Erdweg:"Löchrige Gutachten"

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Der Projektentwickler des Windparks im Buchwald wirft dem Landratsamt vor, das Bauvorhaben absichtlich verzögert zu haben. Die Folge: Nur noch eine der drei Anlagen könne wirtschaftlich betrieben werden

Von Benjamin Emonts und Johannes Korsche, Erdweg

Dass die WWS Projektbau GmbH & Co. KG nur noch eine statt drei Windkraftanlagen im Buchwald bei Erdweg errichten wird, kam für viele überraschend. Nun nennt der Geschäftsführer des Unternehmens, Erich Wust, die Gründe für den Rückzug und übt scharfe Kritik am Dachauer Landratsamt. Wust zufolge trägt das Landratsamt als Genehmigungsbehörde die Schuld daran, dass das Bürgerbeteiligungsprojekt nur noch in deutlich kleinerem Umfang realisiert werden kann. Das Landratsamt habe dem Bauvorhaben jeden erdenklichen Stein in den Weg gelegt und sich dabei auf rechtlich haltlose Gutachten berufen. "Ein solches Vorgehen habe ich während meiner 15-jährigen Tätigkeit noch nicht erlebt", empört sich Wust.

Gemeinsam mit Erdweger Bürgern kämpfte das Unternehmen jahrelang vergeblich um eine Genehmigung der drei Windkraftanlagen im Buchwald bei Erdweg. Unter Berufung auf das Landesamt für Denkmalpflege hatte das Landratsamt den Bau der Windkraftanlagen untersagt, weil sie angeblich die Sicht auf die denkmalgeschützte Kirche St. Florian in Wiedenzhausen beeinträchtigen würden. Die Bürgerwindenergie Erdweg GmbH & Co. KG klagte vor dem Verwaltungsgericht München - und bekam im September 2015 Recht.

Das Landratsamt genehmigte den Windpark im Februar 2016 schließlich. Dabei stellte es allerdings die Bedingung, dass die Flugbewegungen des durch die Windräder angeblich gefährdeten Wespenbussards für ein weiteres Jahr kartiert werden müssen. Wegen der daraus resultierenden zeitlichen Verzögerung des Bauprojekts und der sinkenden Einspeisevergütungen für Windenergie sei nun für zwei der drei Windräder eine "solide wirtschaftliche Kalkulation" nicht mehr möglich, beklagt WWS-Geschäftsführer Wust. Anstatt den Bau des Windparks zu genehmigen, habe sich die Genehmigungsbehörde unter Berufung auf "löchrige Gutachten" quer gestellt.

Vordergründig geht es Wust um ein Artenschutzgutachten, das der Verein "Unser Buchwald", in dem sich die Windkraftgegner formieren, in Auftrag gegeben hatte. Das Gutachten habe in seinem Vorgehen nicht den Regelungen aus dem Bayerischen Windkraft-Erlass entsprochen. Bei der Kartierung der Flugbewegungen des Wespenbussards hätten weder Zeitraum der Begehungen noch ihre Anzahl den gesetzlichen Anforderungen entsprochen. Trotzdem sei das Landratsamt zu dem Schluss gekommen, dass zwei der drei geplanten Windräder ein "Tötungsrisiko" für den Wespenbussard darstellen, der zeitweise im Buchwald nistete.

Das Dachauer Landratsamt räumt ein, dass das besagte Gutachten die Vorgaben des Bayerischen Winderlasses tatsächlich teilweise nicht berücksichtigt habe. Dennoch habe die Untere Naturschutzbehörde am Landratsamt das Gutachten in Bezug auf zwei Anlagen für ausreichend befunden, "um die artenschutzrechtliche Prüfung der Antragstellerin zu erschüttern". Folglich sei eine Genehmigung der beiden Anlagen nur mit einer entsprechenden Abschaltauflage zugunsten des Wespenbussards erteilt worden. Heißt: Solange nicht klar ist, ob der Wespenbussard im Buchwald zugegen ist, hätten zwei Anlagen während der Sommermonate täglich für mehrere Stunden abgeschaltet werden müssen. Von der Höheren Naturschutzbehörde und dem Landesamt für Umwelt sei das Landratsamt in seiner Haltung bestärkt worden. Das Gutachten sei trotz Nichteinhaltung der Vorgaben des Winderlasses maßgeblich zu berücksichtigen.

Es stellt sich grundsätzlich die Frage, weshalb der Bau einer einzigen Windkraftanlage wirtschaftlicher sein soll als der von drei. "Aus naturschutzrechtlichen Gründen ist der Standort der übrigen Windkraftanlage unstrittig", erläutert Wust. Der Wespenbussard sei durch eines der geplanten Windräder nicht gefährdet. Außerdem sei die Trasse für dieses Windrad weitaus kostengünstiger erschließbar. "Die Wirtschaftlichkeit ist damit gegeben", sagt Wust und fügt an: "Der Spatz in der Hand ist sicherer als die Taube auf dem Dach."

Sollten sich die Einspeisevergütungen wieder verbessern, könne das Bauvorhaben wieder belebt werden. "Die Grundstückseigentümer sind nach wie vor bereit, die Flächen zur Verfügung zu stellen." Das Interesse der Erdweger Bürger an dem Projekt bestehe - unabhängig davon - fort, sagt der Sprecher der Bürgerwindenergie Erdweg, Jörg Burger. Er rechnet nun mit einer zeitlichen Beschleunigung des Bauprojekts. "Wir mussten die Entscheidung abwarten. Jetzt können wir auf die Bürger zugehen." Auf entsprechenden Informationsveranstaltungen sollen interessierte Bürger zeitnah für das Projekt gewonnen werden.

Laut WWS-Geschäftsführer Erich Wust soll bereits im Oktober 2016 mit der Rohdung der Trasse begonnen werden. Am 30. Juni 2016 soll das insgesamt 4,5 Millionen teure Windrad mit einer Gesamthöhe von 199 Metern in Betrieb genommen werden, das habe der Anlagenhersteller garantiert. Die Windkraftgegner aus dem Verein "Unser Buchwald" begrüßen den Verzicht auf zwei der drei Windräder. Der Verein versucht seit jeher, die Artenvielfalt im Buchwald zu schützen.

© SZ vom 18.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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