Ein etwas anderer Politikstil:Im Petershausener Glashaus

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Der Bürgermeister zerrt zwei Rätinnen wegen Hausfriedensbruchs vor Gericht. Die CSU prangert ihn an, dabei hat ihr Fraktionssprecher Fuchs als Amtsvorgänger Faths (FW) selbst einmal einen Gemeinderat angezeigt

Von Petra Schafflik, Petershausen

Es ist viel von gegenseitigem Respekt die Rede, von Wertschätzung und einem künftig besseren Miteinander im Gemeinderat an diesem späten Donnerstagabend im Sitzungssaal des Petershausener Rathauses. Anlass für die ungewöhnliche Debatte sind ein Vorfall im Februar, bei dem zwei Gemeinderätinnen eine interne Verhandlung im Rathaus stürmten, eine nachfolgende Strafanzeige von Bürgermeister Marcel Fath (FW) gegen die beiden und ein aktueller CSU-Antrag, der vom Bürgermeister die Rücknahme dieser Anzeige fordert und die Gemeinde verpflichten will, die Verfahrenskosten der Beklagten zu übernehmen. Obwohl recht rasch klar ist, dass dieser Antrag rechtlich gar nicht haltbar ist, wie Geschäftsleiter Daniel Stadelmann erläutert, zieht die CSU ihre Forderung nicht zurück. Und damit rückt es wieder in den Vordergrund: das Zerwürfnis zwischen CSU und Bürgermeister, das seit Monaten die Gemeindepolitik belastet.

Der Rathauschef fordert in einer längeren Stellungnahme eindringlich, sich künftig auf einen "respektvollen und konstruktiven Umgang" zu besinnen und weist den Vorwurf der CSU zurück, er informiere den Gemeinderat zu wenig. In der Debatte sind die Räte zwar erkennbar um einen sachlichen Ton bemüht, aber immer wieder kochen gegenseitige Vorwürfe hoch. Am Ende stimmen die vier anwesenden CSU-Gemeinderäte für den Antrag ihrer Fraktion, die Mehrheit aus SPD, Freien Wählern und Bürgermeister Fath votiert dagegen.

Der sachliche Hintergrund des Streits ist rasch erklärt: Als sich im Februar Bürgermeister Fath, seine beiden Stellvertreter Wolfgang Stadler (SPD) und Josef Gerer (CSU) mit Grundeigentümern des Baugebiets Rosenstraße zu vertraulichen Verhandlungen im Rathaus trafen, wollten die Gemeinderätinnen Lydia Thiel (CSU) und Inge Dinauer (parteilos) mit dabei sein. Freundlich habe er die beiden gebeten, wieder zu gehen, sagt Fath im Gemeinderat. Die beiden verließen den Raum aber nicht. "Dann haben eben wir die Sitzung verlassen", erzählt Stadler (SPD). Bürgermeister Fath zeigte daraufhin die Kommunalpolitikerinnen wegen Hausfriedensbruch an. Bei einer ersten Verhandlung gegen Lydia Thiel zog Fath diese Anzeige zurück. "Denn sie hat sich entschuldigt". Dagegen sei von Inge Dinauer die ganzen neun Monate seit dem Vorfall "nichts gekommen", diese Gerichtsverhandlung steht im Dezember an. Zwischen Fath und Dinauer scheint das Tischtuch zerschnitten, eine Mediation im vorigen Jahr habe nichts gebracht, erklärt Fath.

Die CSU sieht dagegen die Sache völlig anders: Thiel und Dinauer seien mit ihrem Auftritt bei vertraulichen Verhandlungen nur ihrer gesetzlichen Aufgabe nachgekommen, sich umfassend zu informieren. "Es kann nicht sein, dass man für sein Ehrenamt auch noch Strafe zahlen muss", sagt der erst verspätet zur Sitzung herbeigeeilte CSU-Fraktionssprecher Günter Fuchs mit Blick auf die beiden Gemeinderätinnen, die als persönlich Betroffene die Sitzung von der Zuschauerreihe aus verfolgen.

Tatsächlich aber war das Verhalten der beiden nicht eine etwas ungeschickte Ausübung des Ehrenamts, sondern - sobald sie nach Aufforderung den Raum nicht verlassen haben - vorsätzlicher Hausfriedensbruch, wie Geschäftsleiter Stadelmann die Rechtslage erläutert. "Das ist nicht aus Versehen passiert." Die Gemeinde dürfe daher die Verfahrenskosten gar nicht übernehmen. Aus Steuergeld Verfahrenskosten für Straftaten zu übernehmen, diese CSU-Forderung nennt Andrea Stang (FW) "unerhört". Doch nicht nur das. So eine Zahlung wäre nichts anderes, als "die öffentliche finanzielle Unterstützung von Straftaten", erklärt Bernhard Franke (SPD), der selbst Jurist ist. Die CSU gibt sich davon unbeeindruckt. "Der Vorsatz liegt darin, Informationen einzuholen", sagt Albert Kirmair. Die Argumentation der Juristen nennt er "hanebüchen" und fordert, "nicht mit Kanonen auf Spatzen zu schießen." Sonst könne man ja auch auf die Idee kommen, der Bürgermeister überziehe vielleicht seinen Handlungsspielraum und ihn wegen Amtsmissbrauch anzeigen. "Ist das eine Drohung", reagiert Fath prompt. Kirmair betont, es gehe nur darum zu unterstreichen, "dass wir hier ohne Staatsanwalt auskommen sollten."

Allerdings: Auch CSU-Fraktionssprecher Günter Fuchs hat als Amtsvorgänger von Fath 2010 selbst einmal einen Gemeinderatskollegen angezeigt. Das macht FW-Gemeinderat Ernst Nold jetzt erstmals öffentlich bekannt. Damals wollte die Gemeinde das alte Bahnhofsgebäude veräußern und um das Gebäude herum ein wenig Grund mit verkaufen für eine Freischankfläche. Die FW sorgten sich um den Zugang zu den Bahnsteigen und markierten zur Illustration mit Farbe die künftige Grundstücksgrenze am Boden. "Damals haben sie mich bei der Staatsanwaltschaft wegen Sachbeschädigung angezeigt", erinnert Nold den ihm direkt vis-à-vis sitzenden Günter Fuchs. Das Verfahren hat die Staatsanwaltschaft eingestellt. "Aber ich musste mir einen Rechtsbeistand nehmen und 500 Euro für die Entfernung der Linie zahlen." Fuchs nimmt die Enthüllung äußerlich gelassen hin. Damals sei "tatsächlich ein Schaden entstanden".

Jetzt auch, erklärt Josef Mittl (FW), und Bürgermeister Fath bemüht sich noch mal um eine Klarstellung. Vertrauliche Grundstücksverhandlungen der Gemeinde "führt der Bürgermeister und nicht Gemeinderätinnen." Sie hätten "den Bogen massiv überspannt." Leider fehle gegenseitiger Respekt aber schon länger. Fath beklagt eine "Schmutzkampagne", die sich gegen ihn richte. Der Politikstil einiger Gemeinderäte, er meint damit die der CSU, schade dem Ruf der Gemeinde. Fath bittet für die Zukunft um mehr gegenseitige Wertschätzung - auf der Sitzung aber ist davon noch nichts zu spüren gewesen.

© SZ vom 01.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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