Energiewende im Landkreis:Der Energiebauer

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Josef Götz denkt voraus: Mit seiner Biogas-Anlage erzeugt er nicht nur Strom, sondern liefert die Wärme auch an Industriebetriebe. Er erklärt, warum er Nahrungsmittel zur Energieerzeugung verwendet.

Melanie Staudinger

Josef Götz jr. ist ein Pionier, was erneuerbare Energieerzeugung betrifft. Schon 2001, als die Energiewende noch längst nicht beschlossene Sache war, forderte der Landwirt aus Ried bei Markt Indersdorf, dass mehr für Klima- und Umweltschutz getan werden müsse. Damals, im September, nahm er die größte Biogasanlage im Landkreis Dachau in Betrieb. Vor zehn Jahren versorgte Götz 190 Haushalte mit Strom, heute sind es 3000. Seit kurzem liefert er auch Fernwärme an acht Betriebe im nahe gelegenen Gewerbegebiet. In der Süddeutschen Zeitung berichtet der 40-Jährige von seinem Leben als konventioneller Landwirt und als Energiebauer.

Josef Götz jr. ist ein Pionier: Er betreibt seine Biogasanlage bereits seit 2001. (Foto: DAH)

SZ: Herr Götz, können Sie einem Laien kurz erklären, wie ihre Biogasanlage funktioniert?

Götz: In einer Biogasanlage wird aus Biomasse Biogas erzeugt. In unserem Fall besteht die Biomasse aus nachwachsenden Rohstoffen, aus Gras, Zwischenfrüchten, Silomais und Gülle. Dieser Input kommt in einen Fermenter. Das ist ein gasdichter Behälter mit einer konstanten Wärme von circa 40 Grad. Dort wird die Biomasse in Methangas umgewandelt. Das wird in Leitungen aufgefangen und einem Motor, einer Kraft-Wärme-Kopplung, zugeführt. Dieser Motor wiederum verbrennt das Biogas und erzeugt mit dem angeschlossenen Generator Strom. Bei diesem Prozess entsteht auch die Wärme.

SZ: Zur Energieerzeugung verwenden Sie die Gülle ihrer eigenen Mastschweine, aber auch Silomais. Ist das nicht irgendwie seltsam: Gerade wieder gibt es in Afrika eine Hungersnot und in Deutschland werden Nahrungsmittel zur Energieerzeugung verwendet?

Götz: Der Hunger in der Welt ist eine schlimme Sache, die es aber auch schon vor Biogas gab. Er hat ganz andere Ursachen, korrupte Regime zum Beispiel. Um den Hunger in der Welt zu bekämpfen, können wir nicht einfach Lebensmittel aus Deutschland nach Afrika bringen. So funktioniert die Entwicklungshilfe nicht. Bei diesem Thema muss man fair bleiben. Deutschland hat zwölf Millionen Hektar Ackerfläche. Insgesamt werden nachwachsende Rohstoffe auf zwei Millionen Hektar angebaut. Biogasbetreiber nutzen zur Zeit davon circa 600 000 bis 650 000 Hektar.

SZ: Das hört sich nicht nach viel an.

Götz: Experten vom Landwirtschaftsministerium haben berechnet, dass Deutschland ein Potential von drei bis vier Millionen Hektar für nachwachsende Rohstoffe hätte. Man muss sich eigentlich nur eine Frage stellen: Wollen wir nachwachsende Rohstoffe für eine klimafreundliche, dezentrale Energieversorgung erzeugen oder Nahrungsmittel, die wir dann bis nach China schicken?

SZ: Es gibt Landwirte, die stehen der Energieerzeugung skeptisch gegenüber, weil der Energiemais teurer verkauft werden kann und dadurch die Pachten für die Felder steigen. Ist das ein Problem im Landkreis Dachau?

Götz: Im Landkreis Dachau sehe ich das nicht als drängendes Problem. Natürlich gibt es mal hier und da in einer Ortschaft Diskussionen und Verwerfungen, aber im gesamten Landkreis gesehen hält sich das im Rahmen. Der Druck ist nicht so da: Wir haben keine riesigen Betriebe und nicht viel Viehhaltung. Das minimiert den Kampf um die Fläche.

SZ: Wie kamen Sie auf die Idee, eine Biogasanlage zu betreib en?

Götz: Zum einen wollte ich in einen Bereich hinein, in dem ich etwas Positives für die Gesellschaft leisten kann. Auch der Klimawandel war damals schon ein Thema für mich. Ich wollte auch einfach weg von der reinen klassischen Landwirtschaft und mir ein zweites Standbein schaffen. Damals kam gerade das neue Erneuerbare-Energien-Gesetz. Das war für mich Motivation genug, in eine Biogasanlage zu investieren.

SZ: Was macht mehr Arbeit? Die Schweinemast oder die Energieerzeugung?

Götz: Man muss überall Arbeit reinstecken. Einen Biogasbetrieb zu führen hat einen anderen Anspruch als die konventionelle Landwirtschaft, aber es gibt ähnliche Themen wie Güllewirtschaft oder Vergärung. Das eine bedingt das andere. Ohne meine Landwirtschaft könnte ich den Biogasbetrieb auch nicht haben. Und das Biogas hat unseren Hof stabilisiert, weil Synergien da sind. Wir arbeiten mit anderen Landwirten zusammen, die uns Substrat liefern. Andere Betriebe partizipieren also und auch die Gemeinde über die Gewerbesteuer. Und unseren Gewinn investieren wir wieder und arbeiten dann mit örtlichen Handwerksbetrieben zusammen. Das Geld bleibt in der Region.

SZ: Und was machen Sie lieber?

Götz: Mir macht beides Spaß. Ich bin gerne Landwirt und genauso gerne Biogaserzeuger. Biogas hat mir ermöglicht, mit anderen Menschen, mit Gewerbekunden, in Kontakt zu kommen. Aber Landwirtschaft an sich ist auch sehr spannend: Ich säe etwas aus, betreue es und ernte es schließlich. Das ist ein schönes Gefühl.

SZ: Welche Projekte stehen bei Ihnen an?

Götz: An diesem Donnerstag weihen wir unser neuestes Projekt offiziell ein. Unser Anliegen war es, die Wärme noch besser zu nutzen. Wir haben in viele Richtungen überlegt und sind zu dem Schluss gekommen, dass wir Abnehmer im Indersdorfer Gewerbegebiet hätten, die Interesse an CO2-neutraler Wärme hätten. Zuerst wollten wir eine Fernwärmeleitung legen. Das hätte aber nicht funktioniert. Jetzt transportieren wir das Rohbiogas ins Gewerbegebiet, stellen da ein Blockheizkraftwerk auf und versorgen acht Betriebe mit Fernwärme. Wir haben uns zwei Jahre mit dem Projekt befasst, im Frühjahr ist es umgesetzt worden und seit kurzem ist es in Betrieb. Das erhöht den Wirkungsgrad unserer Anlage. Es ist doch gut, wenn Ökonomie und Ökologie harmonieren. Jetzt muss sich das Projekt beweisen.

SZ: Mal ehrlich, glauben Sie, dass die Energiewende im Landkreis Dachau gelingen wird?

Götz: Ich bin fest davon überzeugt, dass die Energiewende gelingen wird. Ob die Zeitfenster aber immer so stimmen, weiß ich nicht. Ich denke, da wird sich noch einiges wandeln. Die Bevölkerung, und das ist das Wichtigste, muss den Umbau der Energieerzeugung unterstützen. Wenn aber alle Akteure, Bevölkerung, Politiker und Erzeuger, ihren Beitrag leisten, denke ich schon, dass sehr viel machbar ist. Aus meiner zehnjährigen Erfahrung kann ich sagen, dass man wirklich etwas erreichen kann, wenn man das richtige Umfeld und die richtige Unterstützung hat. Der Wille muss aber da sein.

SZ-Forum zur Energiewende:

Ökostrom finden alle gut. Die Energiewende kommt, aber ihre Umsetzung im Landkreis Dachau wirft viele Fragen auf. Deshalb veranstaltet die SZ Dachau ein Forum vor Ort: "Böse Kernkraft, gute Windkraft - schaffen wir die Energiewende?". Experten und Publikum diskutieren am Freitag, 22.Juli, von 20 Uhr an im Ludwig-Thoma-Haus, Augsburger Straße 23, in der Dachauer Altstadt über den Weg in eine umweltfreundliche Zukunft. Auf dem Podium sitzen: der Haimhausener Bürgermeister Peter Felbermeier (CSU), Gerald Nübel, technischer Leiter der Stadtwerke Dachau, und Thomas König, Vorstand der GfA, Gemeinsames Unternehmen für Abfallwirtschaft der Landkreise Fürstenfeldbruck und Dachau. Zusammen mit Herbert Barthel, Leiter des Energiereferats des Bundes Naturschutz in Bayern, und Wolfgang Schölkopf, Leiter der Abteilung Technik für Energiesysteme und Erneuerbare Energien beim Bayerischen Zentrum für Angewandte Energieforschung, gehen sie der Frage nach, welche Rolle Dachauer Kommunen, Energieversorgungsunternehmen, Bürger und Verbraucher für eine gelungene Energiewende spielen.

© SZ vom 21.07.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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