Eon zahlt keine Gewerbesteuer mehr:Hiobsbotschaft für Karlsfeld

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Die fetten Jahre sind vorbei: Energieversorgers Eon zieht aus Karlsfeld weg - damit entfallen nach SZ-Informationen drei bis vier Millionen Euro Gewerbesteuer.

Wolfgang Eitler

Weil sich der Energiekonzern Eon endgültig aus Karlsfeld verabschiedet, verliert die Gemeinde nach Informationen der Süddeutschen Zeitung Gewerbesteuern von drei bis vier Millionen Euro jährlich. Bürgermeister Stefan Kolbe (CSU) hatte bereits am Donnerstag auf einer eigens anberaumten Pressekonferenz vor den Folgen für den Etat 2011 gewarnt. Die Höhe des Einbruchs hatte er wegen des Steuergeheimnisses nicht bestätigen wollen. Damit endet eine Erfolgsgeschichte für Karlsfeld, in der nicht nur die Gemeinde, sondern der ganze Landkreis mit enormen Einnahmen versorgt wurde.

Das Eon-Gebäude in der Bayernwerkstraße steht leer. Der Energieversorger zahlt deshalb keine Gewerbesteuer mehr an Karlsfeld. (Foto: Niels Jörgensen)

Im Gemeinderat zählt der bitter-ironische Hinweis, dass das "Geld für das Gymnasium in Markt Indersdorf allein aus Karlsfeld" kam, zu den geflügelten Worten. Denn jahrzehntelang steuerte die Gemeinde große Beträge zum Kreis-Etat bei, ohne von den zahlreichen Schulbauten jemals profitiert zu haben.

Reicher als Karlsfeld war lange Zeit niemand im Landkreis - und das wegen des staatlichen Energieversorgers, der Bayernwerke. Im Jahr 2000 ging das privatisierte Unternehmen im Eon-Konzern auf. Es gab einige Zwischenhochs im Verhältnis zwischen Karlsfeld und Eon, auch dank des persönlichen Verhältnisses, das der ehemalige Bürgermeister Fritz Nustede (SPD) zum Vorstand aufgebaut hatte.

Im Jahr 2002 dann ereilte Karlsfeld der erste Schock einer Unternehmensverlagerung. Die Gemeinde musste sogar Steuern an Eon zurückzahlen. Acht Jahre später, nach einer gewissen Erholungsphase und dem Aufbau einer Vertriebs- und Servicegesellschaft, folgt nun der endgültige Abschied.

Seit fast zwei Jahren steht die Gemeinde nach Informationen der SZ in stetigen Verhandlungen mit Eon, weil das Unternehmen stetig begann, Personal und Geschäftsfelder abzubauen. Diese Entwicklung ist in einer Konversion des großen Betriebsgeländes begründet, auf dem Wohnungen und Gewerbe entstehen sollen.

Trotzdem sprach CSU-Sprecher Wolfgang Offenbeck am Freitag von einem überraschenden Zeitpunkt. Auch Kolbe wäre es lieber gewesen, "wenn Eon noch durchgehalten hätte, bis wir dort neue Unternehmen angesiedelt hätten". Dem Vernehmen nach haben die bayerischen Finanzbehörden entschieden, dass Karlsfeld keine Steuereinnahmen mehr von Eon zu erwarten habe, da der dortige Firmensitz faktisch aufgegeben worden sei.

Auf die Frage der SZ an die Hauptverwaltung von Eon, ob neben dem Vertrieb die Schaltzentrale für die Stromverteilung geschlossen worden sei, antwortete die Presseabteilung: "Das Gebäude in der Bayernwerkstraße steht leer. Über eine weitere Verwendung der Immobilie ist noch nicht entschieden."

Die bisher in Karlsfeld "angesiedelten Arbeitsplätze von Mitarbeitern sind an andere Standorte im Großraum München verlagert worden". Angaben darüber, wie viele Arbeitsplätze verloren gegangen sind, machte die Pressestelle nicht.

Außerdem war sie nicht bereit, die Gründe für die komplette Verlagerung zu nennen: "Eon unterhält in ganz Deutschland viele einzelne Standorte des Unternehmens. Dabei kann es immer wieder einmal zu standortspezifischen Veränderungen kommen. Wir bitten um Verständnis dafür, dass wir zu den Details keine Stellung nehmen werden."

Für Altbürgermeister Nustede reichen die wahren Gründe für das Ende des Energiestandorts Karlsfeld bis ins Jahr 1994 zurück. Der damalige Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) ließ in einer Privatisierungswelle staatliche Beteiligungen an Unternehmen auflösen. Das Aktienpaket, das der Freistaat an den Bayernwerken hielt, wurde für 2,3 Milliarden Mark veräußert. Nustede: "Wenn man all dies intensiv untersuchen würde, würden manche Leute heute weinen."

© SZ vom 31.07.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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