Egenhofen:Industrielle Revolution in der Furthmühle

Lesezeit: 3 min

Sonderausstellung im Technikmuseum widmet sich Einsatz und Geschichte der ersten Dampfmaschinen. Außerdem wird die Entwicklung der Eisenbahn und der Amperschifffahrt dokumentiert

Von PETER BIERL, Egenhofen

Digitalisierung und Computer haben die Gesellschaft in kurzer Zeit verändert. Vergleichsweise gemächlich breitete sich dagegen die erste industrielle Revolution aus, wie die neue Sonderausstellung in der Furthmühle zeigt. Unter dem Titel "Alles unter Dampf" wird gezeigt, wie sich das Leben unter dem Einfluss der Dampfmaschine veränderte. Zu sehen sind Maschinen aus dem Mühlenbetrieb, Exponate zur Geschichte der Eisenbahn sowie der Amperschifffahrt.

1828 erwarb der Freiherr von Lotzbeck aus Nannhofen die Furthmühle. Er ließ die heruntergekommene Anlage durch einen stattlichen Neubau ersetzen, der heute unter Denkmalschutz steht und als Technikmuseum dient. Am Betrieb änderte sich nichts. Wie seit 600 Jahren klapperte ein Mühlrad an der oberen Glonn, nicht gerade einem rauschenden Bach, eher einem bescheidenen Rinnsaal. Die Glonn mäanderte noch beträchtlich, wie eine Luftbild von 1914 zeigt, für die Mühle war ein eigener Kanal gegraben worden.

Das änderte sich erst, nachdem Benedikt Knott, vormaliger Mühlenknecht, 1854 Pächter geworden war. Vier Jahre später schaffte er die erste Dampfmaschine an, ein Ungetüm der Firma Maffei aus der Fabrik in der Hirschau. Nachdem das Sägewerk ein Jahr stillgestanden hatte, weil der Kessel kaputt war, schaffte Knott 1872 die zweite Maschine mit acht PS an, die im Sägekeller aufgestellt wurde. Bereits 1893 folgte das dritte Gerät. Dampfmaschinen hatten damals keine lange Lebensdauer. Sie mussten Energie für verschiedene Mahlwerke, die Pressen für Öl sowie die Geräte im Sägewerk liefern. 1900 pachtete Johann Aumüller, der Großvater des heutigen Besitzers, die Furthmühle. Er war als Geselle auf der Walz bis in die Schweiz gekommen, kannte nicht bloß das Müllerwerk, sondern verstand auch einiges von den Maschinen. 1910 schaffte Aumüller die vierte Dampfmaschine an, von der Firma Wolf aus Magdeburg, dazu einen Walzenstuhl von der Firma Ganz in Budapest.

Die Ära der Dampfmaschine endete in der Furthmühle 1939. Es folgte ein deutsches Kuriosum. Eingesetzt wurde ein Holzgasmotor, eines von nur vier Modellen der Firma Deutz in Köln, die vom Betrieb mit Schweröl auf Holz umgestellt wurde, um den Ansprüchen der wirtschaftlichen Autarkie im Zuge von Aufrüstung und Krieg gerecht zu werden. Diese Maschine war extrem gefährlich, weil Kohlenmonoxid austrat. Mehr als einmal musste der Müller einen ohnmächtigen Heizer aus dem Kesselraum bergen. Weil dieses Kriegsmodell immer öfter stotterte und ausfiel, schaffte Albert Aumüller senior, der Vater des heutigen Müllers, 1950 schließlich einen Elektromotor an.

In der Ausstellung wird diese Entwicklung erzählt. Von den alten Dampfkesseln ist nichts erhalten geblieben, dafür findet sich ein Walzenstuhl zum Schroten von Getreide, ein sogenannter Plansichter, das ist eine Siebmaschine, sowie eine Schälmaschine von 1930. Beachtlich an diesen Anlagen ist, dass sie komplett aus Eisen und Holz gebaut sind. Der Anbau, in dem der Dampfkessel ab 1910 stand, musste 1984 bei der Restaurierung auf Drängen der Denkmalschützer abgebrochen werden. Der Kohlenschuppen zwischen den Mühlengebäuden sowie der hohe Kamin sind nur noch auf einem alten Bild zu sehen.

Der zweite Teil der Ausstellung ist der Eisenbahn gewidmet. Zu sehen sind Objekte und Tafeln aus den Ausstellungen, die im Vorjahr zur 175-jährigen Eröffnung der Strecke München-Augsburg in Maisach, Mammendorf und Mering zu sehen waren, vor allem auch Modelle der Züge sowie der Bahnhöfe, etwa der Wellblechhütte der Gartenstadt Gröbenzell, oder der Trassenlegung im Haspelmoor. Dazu gibt es einige Informationen über Dampfschiffe auf der Amper.

Die Geschichte von Bahnlinie und Mühle ist indirekt verknüpft. Eigentlich sollte die Strecke München-Augsburg über Egenhofen verlaufen, die Strecke wäre fünf Kilometer kürzer gewesen als die Trasse über Mammendorf. Aber die Egenhofener Bauern weigerten sich und wollten kein Land hergeben. Wäre Egenhofen durch die Eisenbahn mit den Großstädten verbunden worden, wäre das Dorf rasch expandiert und die Furthmühle wäre verschwunden, vermutet Albert Aumüller, der den Betrieb heute als Museum fortführt.

Die Sonderausstellung dokumentiert, wie sein Kollege Georg Freymann in Mering gegen die Eisenbahn kämpfte. Er fürchtete um die Existenz seiner Familie, wenn Wiesen und Äcker für den Streckenbau verloren gingen. Nach längerer Auseinandersetzung verfügte die königlich-bayerische Regierung im Mai 1839, dass Freymann Grund abtreten musste. Der Mühlenbetrieb wurde später eingestellt. Die Ausstellung ist bis 20. November sonn- und feiertags, 13.30 bis 17 Uhr, zu sehen.

© SZ vom 03.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: