Eine Lesung, bei der Kinder mitmachen können:Der Löwe will einen Liebesbrief schreiben

Lesezeit: 2 min

140 Grundschüler fiebern bei den Bilderbuchgeschichten von Martin Baltscheit im Dachauer Hallenbad mit

Von Linda Pröm, Dachau

Die Luft ist warm und stickig, die Böden glatt und feucht, ein gewöhnliches Hallenbad am Montagvormittag. Mit der Ausnahme, dass das Wasser fehlt. Dafür sitzen nun, verteilt auf den fünf Stufen ins Becken, Kinder der Dachauer Süd Grundschule und der Montessori- Schule. An den Geländern hängen Luftballons, am Boden tummeln sich knallorange Volleybälle und vom Beckenrand baumeln T-Shirts der Stadtwerke Dachau. In der Mitte des fast drei Meter tiefen Beckens steht ein Tisch, darauf ein Projektor, der die Leinwand gegenüber der Kinder anstrahlt und ein großer Stapel Bücher. Die Grundschüler sind ausgelassen, reden mit ihren Sitznachbarn, lachen und warten gespannt auf die Vorlesung.

Sie wurde von den Stadtwerken sowie der Stadtbücherei Dachau organisiert, vormittags für die Schulen und um 14.30 Uhr für alle Interessierten. "Es gibt Kinder, die ständig lesen und Kinder, die gar nicht lesen. Dazwischen gibt es nichts mehr", beklagt Alexandra Knoblich aus der Stadtbücherei. Durch Veranstaltungen wie die Sommerlesung im Hallenbad ermutigen sie die Jüngeren, wieder öfter ein Buch in die Hand zu nehmen. Und nebenbei benutzen sie auch das Hallenbad, dass den Sommer über ausgelassen wird - eine gute Verwendung findet Barbara Kern, die Abteilungsleitung der Bäder. Dann erscheint auch Martin Baltscheit in Flipflops und kurzen Hosen, weil es so heiß ist. Während sie auf der Leinwand die Bilder zur Geschichte sehen, lauschen sie Baltscheits melodischer Stimme, die von Elefanten erzählt, welche Nachts vor lauter Angst nicht schlafen können.

Den Kindern zeigt er sofort, dass Mitmachen Pflicht ist. "Wer hat denn von euch nachts Angst?" Ein paar Finger gehen zaghaft nach oben, andere schießen förmlich an die Decke. Und schließlich erfüllt den ganzen Raum ein: "Ich, ich, ich". Der Löwe darf für Baltscheit in keiner Vorlesung fehlen, er ist doch die meist verkaufte Figur des Autors. Dass der Schriftsteller fast zehn Jahre einen Verlag suchen musste, der den illustrierten Löwen drucken wollte, ist heute unverständlich. Dass der König der Tiere trotz seiner Größe und Stärke nicht der Intelligenteste ist, könnte eine Erklärung dafür sein. Immer wieder hat das Raubtier Probleme in seinem Alltag, wie er etwa das Herz einer wunderschönen Löwin mit einem Liebesbrief erobern - nur, der Löwe kann gar nicht schreiben.

Auch die anderen Dschungelbewohner scheinen ihm nicht helfen zu können. Jedes Tier schreibt zwar einen Brief, doch der Inhalt passt nicht. Und dann brüllt der Löwe zusammen mit den fast 140 Grundschulkindern: "Aber nein. So etwas hätte ich doch nie geschrieben!" Zusammen mit den Schülern findet er schließlich doch den Mut, der Löwin seinen Analphabetismus zu gestehen, worauf sie ihm nun das Lesen beibringt. "Der Löwe ist für die Kinder deshalb so sympathisch, weil sie ihm bei seinen Problemen helfen müssen", erklärt der Erfinder der Figur.

Im trockenen Becken des Hallenbads Dachau begeistert der Kinderbuchautor Martin Baltscheit die Zuhörer mit seinen Geschichten vom Löwen. (Foto: Niels P. Joergensen)

Und tatsächlich überlegen alle Kinder zusammen mit Baltscheit, wie der Löwe doch noch aus seiner Zwickmühle herauskommen könnte. Seine vier Kinder haben den 51- Jährigen zu seinen Bilderbuchgeschichten motiviert. Über 50 Bücher hat er in rund 25 Jahren als Schriftsteller zu Papier gebracht, sogar einen Kinofilm "Nur ein Tag", der am Dienstag, 11. Juli, um 15 Uhr im Arenakino München als Premiere gezeigt wird.

© SZ vom 11.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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