunst, die selbst begabte Rhetoriker nicht immer beherrschen. Dauern sie trotz mancher Bonmots zu lange, fangen die Gäste mit ihren Nachbarn zu plaudern an. Werden sie im Eiltempo heruntergerattert, besteht die Gefahr, einen wichtigen Menschen nicht zu nennen. Das kommt bei den Betroffenen nicht besonders gut. Dass es auch eine andere Form der Begrüßung gibt, haben die Gäste des Empfangs für Axel Hannemann erfahren. Der scheidende Kreisgeschäftsführer des Dachauer Caritas-Zentrums hält sich nicht mit einer langen Rede auf. Ans Rednerpult treten auch keine Laudatoren. Die Begrüßung übernehmen sozusagen die Gäste selbst. Keiner weiß, wer als nächster an die Reihe kommt. Zeit zum Plaudern mit dem Nachbarn bleibt somit nicht. Jeder muss damit rechnen, gefragt zu werden.

Was Hannemann und seine Nachfolgerin Heidi Schaitl von den Besuchern in der Landvolkshochschule am Petersberg wissen wollen, hat natürlich mit ihrem Arbeitgeber zu tun. 28 Jahre lang war Hannemann für die soziale Einrichtung tätig, 19 Jahre stand er ihr als Kreisgeschäftsführer vor. Nachfolgerin Schaitl leitete bisher die sozialen Dienste in Fürstenfeldbruck und war dort stellvertretende Kreisgeschäftsführerin. Beide fragen viele Gäste, wann sie zum ersten Mal Kontakt zum Caritas-Zentrum Dachau hatten. Die Besucher stellen sich dazu an einer imaginären Linie auf, die den Zeitstrahl der Caritas symbolisieren soll. Er beginnt 1946 und endet in diesem Jahr. Bei Begrüßungen fange man entweder mit der hohen Geistlichkeit oder mit der ältesten Dame unter den Gästen an, flunkert Hannemann. Also geht es beim Hausherrn am Petersberg, Pfarrer Josef Mayer, mit der Befragung los. Mayer kam am 1. September 2000 nach Dachau. "Kurz darauf habe ich zum ersten Mal vom Caritas-Zentrum Dachau gehört." Das Aufgabenspektrum hat sich seitdem verändert, viele Dienste sind neu hinzugekommen, etwa im Flüchtlings- oder Pflegebereich. "Und die Dienstfrequenzen haben sich verändert", stellt Mayer fest. Als "Impulsgeber und lebendige Einheit" sieht Klaus Weißbach das Caritas-Zentrum. Der Finanzvorstand des Caritasverbandes in der Erzdiözese München und Freising kam natürlich aus monetären Gründen zum ersten Mal mit dem Dachauer Caritas-Zentrum in Berührung. Weißbach ist zuständig für das Controlling. Und da hat er in Dachau gute Erfahrungen gemacht.

Caritas und Kommunalpolitik arbeiten nicht erst seit der Flüchtlingswelle intensiv zusammen. Kein Wunder, dass auch viele Mandatsträger aus dem Landkreis Axel Hannemann ihre Reverenz erweisen. SPD-Landtagsabgeordneter und Kreisrat Martin Güll berichtet, dass er als Leiter der Indersdorfer Mittelschule zum ersten Mal mit der Dachauer Caritas in Berührung kam. Bezirkstagspräsident Josef Mederer hatte 1972 zum ersten Mal Kontakt mit der sozialen Einrichtung. "Altomünster kam damals zum Landkreis Dachau", erinnert sich der frühere Bürgermeister von Schwabhausen. "Die Caritas hatte eine Minigeschäftsstelle in der Augsburger Straße." Altlandrat Hannsjörg Christmann war mit Fritz Königer, dem Gründer des Caritas-Zentrums, gut befreundet. "Auch deswegen bin ich mit der Caritas-Idee eng verbunden". Fast vier Jahrzehnte lang begleitete er als Landrat die Caritas. "Sie ist heute ein Sozialkonzern, aber die Aufbauphase war eine tolle Zeit." Sein Nachfolger Stefan Löwl wurde zum ersten Mal bei den Haushaltsberatungen mit der sozialen Einrichtung konfrontiert. "Da habe ich gesehen, dass sie teuer ist", frotzelt er. Im Asylbereich gehe ohne Caritas nichts. "Inzwischen haben wir sie lieb gewonnen." Dachaus Bürgermeister Kai Kühnel lobt die Zusammenarbeit im Streit um den Kindergarten Mariä Himmelfahrt, und Karl-Heinz Hempel, Vorstandsmitglied der Dachauer Volksbank Raiffeisenbank e. G., verweist auf die langjährige Partnerschaft in der Schuldnerberatung.

Alle sind also voll des Lobes. Natürlich auch für Hannemann selbst, den eine Kollegin Pionier und Wegbereiter des modernen Personalmanagements nennt. Auch deswegen wohl steigt der Gewürdigte zum Geschäftsführer der Caritas-Zentren in Oberbayern auf. Nur der Beitrag von Claudia Ramminger wird keine reine Lobeshymne. Die Kreisgeschäftsführerin des Caritas-Zentrums in Fürstenfeldbruck formuliert augenzwinkernd schließlich doch einen Hauch von Kritik: "Du hast mir Anja Königer abgeworben, eine hervorragende Mitarbeiterin." Punkt. Man sieht: Axel Hannemann versteht eben etwas von Personalpolitik.

© SZ vom 13.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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